Prostatakrebs überstanden – was kommt jetzt?
Dank der verbesserten Früherkennung und moderner Diagnosemethoden können viele Prostatakarzinome heute bereits im Frühstadium erkannt werden. Sie werden mit dem Ziel der Heilung operiert oder bestrahlt.
Wenn die Behandlung abgeschlossen ist, beginnt die Nachsorge. Regelmäßige Untersuchungen sollen sicherstellen, dass Rückfälle rechtzeitig erkannt werden. Denn bei etwa drei von zehn Männern kommt es nach einer Prostatakrebs-Behandlung im Laufe der nächsten Jahre zu einer erneuten Tumorbildung, entweder am Ort der Operation („lokales Rezidiv“) oder in anderen Körperregionen (Metastasen).
Die Nachsorgephase soll spätestens zwölf Wochen nach Therapieende beginnen. Meist genügt es dabei, per Bluttest den PSA-Wert zu kontrollieren. Bleibt er stabil, sind keine zusätzlichen Untersuchungen wie z. B. Tastuntersuchung (DRU) oder Bildgebungen notwendig.
Auch die Behandlung von Nebenwirkungen und Spätfolgen der Therapie gehört zu den Aufgaben der Nachsorge, wie auch die Unterstützung des Patienten bei physischen, psychischen und sozialen Problemen.
Nachsorge* |
Zeitabstände |
Untersuchungen |
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1. und 2. Jahr |
alle 3 Monate |
PSA-Wert |
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3. und 4. Jahr |
alle 6 Monate |
PSA-Wert |
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ab 5. Jahr |
jährlich |
PSA-Wert |
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* 1. Untersuchung: 12 Wochen nach Behandlungsende |
PSA in der Nachsorge: Was tun, wenn die Werte steigen?
Das prostataspezifische Antigen (PSA) ist ein Eiweiß, das nur in der Prostata produziert wird. Da es im Krebsgewebe etwa zehnmal höher konzentriert ist als in der gesunden Prostata, weist ein erhöhter PSA-Wert (normal: bis 4 Nanogramm pro Milliliter Blut) auf eine Veränderung der Prostata hin, beispielsweise auf Krebs. Der PSA-Wert kann aber auch durch gutartige Veränderungen der Prostata oder durch Entzündungen erhöht sein. Der PSA-Wert hat nicht nur für die Früherkennung von Prostatakrebs und die Beurteilung des Risikos eines diagnostizierten Karzinoms Bedeutung, sondern ist auch ein wichtiges Instrument der Nachsorge. Je nachdem, ob und wie schnell die PSA-Werte ansteigen, kann dies ein Hinweis auf ein lokales Rezidiv oder auf das Entstehen von Metastasen sein.
Wichtig: Die Höhe des PSA-Wertes bei einmaliger Messung ist wenig aussagekräftig! Auch andere Gründe (z. B. Radfahren, sexuelle Aktivität, Infektionen, lokale Verletzungen beispielsweise durch Stoßen) können kurzfristig zu einer Erhöhung führen. Außerdem kann es sowohl nach radikaler Prostatektomie als auch nach Strahlentherapie vorübergehend zu geringfügigen PSA-Anstiegen kommen. Hervorgerufen wird dieses Phänomen („PSA-Bounce“) durch verbliebenes gutartiges Prostatagewebe. Ist der PSA-Wert bei der Nachsorge also einmal erhöht, heißt es: Ruhe bewahren, kontrollieren und nicht verrückt machen lassen!
Bei der Beurteilung der PSA-Werte in der Nachsorge muss unterschieden werden, welche Therapie initial zum Einsatz gekommen ist:
Nach einer Operation, also einer Radikalen Prostatektomie, sollte der PSA-Wert innerhalb von sechs Wochen unter die Nachweisgrenze sinken. Höhere oder wieder ansteigende PSA-Werte können auf ein erneutes Auftreten oder noch Vorhandensein von Tumorgewebe hinweisen. Von einem biochemischen Rezidiv („PSA-Progress“) spricht man nach einer Operation ab einem Wert von 0,2 ng/ml bei mindestens zwei aufeinander folgenden Messungen. Dann gilt es zu überlegen, ob eine neue Therapie eingeleitet werden sollte. Bei einer langen Zeitspanne nach der Operation und/oder langsam ansteigenden PSA-Werten kommen sowohl ein weiteres Abwarten, aber auch eine lokale Strahlentherapie oder eine Antihormontherapie in Frage. Frühe und/oder schnelle Anstiege des PSA-Wertes deuten dagegen auf eine Ausbreitung der Erkrankung (Metastasierung) hin. In diesen Fällen wird in der Regel eine Antihormontherapie eingeleitet.
Nach einer Strahlentherapie kann es – im Gegensatz zur Radikalen Prostatektomie – ein Jahr oder sogar länger dauern, bis der niedrigste PSA-Wert („Nadir“) erreicht wird.
Von einem PSA-Rezidiv spricht man, wenn der PSA-Wert bei mindestens zwei aufeinander folgenden Messungen mehr als 2 ng/ml über den tiefsten erreichten Wert (Nadir) angestiegen ist. Eine erneute Bestrahlung ist in dieser Situation nicht möglich. Auch eine Radikale Prostatektomie ist problematisch, da im bereits bestrahlten Gewebe Komplikationen der Harninkontinenz und der Impotenz häufiger auftreten. Vor einer möglichen Operation sollte eine Biopsie der Prostata erfolgen. In der Regel wird daher bei einem Rezidiv nach Strahlentherapie antihormonell behandelt. Der Patient hat aber auch die Möglichkeit, ohne Therapie weiter abzuwarten.
Welche Therapie bei ansteigenden PSA-Werten, d. h. bei einem biochemischen Rezidiv nach einer Operation oder Bestrahlung eingeleitet wird, ist also abhängig von
- dem Zeitpunkt des PSA-Anstiegs (früh oder lange Zeit nach der Therapie)
- der Höhe des PSA-Wertes (niedrige Werte sprechen für ein lokales Rezidiv, hohe Werte für eine Metastasierung),
- die Geschwindigkeit des PSA-Anstiegs (je kürzer die PSA-Verdopplungszeit, desto eher sollte mit der Behandlung begonnen werden).
Neben dem PSA-Wert spielen auch andere Faktoren eine Rolle, so zum Beispiel das Alter des Patienten, seine Lebenserwartung und Begleiterkrankungen. Denn einer möglichen günstigen Beeinflussung des Krankheitsverlaufs bei sofortigem Therapiebeginn nach einem PSA-Anstieg stehen Nebenwirkungen und eine eingeschränkte Lebensqualität gegenüber, die bei einem abwartenden Verhalten hinausgezögert oder vermieden werden können. Daher wird der behandelnde Arzt gemeinsam mit dem Patienten Vor- und Nachteile der verschiedenen Möglichkeiten abwägen.
Die Folgen der Therapie: Wenn „er“ nicht mehr will
Krebs ist eine aggressive Erkrankung, die aggressiv bekämpft werden muss. Bei jeder Krebstherapie wird leider auch gesundes Gewebe in Mitleidenschaft gezogen, und so kann es auch bei der Behandlung von Prostatakarzinomen zu unerwünschten Nebenwirkungen kommen. Neben akuten Effekten, die während oder kurz nach der Behandlung auftreten und dann wieder abklingen, gibt es auch Spätfolgen, die sich erst Jahre nach der Behandlung einstellen können.
Eine der häufigsten und besonders für jüngere Männer belastenden Nebenwirkungen der Prostatakrebs-Behandlung ist die Impotenz („erektile Dysfunktion“), die durch eine Verletzung der Potenznervenfasern, welche die Prostata direkt umgeben bedingt ist,. Auch wenn die Verbesserung der heutigen Operationstechniken die Impotenzrate von früher stark senken konnte, können auch heute noch – je nach Tumorausdehnung und Operationstechnik – 20 bis 80 von 100 Männern im Anschluss an eine Operation keine Erektion mehr bekommen oder ausreichend lang halten. Auch bei der Strahlentherapie ist Impotenz eine der häufigsten Nebenwirkungen: 25 bis 60 von 100 Männern leiden im Anschluss an die Behandlung an einer erektiler Dysfunktion.
Im Laufe der Zeit kann sich die Erektionsfähigkeit wieder bessern. Es kann aber auch passieren, dass ein Mann dauerhaft impotent bleibt. Im vertrauensvollen Nachsorgegespräch wird der Arzt dem Patienten verschiedene Wege vorschlagen, die den Geschlechtsverkehr und die sexuelle Zufriedenheit wieder ermöglichen sollen. Dazu zählen sowohl medikamentöse Therapien, als auch mechanische Verfahren oder die Implantation von Penisprothesen. Hierbei ist es wichtig zu unterscheiden, dass die Berührungsempfindlichkeit (Sensibilität) der Haut des Penis und der Eichel durch eine Bestrahlung oder Operation nicht verändert wird, auch wenn eine Impotenz auftreten sein sollte.
Nach einer Operation kommt es beim Orgasmus nicht zu einer feuchten Ejakulation mit dem Austreten von Samenflüssigkeit über die Harnröhre. Die Samenflüssigkeit wird zum überwiegenden Teil von der Prostata gebildet. Die Samenfäden (Spermien) gelangen bei der Ejakulation über den Samenleiter in die Prostata. Da bei der Operation die Prostata entfernt wird und die Samenleiter unterbunden werden, fehlt hier entsprechend das Ejakulat beim Orgasmus. Es wird daher auch von einem sog. „trockenen“ Orgasmus gesprochen. Auch nach einer Bestrahlung ist die Menge des Ejakulates verringert oder kann ganz ausbleiben.
Eine ähnlich belastende Nebenwirkung, mit weitreichenden Folgen für den Alltag und einer massiven Einschränkung der Lebensqualität, ist Harninkontinenz. Direkt nach der Operation oder der Bestrahlung kommt es bei den meisten Männern zu unkontrolliertem Harnverlust, insbesondere beim Husten oder Niesen. Dies bessert sich in der Regel nach den ersten Wochen oder Monaten. Doch es gibt auch Patienten, die dauerhaft inkontinent bleiben und Einlagen benötigen.
Patienten, die eine Bestrahlung erhalten haben, leiden nach Therapieende häufig an Durchfällen und Schleimhautentzündungen von Darm, Blase oder Harnröhre, die auch chronisch werden können. Als weitere Nebenwirkung nach radikaler Prostatektomie können Schwierigkeiten beim Entleeren der Harnblase auftreten, entstanden durch eine Verengung am Blasenhals („Anastomosenstriktur“) infolge von Narbenbildung.
Wie häufig die einzelnen Nebenwirkungen nach Prostatakrebs-Behandlungen auftreten, dazu gibt es sehr widersprüchliche Angaben. Das liegt zum einen an den unterschiedlichen Tumorstadien, die untersucht, aber auch an verschiedenen Operations- und Bestrahlungsmethoden, die angewendet wurden. Welche Vor- und Nachteile die verschiedenen Operations- und Bestrahlungsmethoden haben und welche Angaben es zur Häufigkeit der jeweiligen Nebenwirkungen gibt, können Sie in unseren Patientenleitlinien Prostatakrebs nachlesen.
Weitere Informationen:
- Leben mit Prostatakrebs
- Broschüren und Linktipps zum Prostatakrebs
- Adressen der Prostatakarzinomzentren
Quellen:
[1] Deutsche Krebsgesellschaft (Hrsg.): Patientenleitlinie „Prostatakrebs I - Lokal begrenztes Prostatakarzinom.“
[2] Deutsche Krebsgesellschaft (Hrsg.): Patientenleitlinie „Prostatakrebs II - Lokal fortgeschrittenes und metastasiertes Prostatakarzinom.“
[3] Deutsche Krebshilfe in Zusammenarbeit mit der Deutschen Krebsgesellschaft (Hrsg.): Patientenbroschüre „Prostatakrebs. Antworten. Hilfen. Perspektiven.“ (2020)
Fachliche Beratung
Prof. Dr. med. Jens Bedke
Stellvertretender Direktor - Klinik für Urologie Tübingen
Fachliche Beratung
Prof. Dr. Christian Gratzke
Ärztlicher Direktor Klinik für Urologie Freiburg
Fachliche Beratung
Prof. Dr. Kurt Miller
Klinik für Urologie, Charité - Universitätsmedizin Berlin
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Zuletzt aufgerufen am: 03.10.2024 10:51