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Männer mit Krebs: Wie geht es ihnen, was brauchen sie?
Der November steht im Zeichen der Männergesundheit: Am 3. November ist Weltmännertag und am 19. November Internationaler Männertag. Diese Aktionstage wurden ins Leben gerufen, um das Bewusstsein für die eigene Gesundheit zu verbessern. Die internationale Movember-Foundation widmet diesem Anliegen den gesamten Monat. Ihr Ziel: die Forschung zur Gesundheit von Männern global voranzubringen und ihre Lebensqualität zu verbessern. Dabei setzt sie auf unkonventionelle Aktionen. Eine der bekanntesten: Männer, die die Initiative unterstützen möchten, rasieren sich zunächst und lassen sich im November einen Schnurrbart wachsen. Das Wort „Movember“ verbindet den Monatsnamen mit den englischen Begriffen für Schnurrbart und Bewegung (moustache bzw. move). Im Mittelpunkt stehen neben psychische Erkrankungen auch Prostata- und Hodenkrebs.
Das Wichtigste auf einen Blick
- Die Lebenserwartung von Männern ist 5 Jahre geringer als die von Frauen. Dies hat verschiedene Ursachen.
- Bei Krebs sind die Heilungschancen in der Regel besser, wenn er frühzeitig entdeckt wird.
- Männer sollen ermutigt werden, sich um ihre Gesundheit zu kümmern und zum Arzt zu gehen, wenn sie auffällige Veränderungen an Ihrem Körper bemerken.
- Ab dem Alter von 45 Jahren können Männer im Rahmen der gesetzlichen Krebsfrüherkennung einmal jährlich eine Untersuchung der Geschlechtsorgane durchführen lassen.
- Jugendlichen und Männern wird ab der Pubertät geraten, sich selbst auf frühe Anzeichen von Hodenkrebs zu untersuchen.
- Eine aktuell laufende Studie befragt Prostatakrebspatienten erstmals zu verschiedenen Aspekten ihrer Lebensqualität. Auch aktuell werden noch Teilnehmer gesucht.
Warum ist das Thema Männergesundheit wichtig?
So witzig die Schnurrbart-Aktion auch sein mag, so ernst ist ihr Hintergrund: Weltweit haben Männer eine geringere Lebenserwartung als Frauen. Das gilt auch für Deutschland [1,2]:
- Die mittlere Lebenserwartung von Männern beträgt derzeit 78,5 Jahre. Das sind fünf Jahre weniger als bei Frauen.
- Im mittleren Lebensalter, also zwischen 30 und 64 Jahren, ist der Anteil verstorbener Männer sogar doppelt so hoch.
- Männer sind auch von COVID-19 stärker betroffen als Frauen.
Um mehr über die Ursachen zu erfahren, sind Männer in den letzten Jahren zunehmend in den Fokus der Gesundheitsforschung gerückt. Neue Erkenntnisse zu diesem Thema werden mittlerweile jedes Jahr auf einer nationalen Konferenz vorgestellt. Dabei kristallisiert sich immer mehr heraus, dass Männer keine homogene Gruppe und die Gründe für gesundheitliche Defizite vielschichtig sind. Aber es zeigt sich auch, dass viele Risiken vermeidbar wären [2-5]:
-
- Männer leben riskanter und ungesünder als Frauen. Sie rauchen mehr, trinken mehr Alkohol und ernähren sich schlechter.
- Männer scheinen anders mit Symptomen und gesundheitlichen Beeinträchtigungen umzugehen.
- Insgesamt nehmen wenige Männer die Früherkennungsuntersuchungen auf Prostatakrebs in Anspruch.
Krebs bei Männern
Gerade bei den männertypischen Krebserkrankungen wie Prostatakrebs oder Hodenkrebs gibt es noch einiges zu tun. Beide Krankheiten sind sehr unterschiedlich, aber mit ähnlichen Tabus verbunden, weil sie einen intimen Bereich und die Sexualität betreffen und an ein traditionelles Männlichkeitsbild rühren.
Prostatakrebs:
- Prostatakrebs ist bei Männern die häufigste Krebserkrankung und die zweithäufigste krebsbedingte Todesursache. Jährlich erkranken in Deutschland 61.000 Menschen. [6]
- Das Risiko steigt ab dem 50. Lebensjahr an und ist bei 75- bis 79-Jährigen am höchsten. [6]
- Prostatatumoren verursachen nicht immer Beschwerden und werden manchmal durch Zufall entdeckt, zum Beispiel bei der Behandlung einer altersbedingt vergrößerten Prostata. [7]
- Prostatatumoren sind unterschiedlich – manche wachsen schneller, andere langsam. Nicht immer sind daher Operationen oder andere einschneidende Behandlungen notwendig. [8]
Hodenkrebs:
- Hodenkrebs ist sehr selten, etwa 4.200 Männer erkranken in Deutschland jährlich daran.
- Allerdings sind die Erkrankten bei der Diagnosestellung meist noch jung. Am häufigsten tritt Hodenkrebs bei Männern zwischen 25 und 45 Jahren auf.
- Frühzeitig entdeckt, ist diese Krebsart aber gut behandelbar.
Krebs und Lebensqualität: Was wissen wir (nicht)?
Eine Krebsdiagnose hat viele Auswirkungen auf das Leben der Patienten. Meist stehen zunächst Fragen nach der Lebenserwartung und den Behandlungsmöglichkeiten im Raum. Beim Prostatakarzinom geht es aber um mehr. Denn auch wenn der Krebs erfolgreich behandelt werden kann, hinterlässt die Therapie häufig Spuren. Nebenwirkungen oder Spätfolgen können das Befinden, den Alltag und die Partnerschaft stark beeinflussen. Dies gilt für die operative Entfernung der Prostata, aber auch für die Strahlentherapie. Zu den möglichen Beeinträchtigungen gehören:
- Schwierigkeiten beim Wasserlassen
- Harninkontinenz
- Erektionsstörungen bis hin zu Impotenz
- Darmprobleme
- psychische Auswirkungen
Es ist also nicht nur von Bedeutung, wie gut die Therapie wirkt, sondern auch, wie es den Patienten damit geht. Erstaunlicherweise ist das Thema Lebensqualität von Prostatakrebspatienten aber wissenschaftlich noch gar nicht so gut erforscht. „Obwohl weltweit sehr viele Männer mit Prostatakrebs operiert oder bestrahlt werden, wissen wir leider immer noch nicht genau, wie die Therapiemaßnahmen beschaffen sein müssen, damit die Lebensqualität der Betroffenen möglichst wenig leidet. Es gibt derzeit einfach zu wenige Daten zu dieser Frage“, sagt Ernst-Günther Carl, stellvertretender Vorsitzender des Bundesverbandes Prostatakrebsselbsthilfe (BPS).
PCO-Studie: Patienten mit Prostatakrebs kommen selbst zu Wort
Um diese Situation zu verbessern, wurden inzwischen Studien gestartet. Sie sollen mehr Licht ins Dunkel bringen und eventuelle Defizite aufdecken. Eine dieser Studien ist die internationale Prostate Cancer Outcome-Studie (PCO-Studie), die von der Movember Stiftung gefördert wird. Sie ist ein Gemeinschaftsprojekt des BPS, der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG), OnkoZert (ein Institut, das die Qualität von Krebszentren überprüft) und mittlerweile über 100 teilnehmenden Prostatakrebszentren.
Teilnehmen können Patienten mit lokal begrenztem Prostatakarzinom, die operiert wurden oder/und eine Bestrahlung bekommen haben oder bei denen eine beobachtende Strategie verfolgt wird (sog. Active Surveillance oder Watchful Waiting). Sie werden zu verschiedenen Aspekten ihrer Lebensqualität befragt. „Wir erfassen die wichtigsten Symptome und Funktionseinschränkungen, die als Folge von Erkrankung und Behandlung auftreten. Das passiert über eine standardisierte Befragung aller Patienten vor und zwölf Monate nach Beginn der Therapie. Diese Daten werden in Bezug gesetzt zu Daten wie etwa der Größe des Tumors und dem Alter der Betroffenen. Zusätzlich fragen wir jeden Patienten vor und zwölf Monate nach Beginn der Therapie mit einem standardisierten Fragebogen zu Symptomen und Funktionseinschränkungen “, erklärt Dr. Christoph Kowalski von der DKG. Mittlerweile haben sich fast 25.000 Patienten an der Studie beteiligt. Die gesammelten Daten sind besonders wertvoll, wie Kowalski hervorhebt: „Das ist die erste Studie, die solche Daten von den Patienten selbst in diesem Umfang erhebt.“
Warum ist eine solche Studie wichtig? Die Forscher erhoffen sich dadurch mehr Aufschluss darüber, wie Patienten mit Prostatakrebs in Deutschland tagtäglich in den Prostatakrebszentren versorgt werden. Außerdem sollen die Ergebnisse helfen, Unterschiede zwischen den Krankenhäusern oder zwischen regionalen Kliniken und Praxen besser zu erkennen. Erst wenn hierzu verlässliche Erkenntnisse vorliegen, sind Vergleiche möglich und es können geeignete Maßnahmen entwickelt werden, mit denen die Qualität verbessert wird. Dies kommt letztlich allen Männern zugute, die an Prostatakrebs erkrankt sind oder daran erkranken werden. „Wir bauen auf den Ehrgeiz der Behandelnden, die Ergebnisse zu nutzen, um ihren Patienten die bestmögliche Behandlung zukommen zu lassen“, so Christoph Kowalski.
Da die Studie in Etappen ausgewertet wird, gibt es schon erste Ergebnisse:
- Bereits vor der Therapie machten die Patienten unterschiedliche Angaben zu ihren krankheitsbedingten Einschränkungen, z.B. bei der Sexualität oder beim Wasserlassen. Diese Unterschiede hängen mit dem Alter, dem Bildungsabschluss und krankheitsbedingten Besonderheiten der Befragten zusammen.
- Bei den meisten Patienten bestand die Therapie in der operativen Entfernung der Prostata.
- Bisher gibt es zu wenige Informationen zu Begleiterkrankungen.
- Dass die Patienten in unterschiedlichem Maße psychoonkologische Beratungen in Anspruch nehmen, scheint mit den jeweiligen Behandlungszentren zusammenzuhängen.
Weiter Informationen zur PCO-Studie:
https://www.pco-study.com
Studie: Mehr Lebensqualität durch Bewegung
Eine weitere Studie der Sporthochschule Köln untersucht, wie körperliches Training die Lebensqualität von Prostatakrebspatienten verbessern kann. Sie wird ebenfalls von der Movember-Stiftung unterstützt und richtet sich an Männer mit metastasiertem, kastrationsresistentem Prostatakrebs. Mehr dazu unter: https://www.youtube.com/watch?v=HXAMYuFeFT8
Weiterführende Informationen:
- Movember-Bewegung
https://de.movember.com/ - Männergesundheitsportal der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
https://www.maennergesundheitsportal.de/ - Patientenleitlinie Prostatakarzinom
https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/patientenleitlinien/prostatakrebs/ - Deutsche Krebshilfe: Blauer Ratgeber Prostatakrebs
https://www.krebshilfe.de/infomaterial/Blaue_Ratgeber/Prostatakrebs_BlaueRatgeber_DeutscheKrebshilfe.pdf
Fachliche Beratung: Dr. Christoph Kowalski
Literatur
[1] Bundesministerium für Gesundheit: Gesundheit von Männern. abrufbar unter: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/praevention/frueherkennung-vorsorge/maennergesundheit.html. Letzter Zugriff: 16.10.2020
[2] Robert Koch-Institut, Zentrum für Krebsregisterdaten: Gesundheitliche Lage der Männer in Deutschland. 2014; abrufbar unter: https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Gesundheitsberichterstattung/GBEDownloadsB/maennergesundheit.pdf?__blob=publicationFile. Letzter Zugriff: 16.10.2020
[3] Starker A und Saß AC. Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz. 2016;59(8):923-4
[4] Dinges M. Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz. 2016;59(8):925-31
[5] Gebhard C, et al. Biol Sex Differ. 2020;11(1):29
[6] Krebs in Deutschland 2015/2016, Berlin, 2019
[7] Deutsche Krebshilfe: Die blauen Ratgeber: Prostatakrebs. abrufbar unter: https://www.krebshilfe.de/infomaterial/Blaue_Ratgeber/Prostatakrebs_BlaueRatgeber_DeutscheKrebshilfe.pdf. Letzter Zugriff: 16.10.2020
[8] Patientenleitlinien Prostatkrebs. abrufbar unter: https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/patientenleitlinien/prostatakrebs/. Letzter Zugriff: 16.10.2020
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Zuletzt aufgerufen am: 07.10.2024 15:25