Bitte beachten Sie, dass Texte, die älter als 2 Jahre sind, sich in der Überarbeitung befinden und gegebenenfalls nicht den aktuellen wissenschaftlichen Stand wiedergeben.

Angaben zum Autor, Fachberater und Erstelldatum finden Sie am Ende des Beitrages.

Angst und Depression

Angst, Niedergeschlagenheit und Verzweiflung sind Gefühle, die viele Kranke und ihre Angehörige nach einer Krebsdiagnose empfinden. Angesichts des unsicheren Verlaufs und der tiefgreifenden Lebensveränderungen, die mit der Krankheit und Behandlung verbunden sein können, ist es ratsam, um geeignete psychotherapeutische Unterstützung zu bitten.

Angst

Die Ängste, die im Laufe einer Krebserkrankung auftreten können, sind vielschichtig und können sich auf ganz unterschiedliche Bereiche beziehen: Angst, an der Erkrankung sterben zu müssen, Angst vor dem „Ausgeliefertsein“,  Angst vor sichtbaren Folgen der Therapien, Angst vor „Verlassenwerden“ und sozialer Isolation, Angst vor einer nüchternen Apparatemedizin, Angst vor Schmerzen und Leiden, Angst vor einem seelischen und körperlichen „Absturz“. Das Auftreten eines Rückfalls, die Mitteilung über einen fortschreitenden Krankheitsverlauf oder auch „nur“ das Warten auf das Untersuchungsergebnis kann die Angst in quälende Höhen treiben. 

Ängste und Sorgen drücken sich in zahlreichen körperlichen und seelischen Symptomen aus: z.B. Herzrasen, Schweißausbrüche, Atemnot, Schwindelgefühle, Magen- und Darmprobleme, Schlafstörungen, Nervosität, Zittern, Anspannung, Gereiztheit, Konzentrationsstörungen oder das Gefühl tiefer Erschöpfung.

Angst zu haben ist eine ganz natürliche Reaktion auf etwas, das als bedrohlich empfunden wird. Wenn Angstzustände und ihre Begleitsymptome jedoch länger anhalten, etwa mehrere Wochen, wenn sie übermächtig werden und der Patient sich in ihnen gefangen fühlt, sollte um psychotherapeutische Unterstützung gebeten werden. Auch bei einer massiven Abwehrhaltung des Patienten sollten Angehörige fachkundigen Rat einholen.

Depression

Frau bedeckt Gesicht mit Händen
Quelle: © Robert Kneschke - Fotolia.com

Depressive Symptome sind im Zusammenhang mit Krebserkrankungen nicht selten. Sie treten beispielsweise während der Diagnose auf, wenn der Patient erkennt, dass er wirklich Krebs hat, nach dem Abschluss der Erstbehandlung und dem Bewusstwerden, was geschehen ist, nach Operationen, die das Bild vom eigenen Körper verändern können, wenn Lebenspläne verloren gehen, wenn die Krebserkrankung trotz Therapien weiter voranschreitet.

Manchmal sind die Symptome einer Depression auch die Nebenwirkung der Krebstherapie, etwa nach Bestrahlungen im Kopfbereich oder bei bestimmten chemotherapeutischen Behandlungen. Aber: Nicht jede Niedergeschlagenheit oder Mutlosigkeit ist gleich ein Anzeichen für eine Depression.

Wenn sich ein Patient mit seiner Krebserkrankung auseinandersetzt, können immer wieder Zeiten tiefer Traurigkeit, Verzweiflung oder Mutlosigkeit auftreten. Das ist eine ganz normale Reaktion, dennoch können psychotherapeutische Methoden, u.U. kombiniert mit Medikamenten, hilfreich sein.

Wann ist es eine Depression?

Eine major Depression liegt vor, wenn fünf oder mehr der nachfolgend aufgelisteten Symptome über einen Zeitraum von mindestens zwei Wochen fast täglich auftreten und die meiste Zeit des Tages anhalten. Dabei muss mindestens eines der beiden zuerst genannten Symptome vorhanden sein. Die Symptome müssen so intensiv sein, dass sie das normale Leben des Betroffenen deutlich beeinträchtigen (z.B. seine Berufstätigkeit, seine soziale Aktivitäten). Sie müssen, im Gegensatz zum früheren Befinden eines Betroffenen, neu aufgetreten sein oder sich deutlich verschlechtert haben.

Typische Symptome sind (nach den Kriterien der Amerikanischen Psychiatrischen Vereinigung (APA), Episode einer Major Depression):

  • Depressive Verstimmung (gedrückte Stimmung, Traurigkeit, Niedergeschlagenheit, Mutlosigkeit, Hoffnungslosigkeit)

  • Deutlich vermindertes Interesse oder Freude an allen oder fast allen Aktivitäten

  • Deutliche Gewichtsveränderungen oder gesteigerter oder verminderter Appetit

  • Schlaflosigkeit oder übermäßiges Schlafbedürfnis

  • Auffallende Ruhelosigkeit oder auffallend verlangsamte Bewegungen

  • Müdigkeit oder Energieverlust

  • Gefühle von Wertlosigkeit oder übermäßige, unangemessene Schuldgefühle

  • Verminderte Denk- oder Konzentrationsfähigkeit oder verringerte Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen

  • Wiederkehrende Todes- oder Selbstmordgedanken

 

Treten einige der genannten Symptome auf, ist es ratsam, sich fachlicher Hilfe anzuvertrauen. Jede Depression ist eine ernst zu nehmende Beeinträchtigung, aus der ein Mensch alleine nur sehr schwer herausfindet. Psychiater und Psychotherapeuten können durch geeignete Untersuchungen die seelischen Probleme einordnen und mit dem Betroffenen zusammen die erforderliche Hilfe einleiten. 

Was hilft?

Frau legt Arm um die Schulter einer alten Frau
Quelle: © Peter Maszlen - Fotolia.com

Eine psychotherapeutische Behandlung konzentriert sich auf die seelischen Aspekte der Depression und hilft dem Betroffenen, etwaige zu Grunde liegende Konflikte zu erkennen und zu lösen. So unterstützt sie ihn dabei, mit Niedergeschlagenheit, Schmerz und Angst umgehen zu lernen und Trauer besser zu bewältigen. 

Neben der psychotherapeutischen Begleitung ist oft auch eine medikamentöse Behandlung sinnvoll oder sogar notwendig. Ärztlich verordnete wirksame Medikamente helfen, das bei einer Depression gestörte Gleichgewicht wiederherzustellen. 

Wichtig ist das Verständnis der nahestehenden Menschen in der Umgebung des Patienten. Sie sollten in Kontakt mit dem Betroffenen bleiben, ihm zuhören, wenn er sprechen mag, und ihn darin bestärken, fachliche Hilfe anzunehmen. Eine Ermutigung, den Tag zu strukturieren (z.B. morgens aufstehen, essen, bestimmte Termine einhalten) und körperlich aktiv zu sein (Spazierengehen, Rad fahren, Gartenarbeit etc.) kann die Behandlung unterstützen.

(red)



Quellen:

Hilke Stamatiadis-Smidt, Harald zur Hausen, Otmar D. Wiestler, Hans-Joachim Gebest (Hrsg.): Thema Krebs, Springer Verlag 2006

 

Letzte inhaltliche Aktualisierung am: 28.11.2022

Mehr zum Thema Supportivtherapie:

Zuletzt aufgerufen am: 19.03.2024 10:42