Harnröhrenkrebs

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Informationen zum Harnröhrenkrebs (Urethrakarzinom)

Harnröhrenkrebs (Urethrakarzinom) ist eine seltene Krebsart, die die Harnröhre betrifft. Die Ursachen sind weitgehend unbekannt, es besteht jedoch der Verdacht auf einen Zusammenhang zwischen Harnröhrenkarzinomen und häufigen Entzündungen der ableitenden Harnwege.

Als erster Hinweis findet sich meist Blut im Urin (Hämaturie). Da dieses Symptom sehr unspezifisch ist, kann es erst durch eine Untersuchung beim Arzt differentialdiagnostisch abgeklärt werden. Dabei ist die wichtigste Untersuchung die Harnröhrenspiegelung (Urethroskopie), bei der eine Gewebeprobe aus der Harnröhre gewonnen wird (Biopsie). Hinsichtlich des erkrankten Gewebetyps ist das Harnröhrenkarzinom meist ein Übergangs- oder Plattenepithelkarzinom der Harnröhre.

Bei einer gesicherten Diagnose muss durch Ultraschall (Sonographie), Computertomographie (CT) und/oder Magnetresonanztomographie (MRT) geklärt werden, ob und wieweit sich der Tumor in umliegende Gewebe und Lymphknoten ausgebreitet hat. Auch wird dabei untersucht, ob Tochtergeschwülste (Metastasen) in anderen Organen wie Lunge, Leber, Gehirn und Knochen vorliegen.

Die Behandlung besteht normalerweise aus der operativen Entfernung. Alternativ kommt auch die Strahlentherapie in Frage. Die Heilungschancen hängen in erster Linie von der Lokalisation, Ausbreitung, Eindringtiefe und dem Stadium des Tumors ab.

Häufigkeit
Harnröhrenkrebs ist eine seltene Krebserkrankungen. Frauen haben ein doppelt so hohes Risiko zu erkranken wie Männer. Drei Viertel aller Erkrankten sind über 50 Jahre alt. Frauen jenseits der Menopause gehören zur häufigsten Gruppe der Betroffenen.

Harnröhre - Anatomie und Funktion

Die Harnröhre (Urethra) gehört mit den Nierenbecken, den Harnleitern und der Blase zu den ableitenden Harnwegen. Sie beginnt an der Harnblase und leitet den Harn beim Wasserlassen nach außen. Beim Mann dient sie zusätzlich als Ausführungsgang für die Samenflüssigkeit bei der Ejakulation.

Der Wandaufbau der Harnröhre besteht aus drei Schichten:

  • Schleimhaut (Tunica Mucosa)
  • Venengeflecht (Tunica Spongiosa)
  • Muskelschicht (Tunica Muscularis) 

 

Die Harnröhre weist geschlechtsspezifische Unterschiede auf:

Weibliche Harnröhre: Sie ist etwa 4-5cm lang; ihr Ausgang befindet sich oberhalb des Scheideneingangs.
Männliche Harnröhre: Sie ist mit etwa 20-25cm länger, durchquert die Prostata, wo auch die Samenleiter in die Harnröhre münden, verläuft weiter im Penis und mündet an der Eichel.

Durch die anatomischen Unterschiede ergeben sich jeweils Besonderheiten. Männer erkranken durch die längere Harnröhre seltener an Harnwegsinfektionen, da Bakterien einen längeren Weg zurücklegen müssen. Bei Frauen können Karzinome der Harnröhre eventuell leichter von außen erkannt bzw. getastet werden.

Ursachen und Risikofaktoren

Die Ursachen für das Harnröhrenkarzinom sind weitgehend unbekannt. Man vermutet aber einen Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Harnröhrenkrebs und wiederholter erhöhter Belastung des Harnröhrengewebes, z.B. infolge häufiger oder chronischer Harnwegsinfektionen, Geschlechtskrankheiten oder bestimmter Sexualpraktiken. Wahrscheinlich haben Frauen durch ihre erhöhte Harnwegsinfektanfälligkeit ein doppelt so hohes Risiko, an einem Harnröhrenkarzinom zu erkranken.

Ein weiterer Risikofaktor für die Entstehung des Harnröhrenkarzinoms ist das Harnröhrenkarunkel, ein kleines, etwa erbsengroßes gutartiges Geschwür, das bösartig entarten kann.

Symptome

Das erste Symptom beim Harnröhrenkrebs ist meist Blut im Urin (Hämaturie). Dieses kann sichtbar als roter Urin (Makrohämaturie) oder unsichtbar (Mikrohämaturie) auftreten. Wenn die Harnröhre bereits durch den Tumor verengt ist, verbleibt eine erhöhte Restharnmenge in der Blase. Diese wiederum kann zu vermehrtem Harndrang führen und ist außerdem mit einer erhöhten Infektanfälligkeit verbunden. Durch die Verengung der Harnröhre können außerdem Schmerzen beim Wasserlassen, ein abgeschwächter Harnstrahl oder Harnträufeln auftreten. Typisch sind auch Beschwerden nach dem Geschlechtsverkehr.

In fortgeschrittenen Krankheitsstadien können Gewichtsabnahme und Nachtschweiß hinzukommen. Der Lymphknotenbefall in Becken und Leiste kann zu Lymphstauungen führen, die sich als Lymphödeme mit geschwollenen Beinen äußern.

Diagnose

Arzt und Patientin im Gespräch, Quelle: © endostock - fotolia.com
Quelle: © endostock - fotolia.com

Die Verdachtsdiagnose stellt sich durch die Anamnese (Gespräch) und die klinische Untersuchung. Dabei werden Bauch-, Becken, Nieren- und Genitalbereich abgetastet. Man erkennt Karzinome der unteren Harnröhre z.B. durch Vorwölbung aus der Harnröhrenmündung. Blasennahe Karzinome sind beim Mann meist äußerlich nicht zu erkennen, bei der Frau können sie zu Vorwölbungen der Scheidenschleimhaut (Prolaps) führen. Zum Nachweis einer Hämaturie (Blut im Urin) wird der Urinteststreifen genutzt. Untersucht man das Harnröhrensekret, finden sich auch hier oft Tumorzellen (Urinzytologie). Derzeit existiert jedoch kein Diagnosetest, der in Lage ist, im Urin das Vorhandensein eines Blasenkrebs mit ausreichender Sicherheit nachzuweisen. Daher wird eine Verwendung von kommerziell erhältlichen Urintests als Screening- oder Vorsorgeuntersuchung nicht empfohlen.

Die endgültige Diagnose wird durch die Harnröhrenspiegelung (Urethroskopie) gestellt. Hierbei wird unter lokaler Betäubung oder Narkose über die Harnröhre ein Zystoskop eingeführt. An der Spitze des Zystoskops befindet sich ein Objektiv mit einer vergrößernden Linse (Okular) und einer Lichtquelle. Mit ihrer Hilfe kann die Harnröhre von innen betrachtet werden. Bei einem Tumorbefund wird eine Gewebeprobe (Biopsie) entnommen, die anschließend mikroskopisch untersucht wird. Durch die Harnröhrenspiegelung mit Biopsie gewinnt der Arzt Aufschluss über die Art, das Stadium, die Größe und die Eindringtiefe des Tumors.

Mit bildgebenden Verfahren kann die Ausbreitung des Tumors auf umliegendes Gewebe festgestellt werden. Auch Tochtergeschwülste (Metastasen) in anderen Organen oder Lymphknoten lassen sich dadurch erkennen. Hierzu werden die Ultraschall (Sonographie), Computertomographie (CT) und/oder Magnetresonanztomographie (MRT) eingesetzt.

Tumorstadien
 

pTx

Primärtumor kann nicht beurteilt werden

pT0

Kein Anhalt für Primärtumor

pTa

Nicht invasiver papillärer oder polypoider Tumor oder verruköses Karzinom

pTis

Carcinoma in situ

pT1

Tumor infiltriert das subepitheliale Bindegewebe

pT2

Tumor infiltriert eines der folgenden Organe: Corpus spongiosum, Prostata, periurethrale Muskulatur

pT3

Tumor infiltriert irgendein anderes Nachbarorgan


Urothelkarzinom der Harnröhre (prostatische Harnröhre)

pTis-pu

Carcinoma in situ, prostatische Urethra betroffen

pT1-pd

Carcinoma in situ, prostatische Drüseneingänge betroffen

pT1

Tumor infiltriert subepitheliales Bindegewebe

pT2

Tumor infiltriert eines der folgenden Organe: Prostatastroma, Corpus spongiosum, periurethrale Muskulatur

pT3

Tumor infiltriert eines der folgenden Organe: Corpus cavernosum, Corpus spongiosum, über Prostatakapsel hinaus, Blasenhals (extraprostatisches Wachstum)

pT4

Tumor infiltriert andere Nachbarorgane (Infiltration der Blase)


Regionäre Lymphknoten (N)

Nx

Regionäre Lymphknoten können nicht beurteilt werden

N0

Kein Anhalt für regionäre Lymphknotenmetastasen

N1

Metastase eines einzigen Lymphknotens, 2cm oder kleiner in größter Ausdehnung

N2

Metastase eines einzelnen Lymphknotens, Größe 2-5 cm, oder multiple Lymphknotenmetastasen, keiner größer als 5 cm

N3

Metastase in Lymphknoten größer als 5 cm


Fernmetastasen

Mx

Fernmetastasen können nicht beurteilt werden

M0

Kein Anhalt für Fernmetastasen

M1

Fernmetastasen

Therapie


Operation

Wichtigste Behandlungsmaßnahme ist die Operation. Manchmal ist es sinnvoll, den Tumor vorher mittels Strahlen- oder Chemotherapie zu behandeln und zu verkleinern (neoadjuvante Therapie). Bei kleineren, nicht mit der Umgebung verwachsenen Tumoren genügt die teilweise oder komplette Entfernung der Harnröhre. Bei Männern muss unter Umständen ein Teil des Penis entfernt werden. Eine plastische Operation im Anschluss erlaubt die Wiederherstellung des verlorenen Gewebes. Bei größeren und/oder ausgedehnten Tumoren muss eventuell auch die Harnblase komplett entfernt werden.

Bei umfangreicheren Operationen wird der Urin häufig über ein zwischen Harnleiter und Bauchwand geschaltetes Darmstück nach außen in einen Beutel abgeleitet, der auf der Bauchdecke aufgeklebt ist und regelmäßig gewechselt werden kann. Auch Harnableitungen in einen Nabelpouch oder in den Enddarm sind möglich.

Nach der Operation kann entweder eine Strahlentherapie oder eine kombinierte Strahlen-Chemotherapie durchgeführt werden.

Strahlentherapie
Die Wirkung der Strahlentherapie beruht darauf, dass sie Krebszellen vernichtet. Die Bestrahlung kommt bei Krebserkrankungen der Harnröhre entweder allein oder in Kombination mit einer Chemotherapie (Radiochemotherapie) zum Einsatz.

Die Strahlentherapie erfolgt von außen durch die Haut.
Trotz sorgfältiger Therapieplanung und -durchführung muss während der Strahlenbehandlung mit unerwünschten Begleiterscheinungen gerechnet werden. Nebenwirkungen treten entweder unmittelbar noch während der Therapie auf (z.B. Durchfall, Übelkeit, Blutabgang über den Enddarm) oder machen sich erst einige Wochen oder Monate nach der Behandlung bemerkbar.

Chemotherapie
Die Chemotherapie zielt darauf ab, Krebszellen im ganzen Körper durch zellwachstumshemmende Medikamente (Zytostatika) abzutöten. Zytostatika wirken v.a. gegen rasch wachsende Zellen, eine Eigenschaft, die im besonderen Maße auf Krebszellen zutrifft.

Eine Heilung des Harnröhrenkarzinoms allein durch die Gabe von Zytostatika ist nicht möglich. Bei lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Tumoren können durch Chemotherapie das Tumorwachstum für gewisse Zeit zum Stillstand gebracht und die Überlebenszeit verlängert werden. Außerdem lassen sich tumorbedingte Beschwerden lindern. Bei einem Teil der Patienten wird mit Hilfe der Chemotherapie eine deutliche Verkleinerung des Tumors erreicht.

Um die größtmögliche Wirkung gegen die Tumorzellen zu erzielen und um Nebenwirkungen zu reduzieren, werden häufig Kombinationen verschiedenartig wirkender Zytostatika eingesetzt. Die Behandlung erfolgt in mehreren Behandlungszyklen, die sich über mehrere Wochen erstrecken. Zwischen den einzelnen Zyklen liegen längere Erholungspausen. Die Therapiezyklen werden meist drei- bis sechsmal wiederholt. Wie viele Zyklen im individuellen Fall notwendig sind, hängt vor allem davon ab, wie gut die Behandlung vertragen wird und wie sich die Therapie auf den Tumor auswirkt.

Durch die Behandlung mit Zytostatika wird auch normales Gewebe in Mitleidenschaft gezogen. Davon betroffen sind in erster Linie die Schleimhäute von Magen und Darm, das blutbildende System im Knochenmark und die Haarwurzeln. Mögliche Begleiterscheinungen der Chemotherapie sind daher Übelkeit, Erbrechen, Durchfälle, Haarausfall, eine erhöhte Infektanfälligkeit und Blutungsneigung. Die Nebenwirkungen lassen sich zum Teil durch Begleitmaßnahmen bzw. Medikamente verhindern oder lindern. Sie verschwinden in der Regel nach Beendigung der Chemotherapie wieder.

Krankheitsverlauf

Harnröhrenkarzinome neigen zur Ausbreitung über die Harnröhrenwand in das benachbarte Gewebe und gegebenenfalls auf benachbarte Organe. Außerdem wird ein Lymphknotenbefall beobachtet. Bei Karzinomen der oberen, blasennahen Harnröhre finden sich bevorzugt Metastasen in Beckenlymphknoten. Karzinome der unteren Harnröhre hingegen metastasieren meist in die Leistenlymphknoten.

In 50-75% der Fälle tritt ein weiterer Tumor in der Blase auf.

Im Spätstadium der Erkrankung finden sich oft Tochtergeschwülste in Lunge, Leber, Gehirn oder Knochen.

Nachsorge und Rehabilitation

Nach der Behandlung sind regelmäßige Arztbesuche und Untersuchungen unerlässlich. Diese dienen dazu, den Verlauf zu beurteilen und Rückfälle (Rezidive) oder Fernmetastasen frühzeitig zu erkennen. Durchgeführt werden Blutuntersuchungen, UltraschallRöntgenaufnahmen des Brustkorbs und CT oder MRT.

Eine stationäre Rehabilitation ist nach der Therapie in erfahrenen Tumornachsorgezentren möglich. Sie ist jedoch nicht immer nötig und sinnvoll und erfolgt unter Absprache mit dem behandelnden Arzt. Berufliche und soziale Aktivitäten sind nach der Therapie in der Regel uneingeschränkt möglich.

Wirksame vorbeugende Maßnahmen gegen das Harnröhrenkarzinom sind nicht bekannt. Entzündungen der ableitenden Harnwege sollten konsequent behandelt werden.

(red)


Quellen:
[1] J. Eberle: Harnröhrenkarzinome, in: H. Rübben: "Uroonkologie", Springer 2009, S. 495-506
[2] H.-J. Schmoll. K. Höffken, K. Possinger (Hrsg.): Kompendium Internistische Onkologie, Springer Verlag 2006
[3] Robert Koch-Institut (Hrsg.): Krebs in Deutschland 2007/2008. Häufigkeiten und Trends, Berlin 2012

Fachliche Beratung:

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Weitere Informationen zum Thema:

Beratung durch die Landeskrebsgesellschaften:

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Letzte inhaltliche Aktualisierung am: 02.02.2015

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