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Ernährung nach allogener hämatopoetischer Stammzelltransplantation (HSZT) (Knochenmarktransplantation und periphere Blutstammzelltransplantation)
Nach einer allogenen hämatopoetischen Stammzelltransplantation (HSZT) wird die Immunabwehr des*der Patient*innen aus therapeutischen Gründen deutlich unterdrückt. Die Patienten sind aus diesem Grund sehr infektionsanfällig, und besondere hygienische Maßnahmen müssen auch im Rahmen der Ernährung berücksichtigt werden. Die Ernährungsrichtlinien nach einer HSZT hängen stark von den individuellen Voraussetzungen ab und unterscheiden sich zwischen den einzelnen Transplantationszentren. Bezüglich der Einzelheiten der Ernährung in den verschiedenen Phasen nach der Transplantation werden Sie in Ihrem Zentrum individuell beraten.
Die allogene HSZT beinhaltet 3 Phasen.
- Die Phase der Neutropenie beginnend meist kurz vor der Transplantation, nach der Konditionierungsbehandlung und endet mit dem Anwachsen des Transplantats mit >1000/ µl weißer Blutkörperchen.
- Die zweite Phase beinhaltet die nächsten 2-3 Monate nach der Transplantation bis zum deutlichen Reduktion der immunsuppressiven Medikamente
- In den weiteren 3 Monaten nach Reduktion und Absetzen der Immunsuppressiva ist dann die dritte Phase.
Phase I: Neutropeniephase
Während dieser Phase werden Sie individuell in ihrem Transplantationszentrum beraten. Ziel ist eine keimfreie Ernährung mit ballaststoffarmer, fettarmer und laktosearmer Ernährung, die individuell von der Küche Ihres Krankenhauses zubereitet wird. Spezielle Ernährungsabsprachen sollten Sie mit dem sie betreuenden Ernährungsteam führen.
Da es Phasen geben wird, während der Sie nicht ausreichend Kalorien pro Tag zu sich nehmen können, wird voraussichtlich eine künstliche/parenterale Ernährung mit hochkalorischen Infusionen zusätzlich durchgeführt. Trotzdem sollten Sie versuchen während dieser Phase regelmäßig etwas zu essen um der Schleimhaut des Magen-Darmtraktes "Arbeit" zu geben.
Nahrungsmittel und Getränke, die Freunde und Angehörige mitbringen, bitte erst mit den Betreuenden in ihrer Klinik absprechen. Entsprechend der Verträglichkeit können auch Trinknahrungen genutzt werden.
Mehr dazu erfahren Sie in der Broschüre "Neutropenie".
Phase II: Nach der Erholung der Leukozyten
Besteht keine ausgeprägte Mund-/Darmschleimhautentzündung mehr (Mukositis) kann jetzt das Essen wieder erweitert werden. Es sollte jetzt eine keimreduzierte Kostform gewählt werden, aber mit Rücksicht auf entsprechende, individuelle Möglichkeiten und Verträglichkeiten.
Nahrungsmittel mit einem erhöhten Infektionsrisiko sollten auf alle Fälle weiterhin vermieden werden. Auch in dieser Phase ist es sinnvoll eine Ernährungsberatung durchführen zu lassen.
Da jetzt der Übergang von Klinik zur Nachsorgebehandlung im ambulanten oder stationären Bereich erfolgt, sind schriftliche Hinweise oft sehr günstig.
Entsprechend gibt es allgemeine Tipps:
- Steigern Sie die Nahrungszufuhr langsam, damit sich Magen und Darm langsam an die vermehrte Nahrungszufuhr gewöhnen können.
- Große Nahrungsmittelvolumina führen eher auch zu Übelkeit und Erbrechen, dieses sollte dringend vermieden werden.
- Verteilen Sie Ihre tägliche Nahrungsaufnahme auf mehrere kleinere Mahlzeiten.
- Achten Sie auf leichte bekömmliche Kost und meiden Sie blähende Nahrungsmittel ebenso wie schwer verdauliche, fettreiche Speisen. Patient*innen nach allogener Transplantation entwickeln häufig eine Milchunverträglichkeit, deshalb mit kleinen Mengen Milch/Tag in den ersten Wochen bis Monaten beginnen.
- Trinken Sie keinen Grapefruitsaft, er verändert die Medikamentenspiegel.
- Erweitern Sie Ihren Speiseplan bitte nur in Absprache mit dem*der betreuenden Arzt*Ärztin/Ernährungsteam.
Keimreduzierte Kost
Im Hinblick auf keimreduzierte Kost sollten Sie sowohl bei der Auswahl und Aufbewahrung der Lebensmittel als auch bei der Zubereitung der Speisen vielerlei Dinge zu beachten.
Bedenkliche Nahrungsmittel
- Roh- und Frischmilch ist oft in hohem Maße mit Keimen belastet. Auch Rohmilchkäse kann schädliche Keime (Listerien) enthalten. Da diese Keime durch Erhitzen abgetötet werden, sind pasteurisierte Milchprodukte erlaubt. Dabei ist jedoch unbedingt auf zügigen Verzehr zu achten. In den EU-Staaten muss auf dem Etikett oder dem Preisschild vermerkt sein, ob ein Käse aus Rohmilch hergestellt worden ist.
- Nehmen Sie keinen Schimmelpilzkäse (Roquefort, Camembert, Brie etc.) zu sich.
- Auch rohes Fleisch (Tatar, Mett, Carpaccio usw.) kann Krankheitserreger enthalten und ist vom Speiseplan zu streichen.
- Geflügel und Eier sind aufgrund der Gefahr der Verunreinigung mit Salmonellen zu meiden. Es ist in diesem Zusammenhang gleichgültig, ob die Eier aus Freiland- oder Massentierhaltung stammen.
- Roher Fisch (Sushi etc.) sowie Schalen- und Krustentiere können aus verschmutzten Gewässern stammen und ebenfalls mit Keimen belastet sein.
- Gemüse und Obst (frisch oder tiefgekühlt) müssen gekocht werden. Konserven hingegen brauchen bloß erhitzt zu werden. Fragen Sie ihre*n Arzt*Ärztin, ob und wann er mehr als geschältes Gemüse und Obst wieder genehmigt. Es muss in jedem Fall völlig makellos (ohne Druck- oder Faulstellen) sein und umgehend verzehrt werden.
- In Waldbeeren können die Eier des Fuchsbandwurms abgelegt sein.
- Auf Nüsse, Mandeln, Pistazien (direkt aus der Schale) und Feigen müssen Sie verzichten, weil Sie oftmals von Schimmelpilzen befallen sind.
- Auch unerhitztes Getreide (zum Beispiel Frischkornbrei), Keimlinge und Sprossen sind oft mit Pilzen belastet. Sojasoße kann u.U. mit einer Schimmelpilzart (Aspergillus) geimpft sein.
- Senf und Ketchup dürfen nur als Portionstütchen verwendet werden.
- Auch Honig, Konfitüren und Gelee sind nur in Einzelportionen (Hotelportionen) gestattet.
- Süßigkeiten müssen einzeln abgepackt sein.
- Bewahren Sie Streichfett (Butter, Margarine) portioniert im Kühlschrank auf.
- Bereiten Sie Tee und Kaffee stets mit frisch gekochtem Wasser zu.
- Getränke wie Mineralwasser, Säfte, Limonaden nach dem Öffnen rasch aufbrauchen oder sofort wieder verschließen und in den Kühlschrank stellen.
- Alkoholische Getränke nur mit ärztlicher Erlaubnis trinken.
Verpackung und Haltbarkeitsdatum
- Achten Sie auf das Haltbarkeitsdatum.
- Bei Tiefkühlkost achten Sie im Geschäft auf die Kühltemperatur (maximal -18°C). Viel Schnee und Eis sind ein Zeichen dafür, dass die Kühltemperatur zwischendurch zu hoch war und die Nahrungsmittel aufgetaut waren.
- Kaufen Sie Getreide und Getreideerzeugnisse nur vakuumverpackt. Bewahren Sie solche Produkte nach dem Öffnen verschlossen in abgedichteten Behältnissen auf.
- Brot und Backwaren sollten Sie entweder täglich frisch beim Bäcker kaufen oder aber portionsweise einfrieren. Bereits abgepackte Dauerbackwaren sind ebenfalls dem Verzehr geeignet.
- Brotbeläge dürfen nicht offen (lose) gekauft werden, sondern müssen vakuumverpackt sein. Günstig sind einzeln abgepackte Portionen.
Lebensmittelhygiene und -aufbewahrung
- Meiden Sie Nahrung, die von anderen Menschen berührt worden ist.
- Waschen Sie Ihre Hände vor jeder Speisenzubereitung und jeder Mahlzeit.
- Achten Sie auf eine saubere Küche, saubere Kochgeräte; sauberes Geschirr und Besteck. Verwenden Sie lediglich gut zu reinigende Schneidebretter (aus Resopal, Marmor, Glas) - Holzbretter sind ungeeignet.
- Essen Sie nur frisch zubereitete Speisen oder Tiefkühlkost. Wärmen Sie nichts vom Tag vorher auf.
- Halten Sie Essen nie warm und verzehren Sie keine nur erwärmten Speisen und Getränke. Bei den dabei üblichen Temperaturen von 40-60°C vermehren sich viele Mikroorganismen.
- Verzehren Sie ausschließlich völlig einwandfreie Nahrungsmittel. Achten Sie auf das Haltbarkeitsdatum.
- Einmal geöffnete, angebrochene Packungen, Flaschen, Gläser, Tüten, Dosen schnellstmöglich - am Tag des Öffnens - aufzubrauchen.
- Faule, schimmlige, übel riechende sowie farblich veränderte Nahrungsmittel sind grundsätzlich wegzuwerfen.
- Auch Reste sollten im Zweifelsfall entsorgt werden.
- Schwämme, Bürsten und Tücher, die beim Geschirrspülen zum Einsatz kommen, sind häufig mit Keimen belastet und deswegen regelmäßig auszutauschen. Bei Spülmaschinen besteht dieses Problem nicht.
Zubereitung
- Rohes Fleisch oder Fisch dürfen nicht mit anderen Nahrungsmitteln in Berührung kommen - insbesondere dann nicht, wenn diese nicht nochmals erhitzt werden.
- Tauen Sie tiefgefrorenes Fleisch oder Fisch im Kühlschrank auf. Die Auftauflüssigkeit ist wegen der hohen Keimbelastung zu entsorgen. Alle Arbeitsflächen, Behälter und Messer, die mit der Auftauflüssigkeit in Berührung kommen, sind sorgfältig mit heißem Wasser zu reinigen. Spülen Sie auch Ihre Hände gründlich.
- Geflügelfleisch und Eier sind womöglich mit Salmonellen verunreinigt. Salmonellen und andere Keime sterben erst bei einer Temperatur von 65°C ab.
- Rohe und halbgare Nahrungsmittel müssen Sie meiden. Vor allem Fleisch, Fisch und Eier müssen stets gut durchgegart sein.
- Waschen Sie Gemüse und Obst vor der Weiterverarbeitung gründlich.
- Tiefgefrorenes Gemüse wird am besten ohne vorhergehendes Auftauen zubereitet. So bleibt die Keimbelastung niedrig und die Nährstoffe erhalten.
- Abgepackte Mischsalate sollten Sie nicht verwenden, da sie häufig stark mit Keimen belastet sind.
- Gewürze und Kräuter müssen mitgekocht werden.
Essen außer Haus
Nehmen Sie außer Haus ausschließlich gekochte Speisen zu sich. Essen von offenen Imbissbuden sowie bei Festen im Freien sollten Sie vermeiden.
Phase III: Geringe Dosis oder keine Immunsuppression mehr
Nach Reduktion bzw. Absetzen der immunsuppressiven Medikation können Sie wieder zunehmend alle Speisen zu sich nehmen. Es kann aber entsprechend ihrer individuellen Situation nach Transplantation (GvHD, Zuckerkrankheit, Ausbildung von Gallensteinen, Leberbeeinträchtigung) zu individuellen Unverträglichkeiten kommen, die im Vergleich zu der Zeit vor der Transplantation nicht vorgelegen haben. Entsprechend sollten Sie Lebensmittel und Getränke, die Sie neu zu sich nehmen, in kleinen Mengen beginnen. Auch hier empfiehlt sich ein Gespräch mit der*dem betreuenden Arzt*Ärtzin.
Zusammenfassung
Diese Richtlinien sind allgemein und sollten individuell bezüglich Ihrer persönlichen Situation angepasst werden. Denn eine keimfreie Ernährung hat, laut der Deutschen Leukämie- & Lymphom-Hilfe, auch Gefahren. Da manchen das keimfreie Essen nicht schmeckt oder sie sich nur sehr eingeschränkt ernähren, kommt es nicht selten zu einer Mangelernährung und einem Gewichtsverlust der Patient*innen. Die Folge ist, dass Therapien schlechter vertragen werden, es häufiger zu Nebenwirkungen und anderen Komplikationen kommt, aber auch, dass Patient*innen häufiger an Infektionen erkranken, weil das Immunstem mit zu wenigen Nährstoffen versorgt ist. Bitte sprechen Sie deshalb wie schon mehrfach erwähnt in den einzelnen Phasen nach der Trans-plantation die Ernährungsmöglichkeiten mit ihren betreuenden Transplantationsärzten*ärztinnen und dem Ernährungsteam ab.
Quellen:
H.K. Biesalski, G. Zürcher, K.-W. Jauch, V. Beck (Redaktion): Ernährung und Krebs, in: Der Onkologe, Band 14, Heft 1, Januar 2008, S. 7-64
LEITLINIEN zur allogenen Stammzelltransplantation von der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Hämatopoetische Stammzelltransplantation und Zelluläre Therapie e. V. (DAG-HSZT). Version 1.0, Stand 2016. Abrufbar unter: https://www.dag-kbt.de/Leitlinie_zur_allogenen_SCT.html (Zuletzt abgerufen am 01.08.2022)
Keimarme Ernährung – mehr Schaden als Nutzen. Deutsche Leukämie- & Lymphom-Hilfe, DLH info 75, Stand Juni 2022. Abrufbar unter: https://www.leukaemie-hilfe.de/fileadmin/user_upload/dlh-info-blaetter/dlh_infoblatt_hygienisch_gute_Ern%C3%A4hrung_H%C3%BCbner_2022.pdf (zuletzt aufgerufen am 01.08.2022)
Weitere Informationen zu Leukämie:
Zuletzt aufgerufen am: 06.12.2024 14:55