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Künstlerische Therapien in der Krebsbehandlung

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Viele Krebspatienten schöpfen durch Musik, Malen oder andere künstlerische Tätigkeiten neue Kraft. Doch lange Zeit reichte der wissenschaftliche Kenntnisstand nicht aus, um die Wirkung von künstlerischen Therapien wie Musik- oder Kunsttherapien zu belegen. Erst in den letzten Jahren wurden hierzu vermehrt psychoonkologische Studien durchgeführt – wie beispielsweise die Studie von Dr. Marco Warth und Kollegen zur Wirkung von Musiktherapie in der Palliativversorgung. Ihnen gelang es, die Steigerung des Wohlbefindens und auch die Verringerung von Beschwerden in Verbindung mit der Musiktherapie nachzuweisen und somit die Bedeutung von künstlerischen Therapiemaßnahmen in der Krebstherapie zu unterstreichen.

Was ist das Ziel von künstlerischen Therapien?

Im Vordergrund steht bei jeglicher Art von künstlerischen Therapien die Verbesserung der Lebensqualität des Patienten. Durch eigenes kreatives Ausleben soll die Krankheitsverarbeitung unterstützt und das Wohlbefinden gesteigert werden. Maßgeblich mit hinein spielt auch der Wunsch des Patienten, die psychische Kontrolle über sich wieder zu erlangen und selbst etwas gegen die Erkrankung unternehmen zu können. Die künstlerischen Therapien werden daher auch als erlebnis- und handlungsorientierte Formen der Psychotherapie bezeichnet.

Eine wichtige Grundlage hierfür bildet die Wechselwirkung zwischen psychischen und körperlichen Prozessen. Erfolgreiche psychische Entspannung kann unter Umständen auch auf körperlicher Ebene beeindruckend positive Ergebnisse zur Folge haben. Indem Patienten und Patientinnen schöpferisch tätig sind, werden bewusste und auch unbewusste Anteile der Psyche unmittelbar angesprochen. Ein Ziel einer solchen künstlerischen Therapie ist demzufolge eine veränderte Körperwahrnehmung und das Gefühl, die Kontrolle über Körper und Geist wiederzuerlangen. Aber auch eine Verbesserung der Emotionsregulation, Stressreduktion und die Unterstützung bei der Behandlung von körperlichen Symptomen können durch diese Therapieformen erreicht werden. [1]

Welche Optionen gibt es bei der Auswahl einer künstlerischen Therapie?

Frau schreibt, Quelle: © IvanKruk - fotolia.com
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Neben der bereits benannten Musiktherapie reihen sich auch die Kunsttherapie, die Tanztherapie, die Poesie- und Schreibtherapie sowie weitere kreative Ausdrucksformen in die Sparte der künstlerischen Therapien ein. [1] Das Tanzen bietet die Möglichkeit, die Körperwahrnehmung zu stärken und ein realistisches Körperbild zu entwickeln. [1] Beim Malen und Gestalten erschaffen Patienten etwas Neues und Eigenes und können damit wieder mit sich selbst in Kontakt treten. Ein weiterer Effekt einer Kunsttherapie ist, dass Patienten sich auf angenehme Dinge konzentrieren und sich damit ganz bewusst von negativen und belastenden Gefühlen ablenken. Dieses so genannte Defokussieren kann ebenfalls zur Entlastung und Entspannung beitragen.

Gerade bei Kindern, die nur begrenzt in der Lage sind, ihre Gefühle zu reflektieren, bildet die Kunsttherapie ein geeignetes Medium um sich auszudrücken. Ähnlich verhält es sich mit der Schreibtherapie, bei der das gestalterische Schreiben zum Kanalisieren der Aggressionen und Ängste genutzt wird. Die Musiktherapie hilft ebenfalls dabei, indem entweder durch aktives Musizieren oder passives Hören auf einer nicht sprachlichen Ebene Stimmungen zum Ausdruck gebracht werden. Je nach Vorlieben steht es dem Patienten frei, sich die Therapieform auszusuchen, mit der er sich am wohlsten fühlt.

Einige Landeskrebsgesellschaften halten ein umfassendes Angebot an künstlerischen Therapien bereit. Auf der jeweiligen Internetseite werden die Veranstaltungen und Kurse regelmäßig aktualisiert.

Was sind medizinisch nachgewiesene Erfolge?

Doch was ist die nachweisbare medizinische Grundlage, auf der sich die künstlerischen Therapien bewegen? Nicht selten werden zwar Studien zu diesem Thema durchgeführt –  nur um am Ende mit den Worten, der Kenntnisstand sei noch nicht ausreichend um die Effektivität zu belegen, relativiert zu werden.

Als gut gesichert gilt, dass durch künstlerische Therapien ausgelöste Entspannung zu Stress- und Angstreduktion führt, was sich in der Regel positiv auf das körperliche Wohlbefinden und die allgemeine Lebensqualität auswirkt.

Wie werden Wirkungen wissenschaftlich nachgewiesen?

Meditieren, Quelle: © jd-photodesign - fotolia.com
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Um Wirkungen tatsächlich zu belegen, muss sich der Wissenschaftler neben der subjektiven Beurteilung des Patienten aber auch auf messbare Parameter wie Herzrate, Blutdruck oder respiratorische Rate stützen. Die Selbsteinschätzung des Patienten kann ebenfalls mithilfe verschiedener (bereits wissenschaftlich validierter) Skalen wie beispielsweise der STAI (State-Trait Anxiety Inventory) – Skala zur Beurteilung von Angst gemessen werden. [2]

Der Arbeitsgruppe um Marco Warth, dem Preisträger des Reinhold-Schwarz-Preises für Psychoonkologie, gelang der sorgfältige, wissenschaftlich fundierte Nachweis eines Zusammenhangs von Musiktherapie und dem Gesundheitszustand der Patienten.

In der randomisierten und kontrollierten Studie wurden Krebspatienten einer Palliativstation vor und nach einer musiktherapeutischen Behandlung zu ihrem Wohlbefinden, Stresslevel und Schmerzerleben gefragt. Zusätzlich wurden während der Sitzung Messungen zu Herzfrequenzvariabilität und peripherer Durchblutung erhoben. Patienten, die an der Musiktherapie teilnahmen, gaben an, sich anschließend wohler, entspannter und weniger erschöpft zu fühlen. Auch die physiologischen Messungen sprachen für eine Stressreduktion durch Musiktherapie. Daher schlussfolgern die Autoren, dass Musiktherapie in der Palliativversorgung wirksam zur unterstützenden Behandlung von mit Stress verbundenen Symptomen eingesetzt werden kann [3].

Was sollte die Folge der positiven Ergebnisse sein?

Die Beweislage zur Wirksamkeit von künstlerischen Therapien in der Krebsbehandlung hat sich in den letzten Jahren deutlich verbessert. Deshalb fordern Psychoonkologen wie Marco Warth, das große Potenzial von Musik- oder Kunsttherapie künftig noch besser auszuschöpfen. Einerseits ist sei es notwendig, weitere Forschungsvorhaben zu diesem Thema gezielt zu unterstützen, andererseits sollten bereits jetzt den Patienten entsprechende Angebote sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich zur Verfügung gestellt werden, so Warth.

Service- und Linktipps

 

Fachberatung: Dr. Marco Warth, Diplompsychologe und Preisträger des Reinhold-Schwarz-Preises

(jk)

Quellen:

[1] Onlineartikel in Springer Medizin. N.N: Künstlerische Therapien in der Onkologie. https://www.springermedizin.de/kuenstlerische-therapien-in-der-onkologie/9971984?searchBackButton=true&abEvent=detailLink

[2] Onlineartikel in Springer Medizin. Graß, Sabrina: Mit jedem Beat weniger Angst vor dem Tumor. https://www.springermedizin.de/supportivtherapie/mit-jedem-beat-weniger-angst-vor-dem-tumor/9971990?searchBackButton=true&abEvent=detailLink

[3] Warth M et al: Trajectories of Terminally Ill Patients' Cardiovascular Response to Receptive Music Therapy in Palliative Care.  Journal of Pain and Symptom Management. Vol. 52 No. 2. Ausgabe August 2016.
http://www.jpsmjournal.com/article/S0885-3924(16)30044-6/fulltext

 [4] Voiß P et al: Lebensstilfaktoren und Komplementärmedizin beim Mammakarzinom. Der Gynäkologe. Ausgabe Juli 2017. S.525-531. https://www.springermedizin.de/gynaekologische-onkologie/mammakarzinom/lebensstilfaktoren-und-komplementaermedizin-beim-mammakarzinom/12288736?searchBackButton=true&fulltextView=true&abEvent=detailLink

Letzte inhaltliche Aktualisierung am: 24.10.2017

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