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Aderhautmelanom (Uveales Melanom)

Was ist ein Aderhautmelanom?

Obwohl sie nur einen sehr kleinen Anteil an allen Melanomen haben, sind die Melanome der Aderhaut (uveale Melanome) die häufigsten vom Auge ausgehenden bösartigen Tumoren beim Erwachsenen. Man geht von fünf bis sechs Neuerkrankungen jährlich pro 1.000.000 Einwohnern aus, also von 400 bis 500 Neuerkrankungen deutschlandweit.

Die meisten dieser Tumoren gehen von der Aderhaut (Choroidea) aus, welche zwischen Leder- und Regenbogenhaut liegt; etwa 5% entstehen in der Iris und 10% im Ziliarkörper, an dem die Linse aufgehängt ist. Aderhautmelanome entstehen fast ausschließlich einseitig.

Ursache und Risikofaktoren

Aderhautmelanome betreffen häufiger hell-häutige Menschen und können mit dem Syndrom des dysplastischen Nävus (klinisch auffälligen Muttermalen) oder einer okkulären Melanomatose in Zusammenhang stehen.

Welche Faktoren sind entscheidend für Diagnose und Krankheitsverlauf?

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Aderhautmelanome unterscheiden sich biologisch deutlich von den Melanomen der Haut. Dies spiegelt sich auch in der Chrosomenanalyse der Melanome (Zytogenetik) wider: In rund 50% der Fälle besteht eine Mutation im GNAQ-Gen, in weiteren 30% im GNA11-Gen. Beide sind sehr spezifisch für das uveale Melanom. Einige Genveränderungen, darunter die GNA11-Mutation oder eine Monosomie 3 sind relevant für die Prognose des Krankheitsverlaufs. Weitere Prognosefaktoren sind das Aussehen des Tumorgewebes unter dem Mikroskop bzw. bestimmte Merkmale der Tumorzellen (medizinisch genauer: der histologische Subtyp), der Ort des Tumors und die Tumordicke.

Diagnose Uvealer Melanome

Entweder wird die Erkrankung bei einer Routineuntersuchung zufällig entdeckt, oder die Patient*innen beobachten eine Sehverschlechterung oder ein Flimmern am betroffenen Auge. Aderhautmelanome werden in der Regel durch einfache Spiegelung des Augenhintergrunds, das heißt durch die optische Untersuchung der (mittels Augentropfen erweiterte) Pupille diagnostiziert.

Weitere Untersuchungen zur Diagnosestellung sind die Ultraschalluntersuchung des Auges und die Magnetresonanztomografie (MRT). Eine Metastasierung in andere Organe bei Diagnose ist selten. Dennoch wird zu diesem Zeitpunkt jede*r Patient*in entweder mittels Röntgenaufnahme und Ultraschall oder mittels Computertomografie auf Fernmetastasen untersucht.

Therapie von Aderhautmelanomen

Die Therapie des Augentumors richtet sich nach dessen Größe und den genauen Ort des Tumors (Lokalisation). Neben der Operation, bei der das komplette Auge entfernt wird, stehen die lokale Strahlentherapie (Brachytherapie) und die Bestrahlung mit Protonen zur Verfügung, welche in 90% der Fälle den Erhalt des Auges erlauben.

Bei der Brachytherapie wird ein radioaktives Metallplättchen über dem Tumor außen auf das Auge aufgenäht und nach einer festgelegten Zeit wieder entfernt. Die Bestrahlung durch Protonen kann nur in wenigen Zentren in Deutschland durchgeführt werden. In der Regel erfolgen vier Sitzungen von jeweils einer Minute Bestrahlung, die ohne Narkose durchgeführt werden kann. Unklar ist derzeit die wissenschaftlich gesicherte Wirksamkeit der sogenannten photodynamischen Therapie. Eine unterstützende (adjuvante) medikamentöse Behandlung hat derzeit aus wissenschaftlicher Sicht keine Berechtigung.

Therapie bei Metastasen

Obwohl das Uveamelanom bei Diagnosestellung in den wenigsten Fällen metastasiert vorliegt, kommen Fernmetastasen, also Metastasen in anderen Organen, im Laufe der Erkrankung häufig vor. Das kann auch Jahre nach Abschluss der Therapie des Auges geschehen. Bei 31% der Patient*innen metastasiert das Uveamelanom innerhalb von 5 Jahren, bei ca. 45% binnen 15 Jahren. Nach 25 Jahren weisen die Hälfte aller Patient*innen Metastasen auf [1]. Am häufigsten metastasiert das Uveamelanom dabei in die Leber.

Da sich die metastasierte Erkrankung meist nur in der Leber findet, werden häufig lokale Therapien gewählt – also Therapien, die gezielt in dem betroffenen Organ wirken. Dazu gehören die transarterielle Chemoembolisation (TACE), bei der die Metastasen gezielt mit Chemotherapie behandelt werden und danach das Metastasen-versorgende Gefäß verschlossen wird sowie die selektive interne Radiotherapie (SIRT), bei der kleinste radioaktive Kügelchen in die tumorbefallenen Leberbereiche gegeben werden. Weitere Therapieoptionen umfassen die sehr aufwendige perkutane Leberperfusion (PHP), bei der die Leber vom restlichen Kreislauf isoliert und dann mit einem hochkonzentrierten Chemotherapeutikum durchströmt wird, sowie die perkutane Thermoablation, bei der die Lebermetastasen mithilfe von starken Temperaturen (Hitze oder Kälte), wie z. B. durch Radiofrequenzen oder Mikrowellen (Hitze), angegriffen werden [2]. Auch die chirurgische Entfernung aller Metastasen kann in einzelnen Fällen sinnvoll sein, auch wenn diese Maßnahme nicht zu einer langfristigen Heilung führt.

Im Gegensatz zum Melanom der Haut, bei dem die Immuntherapie mit Checkpoint-Inhibitoren oft und erfolgreich eingesetzt wird, sind Checkpoint-Inhibitoren beim Aderhautmelanom weniger wirksam. Auch die Chemotherapie ist nur sehr eingeschränkt wirksam.

Seit 2022 gibt es für Patient*innen mit bestimmten genetischen Merkmalen im Histokompatibilitätssystem (HLA-System) eine erste wirksame Immuntherapie. Das HLA-System ist ein wichtiger Bestandteil des Immunsystems, welches dem Immunsystem dabei hilft fremde oder veränderte Proteine in den betroffenen Zellen zu detektieren. Die neue Immuntherapie nutzt ein sogenannten „immune-mobilising monoclonal T cell receptor against cancer“, kurz ImmTAC. Das ImmTAC-Moleküle ist ein Adaptorprotein, das Melanomzellen indirekt mit Immunzeller verbindet und so eine Immunreaktion auslösen kann [3]. Die Therapie kann bei Patient*innen mit einem bestimmten HLA-Merkmal eingesetzt werden. Diese HLA-Variante kommt bei ca. 50% der europäischen Bevölkerung vor.

Es ist wichtig zu betonen, dass das Aderhautmelanom aufgrund seiner Seltenheit am besten in großen, erfahrenen Zentren behandelt werden sollte. Spezialisierte Verfahren wie die isolierte Perfusion der Leber (PHP) oder die Protonentherapie stehen oft nur in diesen Einrichtungen zur Verfügung. Zudem bieten große Zentren Zugang zu einer Reihe von Studien, von denen die Patient*innen profitieren können.

Nachsorge

Es gibt derzeit keine standardisierte Nachsorgeempfehlung. Sinnvoll ist die regelmäßige augenärztliche Kontrolle. Da Metastasen auch noch sehr viel später nach der Erstdiagnose auftreten können, ist zudem eine regelmäßige bildgebende Untersuchung, z. B. mittels MRT (Magnetresonanztomografie) mindestens zwei Mal jährlich ratsam, damit Metastasen rechtzeitig entdeckt werden können. [4]

Weitere Informationen zum Uvealen Melanom sowie zur Therapie finden Sie auf dem Portal der Charité – Universitätsmedizin Berlin:


Referenzen:
[1] Branisteanu DC, et al. Exp Ther Med. 2021;22(6):1428
[2] Sajan A, et al. Diagnostics (Basel). 2023;13(11)
[3] Nathan P, et al. N Engl J Med. 2021;385(13):1196-206
[4] Gonsalves CF, et al. Semin Intervent Radiol. 2020;37(5):508-17

Fachberatung:

Portrait von einem Arzt - der Autor dieses Beitrags
Quelle: © Ochsenreiter

Dr. Sebastian Ochsenreither
Charité Comprehensive Cancer Center, Klinik für Hämatologie, Onkologie und Tumorimmunologie

Letzte inhaltliche Aktualisierung am: 13.05.2024

Zuletzt aufgerufen am: 26.07.2024 15:47