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Behandlung im fortgeschrittenen Stadium


Wenn die Diagnose Prostatakrebs feststeht und Ausmaß sowie Stadium der Erkrankung bestimmt worden sind, entscheidet der Arzt gemeinsam mit dem Patienten, welche Möglichkeiten der Behandlung genutzt werden. Hier finden Sie Informationen zu verschiedenen Behandlungsmethoden im fortgeschrittenen Stadium:

Abwartendes Beobachten

Im metastasierten Stadium ist Abwarten eine Option für alle Patienten, unabhängig von Alter, Begleiterkrankungen und Tumorstadium. Entscheidet man sich für diese Strategie, wird die Erkrankung nicht behandelt, solange keine Symptome auftreten. Dadurch bleiben dem Patienten so lange wie möglich die Nebenwirkungen der Behandlung erspart. Erst wenn es beispielsweise zu Schmerzen aufgrund von Knochenmetastasen kommt, beginnt eine palliative Therapie, beispielsweise mit Hormonen. 

Hormonelle Therapie

Tabletten, Quelle: © seen - fotolia.com
Quelle: © seen - fotolia.com

Wer erhält eine Hormontherapie?

In der palliativen Situation ist die hormonelle Behandlung der Standard, durch den sich das Tumorwachstum für einige Zeit – oft für Jahre – stoppen lässt.

Man kann eine Hormontherapie sofort bei der Diagnose eines fortgeschrittenen Prostatakarzinoms beginnen. Wenn aber der Tumor noch keine Beschwerden macht, ist nicht sicher, ob die Vorteile einer Hormontherapie die zu erwartenden Nachteile – also Nebenwirkungen – überwiegen. Da eine sofort begonnene Therapie gegenüber einem verzögerten Beginn keine Vorteile im Hinblick auf die Überlebenszeit der Patienten bringt, ist es möglich abzuwarten, bis erste Symptome auftreten.

Die konventionelle Hormontherapie, wie sie seit vielen Jahren durchgeführt wird, bewirkt bei den meisten Patienten eine Verbesserung von Symptomen (z. B. Schmerzlinderung), die Verkleinerung des Tumors und/oder das Absinken des PSA-Werts. Allerdings ist der Effekt nicht dauerhaft und im Laufe der Zeit entwickelt sich eine Resistenz gegen den Entzug der Androgene. In diesem sogenannten kastrationsresistenten Stadium können nun andere Therapien zum Einsatz kommen. Dazu gehört die Behandlung mit Anti-Androgenen oder eine Chemotherapie. Unter bestimmten Umständen kann eine Anti-Androgen-Therapien auch schon sinnvoll sein, wenn der Krebs noch nicht kastrationsresistent, also noch hormonsensitiv ist.


Wie wirkt eine Hormontherapie?

Prostata-Zellen verfügen über spezielle Bindungsstellen, die Androgenrezeptoren, an denen sich Testosteron anlagert. Dadurch wird ein Signal ausgelöst, das durch verschiedene biochemische Prozesse in den Zellkern transportiert wird, wo dann der Befehl zur Zellteilung und damit zum Zellwachstum erfolgt. Bei Prostatakarzinom-Zellen ist dieser Mechanismus gestört, so dass es zum unkontrollierten Wachstum kommt.

Etwa 90–95% der Androgene (männliche Geschlechtshormone) entstehen in den Hoden, die restlichen 5–10% in der Nebennierenrinde. Im Hypothalamus im Gehirn gebildete Hormone, vor allem das Luteinisierende-Hormon-Releasing-Hormon (LHRH), steuern die Androgenbildung.

All diese Zusammenhänge und Mechanismen sind Ansatzpunkte für verschiedene Arten der hormonellen Behandlung des Prostatakarzinoms. Grundsätzlich kann man zwei Ansätze der hormonellen (endokrinen) Therapie unterscheiden:

  • Die Bildung von Androgenen wird unterdrückt.
  • Die Wirkung von Androgenen auf die Tumorzellen wird gehemmt.

 

Nebenwirkungen der Hormontherapie

Da Hormone über komplizierte Zusammenhänge viele verschiedene Vorgänge im Körper steuern, kann eine Hormontherapie vielfältige Auswirkungen haben.

Typische Nebenwirkungen der Kastration, also des Hormonentzugs, sind Hitzewallungen und ein Abbau der Knochendichte mit der Gefahr von Osteoporose und Knochenbrüchen. Das sexuelle Interesse (Libido) kann zurückgehen und die Potenz nachlassen. Männer unter Hormonentzugstherapie neigen zu Gewichtszunahme und Muskelabbau und auch die Denkleistung („kognitive Fähigkeit“) kann negativ beeinflusst werden. Bei einer Langzeit-Hormontherapie steigt zudem das Risiko für Fettstoffwechselstörungen, Diabetes und infolgedessen auch für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Deshalb wird Männern, die sich einer Hormonentzugstherapie (Androgendeprivationstherapie, ADT) unterziehen, Bewegung bzw. körperliches Training empfohlen. Körperliche Aktivität hat nachweislich einen positiven Einfluss auf die physische und auf die psychische Verfassung und damit auf die Folgen der Hormonentzugstherapie sowie auf die Lebensqualität.



Welche Hormontherapien gibt es?

Ansatz 1: Unterdrücken der Hormonproduktion in den Hoden (Kastration oder Hormonentzugstherapie)

Die Ausschaltung der Hormonproduktion lässt sich auf zweierlei Weise erreichen: durch operative Entfernung des hormonproduzierenden Gewebes, also der Hoden, oder durch die Gabe von Medikamenten.

Die Orchiektomie, d. h. die Entfernung der Hoden, ist eine der ältesten Methoden zur Behandlung von Prostatakrebs. Ihr Vorteil liegt darin, dass es sich um eine einmalige Maßnahme handelt. Allerdings kann sie nicht rückgängig gemacht werden und mit Nebenwirkungen wie Hitzewallungen, Libidoverlust, Impotenz und Osteoporose einhergehen. Da es gleich wirksame medikamentöse Kastrationsformen gibt, wird die Orchiektomie heute eher selten durchgeführt.

Bei der medikamentösen Unterdrückung der Testosteronbildung unterscheidet man zwei Wirkstoffgruppen:

Eigenart der LHRH-Analoga zu Beginn der Behandlung ist es, zunächst einen Testosteronschub zu verursachen. Um die Wirkung des Testosterons zu blockieren, ist in den ersten Wochen die Kombination mit so genannten Antiandrogenen erforderlich (siehe Androgen-Blockade). Die Kombination von LHRH-Analogon und Antiandrogen nennt man maximale Androgenblockade (MAB).

  • Unterdrückung der Hormonproduktion mit LHRH-Analoga: Die LHRH-Analoga (auch GnRH-Agonisten genannt, z. B. Buserelin, Goserelin, Leuprorelin, Triptorelin ) greifen in den Hormonregelkreis ein und bringen so die Produktion von Testosteron in den Hoden zum Erliegen. Da LHRH-Analoga zunächst einen Hormonschub bewirken, werden sie zu Beginn der Therapie einige Wochen lang mit Androgenrezeptor-Blockern kombiniert. 
  • Unterdrückung der Testosteronproduktion mit LHRH-Antagonisten: LHRH-Antagonisten (auch GnRH-Antagonisten genannt, z. B. Abarelix, Degarelix) greifen ebenfalls in den Hormonregelkreis ein, so dass in den Hoden kein Testosteron mehr produziert wird. Im Gegensatz zu den LHRH-Analoga kommt es aber zu einer sofortigen Unterdrückung der Hormonproduktion ohne Hormonschub. 

 

Sowohl LHRH-Analoga als auch LHRH-Antagonisten werden als Spritze verabreicht, die der Patient je nach Präparat monatlich oder alle 2, 3, 6 oder 12 Monate erhält.

Bei der medikamentösen Kastration handelt es sich um eine Dauertherapie, die so lange fortgeführt wird, wie sie eine Wirkung zeigt. Es gibt aber auch den Ansatz einer sogenannten intermittierenden Therapie, bei der mehrmonatige Behandlungsphasen mit therapiefreien Intervallen abwechseln. Hintergrund ist, dass in den Phasen ohne Behandlung die Nebenwirkungen des Hormonentzugs teilweise zurückgehen, was mit einer Rückkehr der Potenz und einer Verbesserung der Lebensqualität verbunden sein kann. Allerdings ist nicht ganz sicher, ob die intermittierende Therapie genauso wirksam ist wie die Dauertherapie: Während einige Studien eine Gleichwertigkeit belegten, verstarben in anderen Studien Patienten mit intermittierender Therapie durchschnittlich etwas eher.

Ansatz 2: Androgenrezeptor-Blockade an der Tumorzelle (Anti-Androgene der 1. Generation)

Androgenrezeptor-Blocker (auch Anti-Androgene genannt, z. B. Bicalutamid, Flutamid, Nilutamid) unterdrücken die Wirkung des Testosterons, indem sie den Androgenrezeptor in der Tumorzelle blockieren. Sie können unter bestimmten Umständen zusätzlich zu LHRH-Analoga eingesetzt werden („Maximale Androgenblockade“), um den Krebs vollständig vor wachstumsstimulierenden Hormonen abzuschirmen, die in geringen Mengen trotz der Therapie noch vorhanden sind. Allerdings geht diese Kombinationstherapie mit erhöhten Nebenwirkungen einher.

Allein, d. h. alternativ zur medikamentösen Kastration, werden Androgenrezeptor-Blocker aufgrund der etwas geringeren Wirksamkeit insgesamt seltener eingesetzt . Da der Testosteronspiegel jedoch nicht beeinflusst wird, bleiben die typischen Nebenwirkungen des Hormonentzugs wie Hitzewallungen und Potenzprobleme aus.
Eine typische Nebenwirkung von Androgenrezeptor-Blockern ist das schmerzhafte Anschwellen der Brustdrüsen (Gynäkomastie).


Ansatz 3: Unterdrücken der Testosteronproduktion auch außerhalb der Hoden

Im Laufe der Hormonentzugstherapie entwickeln die Tumorzellen verschiedene Mechanismen, um den Androgenmangel zu umgehen, man spricht von Kastrationsresistenz. Geringste Mengen von Testosteron können nun ausreichen, um den Tumor weiter wachsen zu lassen.

Eine hormonelle Therapie mit dem Wirkstoff Abirateron greift in den Hormonregelkreis ein und unterbindet so die Produktion von Testosteron nicht nur in den Hoden, sondern auch in den Nebennieren und im Tumorgewebe selbst. Daher kann Abirateron beim kastrationsresistenten Prostatakarzinom noch wirken.

Abirateron ist seit 2012 in Tablettenform erhältlich und wird für die Therapie des metastasierten kastrationsresistenten Prostatakarzinoms empfohlen, solange die Patienten noch keine oder nur milde Symptome (z. B. Schmerzen aufgrund von Knochenmetastasen) haben. Auch nach einer ersten Chemotherapie kann Abirateron eingesetzt werden. Während der Abirateron-Therapie wird die ursprüngliche Hormontherapie z. B. mit LHRH-Analoga fortgeführt. Seit November 2017 ist Abirateron auch zugelassen in Kombination mit einer Androgendeprivationstherapie zur Behandlung von erwachsenen Männern mit neu diagnostiziertem Hochrisiko-mHSPC (metastasiertem hormonsensitivem Prostatakarzinom).

Typische Nebenwirkungen von Abirateron sind Wassereinlagerungen, Kalium-Mangel und Bluthochdruck. Um diese durch den Wirkmechanismus bedingten Effekte zu reduzieren, werden während der Abirateron-Therapie zusätzlich Prednison oder Prednisolon eingenommen.

Ansatz 4: Androgenrezeptor- Antagonisten (Anti-Androgene der 2. Generation)

Die neueren Androgenrezeptor-Antagonisten Enzalutamid, Apalutamid und Darolutamid verhindern ähnlich wie die Anti-Androgene der 1. Generation die Bindung von Testosteron an den Androgenrezeptor und blockieren damit das hormonelle Signal. Zusätzlich verhindern diese aber auch die Signalweiterleitung im Inneren der Zelle. Diese anti-Androgene der 2. Generation  sind erst in den letzten zehn Jahren sukkzessive für den Einsatz in verschiedenen fortgeschrittenen Stadien des Prostatakrebses zugelassen worden:.

  • Bei Patienten mit metastasiertem kastrationsresistentem Prostatakarzinom steht Enzalutamid zur Verfügung.
  • In Kombination mit einer Hormonentzugstherapie werden Enzalutamid, Apalutamid und Darolutamid auch bei Patienten mit nicht-metastasiertem kastrationsresistentem Prostatakarzinom empfohlen, wenn ein erhöhtes Risiko besteht, dass sich Metastasen bilden.
  • Enzalutamid und Apalutamid haben in Studien auch gute Wirksamkeit beim metastasierten Prostatakarzinom zusammen mit einer Hormonentzugstherapie gezeigt, wenn der Tumor noch sensitiv für den Hormonentzug, also noch nicht kastrationsresistent, ist.

 

Häufige Nebenwirkungen unter dieser Klasse der Anti-Androgenen sind Müdigkeit, Hitzewallungen, Bluthochdruck, Hautausschlag und Durchfall.
Enzalutamid, Apalutamid und Darolutamid werden zusammen mit Abirateron auch häufig als neue hormonelle Substanzen bezeichnet, weil sie erst in den letzten Jahren zur Zulassungsreife gelangt sind.

Zielgerichtete Therapie

Seit 2020 ist der so genannte PARP (Poly-ADP-Ribose-Polymerase)-Inhibitor Olaparib bei Prostatakrebs zugelassen. Der Einsatz von Olaparib wird empfohlen bei Patienten, bei denen eine BRCA1- oder BRCA2-Mutation nachgewiesen worden ist und deren metastasiertes kastrationsresistentes Prostatakarzinom nach einer Therapie mit einer der neuen hormonellen Substanzen weiter fortgeschritten ist.

Die BRCA-Gene wurden zuerst entdeckt bei Brustkrebspatientinnen (daher auch der Name: BRCA= Breast Cancer). Sie werden als Tumorsuppressorgene bezeichnet, also Gene, die wichtig sind bei der Verhinderung von Krebs im gesunden Menschen. Sie spielen eine wichtige Rolle bei der Reparatur der DNA und können so verhindern, dass gesunde Zellen zu Krebszellen mutieren. Sind sie aber selbst mutiert und funktionieren deshalb nicht richtig, so ist das Risiko hoch, dass sich gesunde Zellen in Krebszellen verwandeln. Bei Prostatakrebs sind bis zu 30% der Patienten Träger einer BRCA1- oder BRCA2-Mutation.

In den Krebszellen mit BRCA-Mutation ist also der DNA-Reparaturmechanismus bereits gestört. PARP ist ein weiteres Enzym, das Schäden in der Erbinformation reparieren kann. Wird dieses durch Olaparib blockiert, so häufen sich die Schäden in der Erbinformation der Krebszellen, so dass sie nicht mehr überlebensfähig sind und absterben.

Die häufigsten Nebenwirkungen bei Olaparib, die meist aber nur von geringem Schweregrad sind, sind Übelkeit und Erbrechen, Erschöpfung, Blutarmut, Durchfall, verminderter Appetit, Kopfschmerzen, Geschmacksstörung, Husten, Kurzatmigkeit, Schwindel, Sodbrennen und Veränderungen des Blutbildes. Schwerwiegende Nebenwirkungen, die beobachtet wurden, waren Blutarmut, Erschöpfung und Kraftlosigkeit und Veränderungen im Blutbild.

Chemotherapie

Infusion, Quelle: © ineula - fotolia.com
Quelle: © ineula - fotolia.com

Bei einer Chemotherapie werden Medikamente eingesetzt, sogenannte Zytostatika, die das Wachstum von Krebszellen hemmen und sie dadurch zerstören. Die Zytostatika werden in der Regel als Infusion verabreicht, verteilen sich im gesamten Körper und erreichen damit auch Tumorzellen, die sich bereits auf andere Körperregionen ausgebreitet haben.

Eine Chemotherapie geht mit stärkeren Nebenwirkungen einher als hormonelle Therapien und zielgerichtete Therapien. Daher wird sie in der Regel erst dann angewendet, wenn alle hormonellen Möglichkeiten ausgeschöpft sind und/oder wenn eine schnell und effektiv wirkende Therapie notwendig ist. Letzteres ist vor allem bei starken Symptomen der Fall, z. B. bei heftigen Knochenschmerzen oder wenn aufgrund von Wirbelsäulen-Metastasen eine Querschnittslähmung droht. Auch bei akuter Lebensgefahr, beispielsweise aufgrund von Leber- oder Lungenmetastasen, werden Chemotherapien eingesetzt.

Das derzeit bevorzugte Chemotherapeutikum beim Prostatakarzinom ist Docetaxel, ein Zytostatikum aus der Gruppe der Taxane. Cabazitaxel ist ebenfalls ein Taxan und kommt bei Patienten zum Einsatz, die bereits mit Docetaxel vorbehandelt sind.

Welche Folgen hat die Chemotherapie?

Die Chemotherapie wirkt auf alle sich rasch teilenden Zeilen. Dazu gehören leider nicht nur die bösartigen Krebszellen, sondern auch gesunde Zellen wie die Schleimhautzellen des Verdauungstrakts, Haarwurzelzellen und blutbildende Zellen des Knochenmarks. Zu den häufigsten Nebenwirkungen der Chemotherapie zählen daher Übelkeit und Erbrechen, Durchfall und Haarausfall, allergische Reaktionen und erhöhte Infektanfälligkeit. Diese unerwünschten Begleiterscheinungen lassen sich jedoch heute gut abschätzen und durch entsprechende Maßnahmen lindern. Sie klingen in der Regel nach Beendigung der Chemotherapie wieder ab.

Behandlung von Knochenmetastasen

Fortgeschrittene Prostatakarzinome bilden sehr häufig Tochtergeschwulste (Metastasen) in den Knochen. Diese können starke Schmerzen verursachen. Außerdem schädigen sie den Knochen, so dass es leicht zu Knochenbrüchen kommt.

Es gibt eine Reihe von Möglichkeiten, Knochenmetastasen gezielt zu behandelt und die Schmerzen zu lindern. Dazu zählt zum einen die gezielte Bestrahlung einzelner Metastasen. Auch mit der Gabe von bestimmten radioaktiven Substanzen, die sich in erkranktem Knochen anreichern und ihn von innen bestrahlen, können Rückbildungen der Knochentumoren erreicht werden (Radionuklidtherapie, z. B. mit Radium-223, Samarium-153, Strontium-89).

Bestimmte Antikörper (Denosumab) können das Auftreten von Beschwerden aufgrund von Knochenmetastasen verzögern. Darüber hinaus kann die Behandlung mit anderen Medikamenten, die den Knochenabbau hemmen (Bisphosphonate, z. B. Zoledronsäure), das Risiko von Komplikationen durch Knochenmetastasen verringern und die Schmerzen lindern. Bisphosphonate sollten allerdings im Hormon-naiven Stadium nicht eingesetzt werden. Bei diesen Substanzen kann es in manchen Fällen zu einer Kieferosteonekrosen kommen. Das ist eine Wundheilungsstörung im Mundraum. Patienten, die Bisphosphonate oder Denosumab bekommen sollen, sollten daher schon vor Beginn der Einnahme wichtige Zahnbehandlungen vornehmen lassen und während der Behandlung eine überdurchschnittliche Mundhygiene einhalten.

Supportive und komplementäre Therapie

Tabletten auf Tisch, Quelle: © megakunstfoto - fotolia.com
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Die Behandlung von Krebserkrankungen ist nur dann effizient und sinnvoll, wenn gleichzeitig sogenannte supportive Maßnahmen prophylaktisch und therapeutisch eingesetzt werden. Die Behandlung von therapiebedingten Nebenwirkungen wie Übelkeit und Erbrechen, ferner die Schmerztherapie bei tumor- oder metastasenbedingten Schmerzen, Ernährungsumstellung und Hilfe bei psychischen und sozialen Problemen stellen eine wichtige Ergänzung zur direkten Behandlung der Tumorerkrankung dar. Zur Supportivtherapie gehört im engeren Sinne auch die gezielte Behandlung einzelner Metastasen.

Die zusätzliche – nicht alternative! – Behandlung mit pflanzlichen Präparaten kann eine Krebstherapie wirksam unterstützen und Nebenwirkungen lindern. Wichtig ist, mit dem behandelnden Arzt den sinnvollen Einsatz solcher komplementären Therapien zu beraten, da auch naturheilkundliche Präparate die Wirkung von Antihormon-, Chemo- oder zielgerichteter Therapie abschwächen bzw. deren Nebenwirkungen verstärken können.

Schmerzbehandlung

Im fortgeschrittenen Stadium einer Prostataerkrankung stehen für den Patienten häufig Schmerzen im Vordergrund. Sie beeinträchtigen seine Lebensqualität stärker als der Tumor selbst. Eine der wichtigsten Maßnahmen ist nun die wirksame Schmerzbekämpfung. Mit den heute verfügbaren Medikamenten und Methoden lassen sich Tumorschmerzen in den meisten Fällen gut lindern. Je nach Schweregrad kommen verschiedene Gruppen von Medikamenten zum Einsatz, bei sehr starken Schmerzen auch Morphium. Sie werden in der Regel in Form von Tabletten eingenommen, manche gibt es auch als Pflaster.

Wichtig: Die Schmerzen müssen nicht ertragen werden! Und: Sie müssen mit der Einnahme von Schmerzmitteln nicht warten, bis die Schmerzen auftreten, sondern der Tumorschmerz wird behandelt, BEVOR er auftritt. Dafür wird der Einnahmerhythmus so festgelegt, dass immer genügend Wirkstoff im Körper vorhanden ist, so dass keine Schmerzen auftreten.

Alternative und experimentelle Therapien

Patienten finden heute ein unüberschaubares Angebot experimenteller und alternativer Methoden. Ob Mistel- oder Thymuspräparate, ob Eigenurin- oder Eigenbluttherapie, ob Homöopathie oder extreme Diäten: Zu bewerten, ob es sich um wirksame Therapien oder um Scharlatanerie handelt, ist nicht immer einfach. Oft wird durch die Ablehnung schulmedizinischer Therapien und das Herumprobieren mit „sanfteren“, „alternativen“ Methoden wichtige Zeit verloren, so dass ein ursprünglich heilbarer Krebs metastasiert und damit zur unheilbaren Erkrankung wird. Jedoch gibt es auch immer wieder neue Behandlungsansätze, die noch nicht etabliert sind und sich noch im experimentellen Stadium befinden (z. B. Hyperthermie), die in Zukunft aber durchaus Bedeutung erlangen könnten. Auch hier gilt: Der behandelnde Arzt sollte vor dem Beginn einer alternativen oder experimentellen Therapie informiert werden. Er kann den Nutzen der Methoden ins Verhältnis setzen zu möglichen Risiken und nicht zuletzt zu den oft hohen Kosten.

Kontrolluntersuchungen

Arztgespräch, Quelle: © Alexander Raths - fotolia.com
Quelle: © Alexander Raths - fotolia.com

Beim fortgeschrittenen Prostatakarzinom dienen regelmäßige Kontrolluntersuchungen in erster Linie der Erkennung bzw. Vermeidung von Komplikationen, z. B. durch Knochenmetastasen oder durch Druck des Tumors auf umgebende Organe und Gewebe. Zusätzlich zu einer allgemeinen körperlichen Untersuchung, einer digital-rektalen Untersuchung und der Überprüfung des PSA-Wertes können auch verschiedene erkrankungsspezifische Blutwerte (Testosteron, Tumormarker) bestimmt werden. Bildgebende Verfahren, z. B. die Knochenszintigrafie, werden nur bei konkretem Verdacht auf ein Fortschreiten der Erkrankung eingesetzt.

Eine wichtige Aufgabe der regelmäßigen Untersuchungen ist es auch, mögliche Langzeit- bzw. Spätfolgen der Behandlung zu überwachen und ggf. zu behandeln, beispielsweise Osteoporose, Leberschäden, Veränderungen der Blutwerte, Diabetes oder Herzkrankheiten.

Die Intervalle der Kontrolluntersuchungen sind vom Stadium der Erkrankung abhängig.

  • Bei Patienten ohne Metastasen sind Untersuchungen im Abstand von 3-6 Monaten ausreichend.
  • Bei Patienten mit Metastasen, deren PSA unter 4 ng/ml liegt, deren Allgemeinzustand gut ist und die keine oder nur milde Symptome (z. B. Schmerzen) haben, genügen Kontrolluntersuchungen alle 6 Monate.
  • Bei Patienten im kastrationsresistenten Stadium werden die Kontrollintervalle individuell festgelegt.

 

Bei Beschwerden sollte nicht der nächste Kontrolltermin abgewartet, sondern sofort der Arzt aufgesucht werden.

(joh)

 

Quellen:

[1] Prostatakrebs-Leitlinien der European Association of Urology, Stand 2021, http://uroweb.org/guideline/prostate-cancer/
[2] Interdisziplinäre Leitlinie der Qualität S3 zur Früherkennung, Diagnose und Therapie der verschiedenen Stadien des Prostatakarzinoms, Langfassung, Stand: Mai 2021. Download unter: https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/fileadmin/user_upload/Downloads/Leitlinien/Prostatatkarzinom/Version_6/LL_Prostatakarzinom_Langversion_6.0.pdf
[3] H.-J. Schmoll. K. Höffken, K. Possinger (Hrsg.): Kompendium Internistische Onkologie, Springer Verlag 2006

 

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Fachliche Beratung

Prof. Dr. med. Jens Bedke
Stellvertretender Direktor - Klinik für Urologie Tübingen

 

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Fachliche Beratung

Prof. Dr. Christian Gratzke
Ärztlicher Direktor Klinik für Urologie Freiburg

 

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Fachliche Beratung

Prof. Dr. Kurt Miller
Klinik für Urologie, Charité - Universitätsmedizin Berlin

Letzte inhaltliche Aktualisierung am: 23.08.2021

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Zuletzt aufgerufen am: 03.10.2024 10:51