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Magenkrebs - Therapie

Nachdem die Diagnose Magenkrebs feststeht und das Ausmaß der Krebsausbreitung bestimmt worden ist, stimmt der behandelnde Arzt mit dem Patienten ab, welche Behandlungsschritte durchgeführt werden.

Behandlungsmethoden:

 

Das wichtigste und entscheidende Verfahren zur Behandlung von Magenkrebs ist die Operation. Ziel der Operation ist es, den Tumor vollständig zu entfernen und damit die Krankheit dauerhaft zu heilen.

Als weitere Möglichkeiten stehen die Chemotherapie und in manchen Situationen auch die Strahlenbehandlung zur Verfügung.

Endoskopische Resektion

Wenn Karzinome sehr früh entdeckt werden (Größe unter 2 cm, flaches Wachstum mit einer Ausdehnung nur in der oberflächlichen Schleimhaut), so kann eine Entfernung über eine Magenspiegelung (endoskopische Resektion) ausreichend sein. Allerdings muss das entfernte Gewebe genau untersucht werden und bestimmte günstige Eigenschaften aufweisen.

Operation (chirurgische Resektion)

Ärzteteam während der Operation eines Patienten
Quelle: © Fotolia_4695767_M_OP

Ein heilender operativer Eingriff ist jedoch nicht immer möglich. Zeigt sich bei der Voruntersuchung oder nach der Eröffnung des Bauchraums, dass der Tumor bereits durch alle Wandschichten des Magens hindurch gewachsen ist oder dass der Tumor in umgebende Lymphknoten gestreut hat, sollte man zunächst versuchen, ihn durch eine Chemotherapie über einen Zeitraum von ca. 8 Wochen zu verkleinern (präoperative oder neoadjuvante Chemotherapie). In vielen Fällen ist es anschließend möglich, die Geschwulst komplett zu entfernen. In der Regel wird die Chemotherapie nach der Operation dann nochmals über 8 Wochen fortgesetzt. Ob eine solche Kombination aus Chemotherapie und Operation sinnvoll und notwendig ist, sollte heute im Rahmen einer Tumorkonferenz, d. h. in der Diskussion von Ärzten unterschiedlicher Fachdisziplinen beraten und festgelegt werden. Es ist Aufgabe des behandelnden Arztes das Für und Wider einer solchen kombinierten Behandlung mit dem Patienten ausführlich zu erörtern.

Haben sich bereits Metastasen in Leber, Bauchfell oder entfernteren Körperregionen gebildet, ist eine Heilung nicht mehr zu erzielen. Eine Operation wird dann nur im Notfall durchführt, wenn Komplikationen dies erfordern, z.B. wenn der Tumor unstillbare Blutungen verursacht. Stattdessen wird die Behandlung dann durch eine Chemotherapie erfolgen. Ob es nach einer Tumorrückbildung durch die Chemotherapie sinnvoll sein kann, den Magentumor bzw. die Metastasen operativ zu entfernen, muss erneut durch eine Tumorkonferenz geklärt und mit dem Patienten besprochen werden. Nach dem bisherigen Stand der Wissenschaft scheint dies dann sinnvoll zu sein, wenn vor der Chemotherapie die Metastasen auf Lymphknoten im Bauchraum beschränkt waren und wenn durch eine Operation nach der Chemotherapie der Magentumor und alle Metastasen komplett entfernt werden können. Die Deutsche Krebsgesellschaft führt derzeit eine Klinische Studie durch (RENAISSANCE-Studie), um den Wert einer Entfernung von Primärtumor und Metastasen nach Chemotherapie zu ermitteln.

Wenn primär (ohne Vorbehandlung) eine Operation erfolgt, kann es auch bei vollständiger Entfernung des Tumors vorkommen, dass Krebszellen im Körper zurückbleiben, sich erneut vermehren und zu einem Rückfall der Erkrankung (Rezidiv) führen. Um dies möglichst zu verhindern, können aus Sicherheitsgründen zusätzlich zur Operation noch weitere Behandlungsverfahren eingesetzt werden (sog. adjuvante Therapie). Wenn z.B. im Rahmen einer notfallmäßigen Operation keine vollständige Entfernung der umgebenden Lymphknoten erfolgen konnte, ist eine Nachbehandlung mit Chemotherapie und Bestrahlung zu empfehlen, um die Rückfallgefahr zu verringern. Auch wegen der besseren Verträglichkeit einer Chemotherapie vor gegenüber nach der Operation, sollte jedoch das therapeutische Konzept immer zu Beginn der Erkrankung, also vor einer Operation, im Rahmen einer Tumorkonferenz festgelegt werden.

Für die Auswahl des Operationsverfahrens ist die Tumorlokalisation, das TNM-Stadium und auch die histologische Klassifikation nach Laurén entscheidend.

Welche Folgen hat die Operation?

Die teilweise oder vollständige Entfernung des Magens bringt verschiedene Folgen mit sich, die vor allem den Nahrungstransport und die Verdauung betreffen. Die auftretenden Beschwerden sind individuell verschieden. So sind manche Patienten trotz vollständiger Magenentfernung nahezu beschwerdefrei, andere hingegen klagen über erhebliche Beschwerden, selbst wenn noch ein Restmagen erhalten geblieben ist.

Mögliche Symptome sind

  • Unverträglichkeit von Speisen,
  • Sodbrennen oder gar Erbrechen von Flüssigkeiten und Nahrung (Reflux),
  • Appetitlosigkeit,
  • Gewichtsabnahme,
  • Durchfall,
  • Bauchschmerzen,
  • Blähungen,
  • fettiger Stuhlgang,
  • Blutarmut (Anämie)
  • Knochenschwund (Osteoporose).

 

Eine häufige Folgeerscheinung vor allem der vollständigen Magenentfernung ist das so genannte Dumping-Syndrom (Sturzentleerung des Magens), das durch eine zu rasche Entleerung des Mageninhalts – in diesem Falle aus dem Rest- oder Ersatzmagen – in den Dünndarm bedingt ist.

Die Beschwerden lassen sich häufig durch eine geeignete Diät (fettarm, evtl. sog. MCT-Fette verwenden), durch die Einnahme häufiger und kleiner Mahlzeiten (alle 2 – 3 Stunden eine Kleinigkeit essen), durch Vermeiden unverträglicher Speisen und durch eine entsprechend angepasste Lebensweise (vor dem Essen bewegen, nach dem Essen hinlegen, aber Oberkörper hochlegen) sowie Medikamente (Bauchspeicheldrüsenfermente als Granulat zu den Mahlzeiten) behandeln. Mit der Zeit gewöhnt sich der Organismus in der Regel an die veränderten Verhältnisse. Die Verdauungsfunktionen und das Körpergewicht normalisieren sich oft wieder.

Durch den Verlust des Magens kann zudem das Vitamin B12 nicht mehr aus der Nahrung aufgenommen werden. Es ist daher nötig, das lebenswichtige Vitamin lebenslang alle drei Monate durch Zufuhr von außen (intramuskuläre Spritzen) zu ersetzen.

Chemotherapie

Chemotherapie Medikament Spritze
Quelle: © Eisenhans_Fotolia_36194830

Die Chemotherapie zielt darauf ab, Krebszellen im ganzen Körper durch zellwachstumshemmende Medikamente (Zytostatika) abzutöten. Zytostatika wirken sehr gut gegen rasch wachsende Zellen, eine Eigenschaft, die in besonderem Maße auf Krebszellen zutrifft.

Magenkarzinome werden heute allgemein als gut empfindlich für eine Chemotherapie angesehen. Eine Heilung des Magenkarzinoms allein durch die Gabe von Zytostatika ist allerdings nicht möglich. Wie oben erwähnt, ist es heute jedoch erwiesen, dass eine Chemotherapie vor (und nach) der Operation (sogenannte perioperative Therapie) ab einer bestimmten Tumorausdehnung die Heilungschance der Patienten verbessert.

Die perioperative Therapie insbesondere ihre Intensivierung durch den Einsatz von Doceetaxel hat sich aktuell als ein sehr erfolgsversprechendes Behandlungskonzept herausgestellt. Die in Deutschland entwickelte Therapie mit dem sog. FLOT-Regime wird inzwischen von Experten international als Standardtherapie angesehen. Gegenüber einer in Großbritannien entwickelten Chemotherapie (ECF- oder ECX-Regime) konnte die Heilungsrate bei Patienten mit lokal fortgeschrittenen Tumoren um weitere 9% gesteigert werden.

Zudem kann bei einem lokal fortgeschrittenen, d.h. zunächst nicht komplett entfernbaren Tumor durch eine Vorbehandlung mit Zytostatika bei etwa der Hälfte der Patienten eine Verkleinerung der Geschwulst erreicht werden (präoperative Chemotherapie). Damit ist unter Umständen anschließend die vollständige operative Tumorentfernung möglich.

Bei ausgedehnten Tumoren, die bereits Metastasen gebildet haben, hat die Chemotherapie das Ziel, die Tumorerkrankung zurückzudrängen oder das Tumorwachstum zumindest für eine gewisse Zeit zum Stillstand zu bringen und Beschwerden zu lindern (sog. palliative Chemotherapie). Allerdings ist die Behandlung nicht bei allen Patienten wirksam, so dass die Therapie sehr sorgfältig überwacht werden muss und am besten nur von Ärzten durchgeführt werden sollte, die Erfahrung in der Behandlung von Patienten mit Magenkarzinom besitzen.

Antikörpertherapie

HER2-Rezeptoren sind Bindestellen für bestimmte Wachstumsfaktoren auf der Zelloberfläche von Tumorzellen. Sie gehören zu den Faktoren, die das Wachstum der Zelle mit beeinflussen. Je mehr dieser Bindestellen vorhanden sind, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass Signale an den Zellkern weitergeleitet werden, die Tumorzellen u.a. schneller wachsen und länger leben lassen. Bei etwa 20% aller Magenkarzinome kommen diese HER2-Rezeptoren vermehrt vor („HER2-positiver Magenkrebs“).

Die Behandlung mit einem gegen HER2 gerichteten Antikörper stellt heute beim metastasierten Magenkrebs die Standardtherapie dar. Der Wirkstoff wird in Kombination mit einer palliativen Chemotherapie alle drei Wochen als Infusion verabreicht. Im Vergleich zur alleinigen Chemotherapie können so die Zeit bis zum Fortschreiten der Erkrankung und die Lebenszeit der Patienten verlängert werden.

VEGF-Rezeptoren sind Bindungsstellen für Wachstumsfaktoren auf der Zelloberfläche von Zellen, die für die Blutversorgung von Tumoren (Angiogenese) verantwortlich sind. Der gegen VEGF-Rezeptoren gerichtete Antikörper Ramucirumab kann alleine oder in Kombination mit dem Zytostatikum Paclitaxel eingesetzt werden, wenn eine Platin-haltige Chemotherapie nicht mehr wirkt.

Auch beim Magenkrebs gibt es zunehmend Untersuchungen, die eine Wirksamkeit der Immuntherapie belegen. Darunter versteht man Antikörper (sog. Immuncheckpoint-Inhibitoren), die in der Lage sind, die Blockade des Immunsystems durch Tumorzellen aufzuheben und die Abwehrzellen des Körpers wieder in die Lage zu versetzen, Tumorzellen anzugreifen und zu zerstören. Diese Antikörper können alleine oder in Kombination mit einer Chemotherapie eingesetzt werden.

Um die Wirksamkeit der Immuntherapie vorauszusagen, wird der sog. PD-L1 Status bestimmt. Dazu werden die Gewebeschnitte mit dem Tumorgewebe des Patienten speziell gefärbt, um zu erkennen, ob bestimmte Proteine (programmed cell death ligand 1 = PD-L1) vorhanden sind, die beim Informationsaustausch zwischen Abwehrzellen und Tumorzellen eine wichtige Rolle spielen. Es ist derzeit nicht sicher, welcher %-Wert des PD-L1 Status vorliegen muss, um die Wirksamkeit von Immuncheckpoint-Inhibitoren ausreichend sicher vorherzusagen. Der Einsatz der Immuncheckpoint-Inhibitoren ist beim Magenkarzinom in Europa (noch) nicht zugelassen. Die Kosten werden daher von den Krankenkassen nicht übernommen. Wenn 2 unterschiedliche Kombinationen einer Chemotherapie nicht oder nicht mehr wirken, kann der behandelnde Arzt ggf. einen Antrag auf Kostenübernahme bei der Krankenkasse stellen. Neueste Untersuchungen lassen erwarten, dass die Immuntherapie in Kombination mit Chemotherapie für die palliative Behandlung beim Magenkrebs zugelassen werden wird.

Strahlentherapie

Mann während der Bestrahlung
Quelle: © Fotolia_corbis_fancy

Strahlentherapie wird bei Magenkrebs gelegentlich eingesetzt, wenn ein Patient nicht operiert werden kann oder auf eine Chemotherapie nicht anspricht. Die Strahlentherapie dient vor allem der Schmerzbehandlung und wird zur Behandlung von Metastasen eingesetzt. Vor allem bei Knochenmetastasen, die Schmerzen und unter Umständen auch Knochenbrüche verursachen können, hat sich die Bestrahlung zur Linderung der Beschwerden bewährt.

Nach einer kompletten Tumorentfernung soll die Chemo-Radiotherapie einen Rückfall der Tumorerkrankung verhindern. Dies ist jedoch bisher nur für den Fall nachgewiesen, dass die Operation eingeschränkt, d.h. ohne Entfernung der umgebenden Lymphknoten, erfolgt ist. Die Wirksamkeit nach vollständiger Entfernung des Tumors und der umgebenden Lymphknoten ist hingegen nicht erwiesen. Außerdem liegen in unmittelbarer Nähe des Magens wichtige Organe (Darm, Leber, Lunge, Niere) die durch die Bestrahlung geschädigt werden können.

Schmerzbehandlung

Im fortgeschrittenen Stadium der Krebserkrankung stehen für den Patienten häufig die Schmerzen im Vordergrund. Sie beeinflussen sein Befinden manchmal stärker als der Tumor selbst. Eine der wichtigsten Maßnahmen ist in diesem Falle die wirksame Schmerzbekämpfung. Mit den heute verfügbaren Medikamenten und Methoden lassen sich Tumorschmerzen in den meisten Fällen gut lindern. Im Vordergrund steht die Behandlung mit Schmerztabletten. Die Schmerztherapie wird möglichst individuell auf die Schmerzsituation des Patienten abgestimmt.

Bei schmerzhaften Knochenmetastasen bringt eine gezielte Bestrahlung Linderung. Darüber hinaus kann die Gabe von Substanzen, die den Knochenabbau hemmen (Bisphosphonate), die Schmerzen lindern.

Palliativbehandlung

Ist die Erkrankung bereits so weit fortgeschritten, dass eine Heilung oder eine wirksame Tumorbehandlung nicht mehr möglich sind, kommt der so genannten Palliativtherapie besondere Bedeutung zu. Ihr Ziel ist es, die tumorbedingten Beschwerden (Schmerzen, Schluckstörung, Schwäche, Übelkeit und andere) zu behandeln und, so gut es geht, zu lindern. Besondere Erfahrung haben Ärzte, die im Bereich von Palliativstationen oder Palliativambulanzen tätig sind.

(red)


Literatur:
G. Folprecht, S. Frick: Magen- und AEG-Karzinome, in: W. Dornoff, F.-G. Hagemann, J. Preiß, A. Schmieder (Hrsg.): Taschenbuch Onkologie 2010: Interdisziplinäre Empfehlungen zur Therapie 2010/2011, Zuckschwerdt Verlag 2010, S. 148-154

Stein, D. Arnold, S.E. Al-Batran: Multimodale Therapie des lokalisierten Magenkarzinoms. Der Onkologe 2016; 22 (Heft 6): 392-399
Lorenzen, F. Lordick: Fortgeschrittenes Magenkarzinom. Status quo der systemischen Therapie und Einfluss auf die Lebensqualität. Der Onkologe 2016; 22 (Heft 6): 406-412

Onkopedia Leitlinie Magenkarzinom der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie, Stand 03/2021. http://onkopdia.com/solide tumoren/magenkarzinom (Zugriff am: 19.08.2021)

Prof. Michael Stahl Klinik Essen
Quelle: © Michael Stahl, Kliniken Essen-Mitte

Fachliche Beratung

Prof. Dr. Michael Stahl
Klinik für intern. Onkologie und Hämatologie Kliniken Essen-Mitte

Letzte inhaltliche Aktualisierung am: 03.12.2020

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