ACHTUNG: Unsere Texte zum Thema Hirntumoren werden derzeit überarbeitet. Sie geben nicht den aktuellen wissenschaftlichen Stand wieder. In Kürze werden Ihnen die aktualisierten Informationen zur Verfügung stehen.
Strahlentherapie bei Hirntumoren
In den meisten Fällen bildet die Operation den ersten therapeutischen Schritt mit Entfernung des sichtbaren Tumors oder auch zur Entlastung, um vorliegende Beschwerden zu verringern. Bei Tumoren im Bereich der hinteren Schädelgrube wird hierdurch auch der Druck auf den Hirnstamm und die inneren Hirnwasserwege genommen. Zusätzliche bietet eine Operation die notwendige Möglichkeit, Tumorgewebe zu gewinnen, das im Labor charakterisiert werden kann. Hierbei können die Untergruppen der Hirntumoren identifiziert werden, die für eine nachfolgende Therapieentscheidung notwendig sind. So sind z.B Tumoren, die den empfindlichen Hirnstamm oder wichtige funktionstragende Hirngebiete infiltrieren, häufig nicht resezierbar.
Oft ist die Operation jedoch nicht dazu in der Lage, den Tumor verlässlich zu entfernen, ohne mikroskopisches Resttumorgewebe zu hinterlassen. Häufig zeigen Hirntumoren die Eigenschaft, in das umgebende Hirngewebe zu infiltrieren, ohne dass diese Zellverbände mit bloßem Auge während der Operation oder aber vor der Operation mit Hilfe bildgebender Verfahren entdeckt werden können. Ausgedehntere Operationen mit dem Ziel, diese möglichen Zellverbände zu entfernen, sind in der Regel unmöglich, da sonst unvertretbare neurologische Ausfälle verursacht würden.
Das wesentliche Ziel der Bestrahlung ist in diesen Situationen, etwaige verbliebene Zellverbände an weiterem Wachstum zu hindern oder aber auch sichtbares Tumorgewebe, das aufgrund der Lokalisation chirurgisch nicht vollständig entfernbar ist, zu beseitigen oder so zu behandeln, dass es nicht weiter wächst.
Hieraus resultiert in den meisten Fällen die Notwendigkeit für eine Strahlenbehandlung der sogenannten „erweiterten Tumorregion“. Das heißt, dass ausschließlich das Gebiet des ursprünglichen Tumorsitzes und Gebiete möglicher Tumorinfiltration strahlentherapeutisch behandelt werden.
Andere Tumoren des Zentralnervensystems, vorwiegend in der hinteren Schädelgrube gelegen, zeigen eine besondere Neigung zur Streuung von Tumorzellen über die Hirnwasserwege. Diese Streuungen können sich im Gehirn, aber auch im Rückenmarkskanal abspielen. Streuungen dieser Art sind chirurgisch nicht zu verhindern. Die Strahlentherapie ist dazu in der Lage, diese Gebiete des Zentralnervensystems ausreichend zu erfassen. Hierbei wird eine ausgefeilte Therapietechnik eingesetzt.
Was ist Strahlentherapie?
Die Strahlentherapie ist nach der Operation die wichtigste Behandlungsmaßnahme bei Tumoren des Zentralnervensystems. Als eigenständige Disziplin ist die Strahlentherapie (auch Radioonkologie) ein relativ junges Fach. In früheren Zeiten wurde die Strahlentherapie bzw. Radioonkologie unter dem Überbegriff „Radiologie“ geführt, die die einzelnen Disziplinen diagnostische Radiologie, Strahlentherapie und Nuklearmedizin zusammenfasste. Durch intensive Forschung von Medizinern, Biologen und Physikern hat sich in den letzten Jahren eine eigenständige Disziplin entwickelt, die in enger Kooperation mit den anderen beteiligten Fachgebieten, vor allem der Neurochirurgie und Neurologie, eine optimierte Gesamtbehandlung bei Hirntumoren erreichte.
Durch die Entwicklung moderner Bestrahlungsgeräte (Linearbeschleuniger) wurde die Voraussetzung geschaffen, auch in der Tiefe des Körpers gelegene Tumoren zu bestrahlen. Hierdurch werden Nachbarorgane und auch die Hautoberfläche weitgehend geschont. Unabdingbare Voraussetzung für die Durchführung einer optimierten Strahlentherapie ist die Einführung computergestützter Bestrahlungsplanungssysteme, die eine individuell ausgerichtete Bestrahlung erreicht, mit dem Ziel, die Heilungsraten zu optimieren und etwaige Nebenwirkungen weitestgehend zu reduzieren. Dabei wird der Patient in ein virtuelles dreidimensionales Koordinatensystem gebracht, die Strahlen fokussieren den Tumorbereich aus verschiedenen Raumrichtungen. Hierzu ist es jedoch wichtig, den Tumor exakt zu identifizieren.
Die modernen bildgebenden Verfahren sind hierzu in der Lage: Der Tumor kann von Normalgewebe exakt abgegrenzt werden, sodass sich in den letzten Jahren hochpräzise Bestrahlungstechniken entwickeln konnten. Im Gegensatz zur systemischen medikamentösen Therapie ist die Strahlentherapie eine rein lokale Maßnahme, d.h. sie wirkt nur im Bereich des Bestrahlungsfeldes. Das gilt sowohl für die erwünschte tumorzerstörende Wirkung als auch für die unerwünschten Nebenwirkungen.
Bleiben Sie auf dem Laufenden!
Möchten Sie mehr wissen über Früherkennung, Symptome, Diagnose und Therapie von Krebs? Mit unserem Newsletter zu Neuerungen bei den wichtigsten Krebsarten bleiben Sie immer auf dem Laufenden.
Abonnieren Sie unser monatliches Update hier!
Die medizinisch einsetzbare Strahlung wird heute durch hochmoderne „Linearbeschleuniger“ erzeugt. Es entsteht hierbei eine „hochenergetische Röntgenstrahlung“, die dazu in der Lage ist, in größere Körpertiefen vorzudringen. Moderne Bestrahlungsplanungssysteme können unter Zuhilfenahme der modernen bildgebenden Verfahren diese Strahlung im gewünschten Zielgebiet fokussieren. Hierbei werden unterschiedliche Strahlentherapiefelder eingesetzt, die aus unterschiedlichsten, individuell ausgerichteten Richtungen eingestrahlt werden.
Wirkweise
Strahlung ist darauf ausgerichtet in erster Linie das Tumorgewebe zu erreichen und normales, gesundes Gewebe zu schonen. Generell wird aber eine Wirkung auf das ganze lebende Gewebe ausgeübt. Jedes Gewebe, damit auch Tumor und normales gesundes Gewebe, setzt sich aus einzelnen Zellen zusammen. Normale Zellen ebenso wie Tumorzellen unterliegen einer bestimmten Zellteilung, die schließlich zu einer Gewebsvermehrung führt. Im normalen Gewebe unterliegen der Nachschub durch Zellteilung und die Absterberate durch Zellalterung einem fließenden Prozess, der sich in einem Gleichgewicht von Zellbildung und Absterben befindet. Im Tumorgewebe ist dieses Gleichgewicht gestört. Tumorzellen können ungehindert wuchern und schließlich einen Tumor bilden.
Strahlung ist dazu in der Lage diesen Zellteilungsprozess zu behindern. Tumorzellen können sich nicht mehr teilen und gehen zu Grunde. Im Gegensatz dazu können sich normale Zellen von Strahlung erholen und werden nicht abgetötet. Bei einer Strahlentherapie von Tumoren des zentralen Nervensystems wird daher gezielt Tumorgewebe zerstört und Normalgewebe geschont. Dieser Trennungseffekt zwischen Tumorzellabtötung und Zellerholung von gesundem Gewebe wird besonders gut ausgenutzt, wenn die Bestrahlung auf mehrere geringe Einzeldosen aufgeteilt wird. Daher ist eine Strahlenbehandlung sehr häufig auf mehrere Therapiewochen verteilt, an jedem einzelnen Behandlungstag werden nur kleine Mengen der Bestrahlung verabreicht.
Die strahlenbiologische Wirkung der Strahlung wird technisch ausgenutzt und optimiert durch:
- Anwendung moderner Bestrahlungstechniken und damit Schonung von Normalgewebe (möglichst geringe Dosisbelastung)
- Eine optimale Erfassung des Tumors durch Anwendung moderner Bestrahlungstechniken (möglichst hohe Dosis).
Bestrahlungsplanung und Bestrahlungsfelder
Die Auswahl der Therapiefelder orientiert sich an den biologischen Eigenschaften der Tumoren. Im Wesentlichen unterscheidet man zwei Eigenschaften. Einige Tumoren neigen dazu, ausschließlich lokal infiltrativ in das umgebende Gewebe zu wachsen und nach chirurgischer Entfernung an Ort und Stelle erneut zu wachsen (Lokalrezidiv). Zu diesen Tumoren gehören in erster Linie die Gliome, die in die niedrig- und hochmalignen Formen unterschieden werden, die Ependymome und die Kraniopharyngeome.
Andere Tumoren zeichnen sich dadurch aus, dass sie über die Hirnwasserwege metastasieren. Diese Tumorformen treten vorwiegend im Kindesalter auf. Hierzu gehören in erster Linie die Medulloblastome, die primitiv neurektodermalen Tumoren der Großhirnhemisphären (PNET) und die Keimzelltumoren, selten aber auch die malignere Variante der Ependymome. Tumoren, die außerhalb des Zentralnervensystems entstanden sind, können Absiedlungen im Hirngewebe erzeugen (Hirnmetastasen). Leukämien können sich ebenso innerhalb des Zentralnervensystems manifestieren. In diesem Fall zeigen die Leukämien Tumorabsiedlungen entlang der inneren und äußeren Hirnwasserwege innerhalb des Kopfes.
Im Wesentlichen werden daher die Zielvolumina bzw. die daraus resultierenden Bestrahlungsfelder in 3 Konzepte unterschieden.
- Strahlentherapie der erweiterten Tumorregion
- Strahlentherapie des ganzen Kopfes auch unter Einschluss der Hirnhäute (Meningen)
- Strahlenbehandlung des gesamten Liquorraumes (synonym Neuroachse/kraniospinale Achse).
Nach Auswahl der Therapiefelder bzw. notwendigen Zielvolumina wird über die korrespondierende Therapietechnik entschieden. Strahlenbehandlungen der erweiterten Tumorregion erfordern eine computergestützte Bestrahlungsplanung, die in individuellen Therapieplanungen mündet, die ihrerseits aus unterschiedlichsten individuell ausgerichteten und konfigurierten Therapiefeldern bestehen. Die Strahlenbehandlung des Ganzhirns erfolgt über zwei Therapiefelder, die seitlich eingestrahlt werden und ihren geometrischen Mittelpunkt im Zentrum des Kopfes haben (Gegenfelder mit gemeinsamer Drehachse) (Isozentrum).
Bei der Strahlentherapie des gesamten Liquorraumes erfolgt die Strahlenbehandlung des ganzen Kopfes nach der oben genannten Technik. Die Strahlenbehandlung des Rückenmarkkanals erfolgt über ein oder zwei Stehfelder, die direkt von hinten eingestrahlt werden. Die Therapiefeldgröße orientiert sich an den anatomischen Gegebenheiten, d.h. hier entsprechend der Breite des Spinalkanals. Die Therapiefelder werden mit speziellen Techniken so miteinander verbunden, dass innerhalb des gesamten Zentralnervensystems eine gleichmäßige Dosisverteilung erreicht wird. Heute werden auch zunehmend moderne computergestützte Verfahren eingesetzt, um eine exakte Feldpositionierung und Dosisberechnung zu ermöglichen.
Moderne Bestrahlungsplanungssysteme erlauben heute eine optimale Anpassung der Therapiefelder an das Zielgebiet und eine Ausblendung von Normalgewebe. Diagnostische Bildgebungen wie Kernspintomographie und Computertomographie, in Zukunft auch Positronenemissionstomographie (PET), werden in die Planungssysteme integriert und erlauben eine zuverlässige Identifizierung von Tumor und Normalgewebe. Die modernen Technologien unterliegen einer ständigen Weiterentwicklung mit der Möglichkeit, auch die Intensität der Bestrahlung innerhalb des Tumors zu modifizieren. Hierdurch wird eine weitere, individuellere Anpassung der Bestrahlungsfelder erreicht.
Formen der Strahlentherapie
Gesamtdosis und Fraktionierung, Planungszielvolumina und Bestrahlungstechnik werden bei der Behandlung von Hirntumoren wesentlich durch die Ausbreitungscharakteristik des jeweiligen Tumors, die Dosiswirkungsbeziehung des Tumorgewebes und durch die Strahlentoleranz benachbarter Risikostrukturen bestimmt. Dabei ist neben der Strahlentoleranz des Gehirns diejenige der Augenlinsen, des Chiasma opticum und der Nervi optici sowie des Hirnstamms und des Zervikalmarks besonders zu beachten. Entsprechend der Ausbreitungscharakteristik der einzelnen Tumoren werden drei grundsätzliche Volumenkonzepte realisiert:
1. Lokalbehandlung (erweiterte Tumorregion)
- Supratentorielle Tumoren
Niedrig und hochmaligne Gliome,
Optikusgliom
Kraniopharyngeome
Ependymom ohne Liquoranschluss
2. Ganzhirnbestrahlung
- Präventivbehandlung
Maligne Systemerkrankungen (Lymphoblastische Leukämien) - Hirnmetastasen
3. Behandlung des gesamten Liquorraumes (Neuroachse)
- Infratentorielle Tumoren
Medulloblastom
Ependymom
- Supratentorielle Tumoren mit Anschluss an das Liquorsystem.
Pinealistumoren (Keimzelltumoren, Pinealoblastom)
PNET
Ependymom
Einzelheiten
Bestrahlung der Tumorregion
Die Behandlung konzentriert sich auf das Tumorbett einschließlich eines Sicherheitssaums mit möglichem (mit üblichen bildgebenden Verfahren nicht nachweisbarem = subklinischem) Befall (in der Regel 2,0 cm). Zur Optimierung der Bestrahlung werden individuell computergestützte Bestrahlungspläne angefertigt, um möglichst viel umgebendes Gewebe zu schonen (z. B. bei niedrig- und hochmalignen Gliomen).
Die Anwendung individualisierter Gesichtsmasken oder Aufbisstechniken ist Grundvoraussetzung, um eine exakte Lagerung des Kopfes zu erreichen. Das zu bestrahlende Gebiet umfasst den im CT oder MRT sichtbaren Tumor unter Einschluss von Arealen mit möglicher Tumorinfiltration. Die Vorteile der computergestützten Bestrahlungsplanung sind die exakte Lokalisierung des Bestrahlungsgebiets sowie eine präzise Abgrenzung kritischer Organe wie des Hirnstamms und der Sehbahnkreuzung (Chiasma). Die Computertomographie gewinnt für die physikalische Bestrahlungsplanung zusätzlich Dichtewerte, die für die Bestrahlungsplanung notwendig sind, sodass eine individualisierte, optimale Feldanpassung und Dosisverteilung berechnet werden kann.
Stereotaktische Konformationsbestrahlungen
Eine tumorkonforme Bestrahlung, d.h. individuelle Anpassung an irregulär geformte Tumoren, wird durch die dreidimensionale Konformationsbestrahlung erreicht. Spezielle, individuelle Kollimatoren ermöglichen eine individuelle Feldanpassung und damit größtmögliche Schonung von Normalgewebe.
Stereotaktische Einzeitbestrahlung / Linearbeschleuniger-gestützte Systeme oder Gamma Knife
Das Ziel der stereotaktischen Einzeitbehandlung besteht darin, eine klinisch ausreichende Dosis innerhalb des Tumors zu applizieren und eine Mitbestrahlung normalen, umgebenden Hirngewebes auszuschließen bzw. zu minimieren.
Es können mit einer Einzeitbestrahlung gut abgegrenzte Tumoren geringer Ausdehnung exakt und hochdosiert bestrahlt werden. Die stereotaktische Einzeitbestrahlung kommt typischerweise bei einzelnen Hirnmetastasen (nicht mehr als drei Herde), Gefäßmissbildungen und gutartigen Tumoren, die vom Hörnerven ausgehen (Akustikusneurinome), zum Einsatz. Linearbeschleuniger-gestützte Systeme und das Gamma Knife unterscheiden sich lediglich in technischen Einzelheiten, nicht aber im medizinischen Einsatzgebiet. Der wesentliche technische Unterschied zwischen beiden Systemen liegt in folgendem:
Gamma Knife: Über 200 einzelne Telecobaltquellen produzieren ein Strahlungsbündel mit kleinstem Durchmesser. Die Bündel kreuzen sich in einem Punkt. Die Bündelung wird durch einen speziellen Helm erreicht.
Linearbeschleuniger-gestützte Systeme: Der erzeugte Strahl wird mit einem speziellen röhrenförmigen Aufsatz kleinsträumig eingegrenzt. Dieser Strahl wird über mehrere Kreisbögen geführt und konzentriert sich in einem definierten Schnittpunkt (Isozentrum). Hierdurch wird eine maximale Fokussierung erreicht (wie in einem Brennglas).
Ganzhirnbestrahlung (unter Einschluss der Meningen, sog. „Helmfeld“)
Die Bestrahlung erfolgt über zwei seitliche Felder, die um 180 Grad aufeinander stehen. Das Zielgebiet umfasst bei Metastasen die Hirnstrukturen, bei Leukämien aber auch die äußeren Hirnwasserräume, die sich entlang der äußeren Hirnhäute (Meningen) erstrecken. Letztere Gebiete müssen häufig in das Therapiefeld integriert werden, da hier Tumorzellen (vorwiegend beim Medulloblastom, Keimzelltumoren und bei Leukämien) über den Hirnwasserfluss verschleppt werden können. Eine unzureichende Erfassung ist daher mit einem erhöhten Risiko für einen Rückfall der Tumorerkrankung verbunden, sodass sich eine besonders sorgfältig durchgeführte Bestrahlungstechnik entscheidend auf die Behandlungsergebnisse auswirkt. Durch spezielle Blenden wird das übrige Gewebe des Kopfes (Augen/Gesichtsbereich, Mundhöhle und Rachen) aus dem Bestrahlungsfeld herausgelassen.
Strahlenbehandlung der Neuroachse
Das Gehirn und der Spinalkanal werden bei Tumoren mit spinaler Aussaat bestrahlt (Medulloblastom, Keimzelltumoren, Lymphome). Sie besteht im Wesentlichen aus der „Helmtechnik“ (siehe oben) und daran anschließenden spinalen Bestrahlungsfeldern. Eine reproduzierbare Lagerung mit entsprechenden Fixationshilfen bildet die Voraussetzung für eine exakte Feldeinstellung. Anschließend erfolgt in der Regel eine lokale Strahlentherapie des ursprünglichen Tumorsitzes. Diese Bestrahlungstechnik entspricht üblicherweise der o.g. Vorgehensweise.
Welche Dosis wird verabreicht?
Die für eine Tumorvernichtung notwendige Dosis richtet sich nach der Strahlenempfindlichkeit des entsprechenden Tumors. Hochmaligne Gliome benötigen eine Dosis bis 60 Gy, niedrig maligne Gliome zwischen 45 und 54 Gy. Bei Hirnmetastasen wird üblicherweise das gesamte Gehirn bis 30 Gy bestrahlt. Je nach klinischen Umständen und ursprünglicher Tumorart können die Dosisverschreibungen aber individuell angepasst variieren. Das Medulloblastom im Bereich der hinteren Schädelgrube erhält 54-55 Gy, die Ependymome eine Dosis von mindestens 54 Gy. Die zusätzliche prophylaktische Behandlung des gesamten Liquorraumes muss auch die Strahlenempfindlichkeit des normalen Gewebes berücksichtigen, vor allem bei Kindern unterhalb des 6. Lebensjahres. Die notwendigen Dosierungen bewegen sich zwischen 12 und 18 Gy bei Leukämien, 24 bis 30 Gy bei Keimzelltumoren und 24 bis 36 Gy beim Medulloblastom.
Vor Beginn der Radiotherapie wird die Höhe der Einzeldosis, die Enddosis und die Anzahl der einzelnen Gaben (=Fraktionen) vom Radioonkologen festgelegt. In der überwiegenden Mehrheit orientiert sich das vorgesehene Bestrahlungskonzept an bestimmten Standards oder an den entsprechenden Therapieprotokollen für die Behandlung von Hirntumoren, vor allem im Kindesalter. Die Dosiskonzepte unterliegen daher auch einer weiteren Erforschung mit dem Ziel, höhere Heilungschancen zu erreichen, gleichzeitig aber auch etwaige Nebenwirkungsrisiken zu reduzieren.
Die notwendige Dosis, die gegeben werden muss, orientiert sich prinzipiell an folgenden Punkten:
- Der notwendigen Tumordosis, d.h. welche Dosis ist notwendig, um den Tumor wirksam zu bekämpfen.
A) Üblicherweise ist für die Behandlung eines sichtbaren Tumors eine höhere Dosis notwendig als für Gebiete, in denen man eine unsichtbare Tumorausdehnung vermutet (Strahlenbehandlung des ganzen Kopfes nach operativer Entfernung von einer Hirnmetastase). Die Beseitigung der sichtbaren Hirnmetastase erfordert dagegen eine höhere Dosis (Radiochirurgie).
B) Die einzelnen Tumorarten sind unterschiedlich strahlenempfindlich. - Aufteilung der Gesamtdosis in mehrere Einzeldosen mit geringer Höhe
- Die Toleranz des normalen umgebenden Gewebes muss beachtet werden, d.h. die Dosisbelastung von besonderen Hirngebieten wie der Sehbahnkreuzung oder des Hirnstammes darf nicht überschritten werden.
- Die Dosisbemessung erfolgt nach speziellen physikalischen Einheiten, die nach dem Physiker L.H. Gray (Abkürzung: Gy) benannt worden sind.
Zur Orientierung kann grob gesagt werden:
Je kleiner die Einzeldosis, um so besser ist die Verträglichkeit der Therapie. Wenn große Felder ausgewählt werden, wie z.B. bei der Behandlung der Neuroachse, werden üblicherweise geringere Einzeldosen gegeben. Bei Gabe von niedrigen Einzeldosen wird zudem die Erholungsfähigkeit von normalem Gewebe besser ausgenutzt und damit das Risiko für bleibende Spätkomplikationen vermindert. Hier kann zur Erläuterung folgende Beobachtung herangezogen werden:
Sonnenstrahlung erzeugt bei richtiger Exposition eine normale unauffällige Bräunung der Haut. Setzt man sich allerdings einmalig über lange Zeit Sonnenstrahlungen aus, kommt es zu einem Sonnenbrand. Werden die Zeiten der Sonnenexposition verkürzt und auf viele Tage verteilt, wird die Fähigkeit der Zellen gefördert, Pigment zu bilden, das zu einer Bräunung führt. Die normalen Zellen und das Hautgewebe werden dazu in die Lage versetzt, auf die Sonnenstrahlung zu reagieren und einen Bräunungsvorgang in Gang zu setzen. Dadurch wird das „Sonnenbad“ verträglich. Konsequenterweise ist die Gabe der Strahlentherapiedosis in vielen, zeitlich voneinander getrennten Einzelsetzungen erheblich schonender als die Gabe einer hohen Einzeldosis.
Bestrahlungsgeräte
Bestrahlung von außen (externe oder perkutane Strahlenbehandlung)
Diese Form der Strahlenbehandlung ist bei Behandlung von Tumoren des zentralen Nervensystems mit Abstand die häufigste. Die Bestrahlung wird von speziellen Therapiegeräten erzeugt. Die erzeugte Strahlung wird in Therapiefelder geformt und dringt von außen in das innere des Körpers ein.
Bestrahlung „von innen“
Diese Behandlungsmethode kommt nur selten zum Einsatz. In speziellen, ausgewiesenen Zentren werden stereotaktisch geführt, radioaktive, kleinste „Körner“ (engl. „seeds“) eingepflanzt. Die heutigen stereotaktischen Techniken erlauben eine hochpräzise Platzierung der „seeds“ bzw. Durchführung dieser Behandlung. Die wesentliche Eigenschaft der radioaktiven Substanz (in der Regel Jod 125), der steile Dosisabfall zur Peripherie hin, wird hierdurch optimal genutzt. Der steile Dosisabfall bedeutet, dass in unmittelbarer Nachbarschaft der „seeds“ die höchste Dosis verabreicht wird, in wenigen Millimeter Entfernung aber so gut wie keine Dosis mehr abgegeben wird. Hierdurch wird das umgebende Gewebe maximal geschont. Für diese Behandlung kommen jedoch nur Tumoren beschränkter Größe und an bestimmter Lokalisation und nur besondere Tumortypen in Frage (niedrig maligne Gliome).
Welche Bestrahlungsgeräte werden bei der Radiotherapie von außen eingesetzt ?
Die ersten Geräte, die bei der Anwendung von Röntgenstrahlung zum Einsatz kamen, waren einfache Röntgentherapiegeräte. Der Nachteil dieser Geräte lag darin, dass sich die Strahlung an der Oberfläche des Körpers konzentrierte und in die Tiefe kaum eine sinnvolle Dosis gelang. Erst die Einführung der Kobaltgeräte Anfang der 50er Jahre eröffneten den Weg zur Tiefenbestrahlung.
Heute werden Kobaltgeräte nur noch sehr selten eingesetzt. Die modernen technischen Entwicklungen haben inzwischen leistungsfähigere, technisch ausgereifte und zuverlässige Therapiegeräte hervorgebracht: die Linearbeschleuniger. In diesen Linearbeschleunigern werden ultraharte Röntgenstrahlen produziert, die dazu in der Lage sind in tiefe Körperregionen einzudringen und die Oberfläche zu schonen. Unter Verwendung moderner computergestützter Bestrahlungsplanungssysteme können diese Therapiefelder individuell angepasst, gebündelt und gezielt verabreicht werden. Diese Eigenschaften werden vor allem bei der Bestrahlung von Tumoren des Zentralnervensystems genutzt.
Sicherheit der Bestrahlungsgeräte
Die modernen Linearbeschleuniger sind technisch kompliziert aufgebaut und erfordern eine regelmäßige Wartung. Spezielle Maßnahmen zur Qualitätssicherung, die in fest vorgeschriebenen täglichen, wöchentlichen und jährlichen Zeiträumen erfolgen, gewährleisten eine sichere Strahlenbehandlung auf einem gleichbleibend hohen Qualitätsniveau. Diese umfangreichen Qualitätssicherungsmaßnahmen, die vorwiegend von Physikern, im Einzelfall auch von Ingenieuren, durchgeführt werden, gewährleisten für jeden Patienten eine sichere Therapie.
Sicherheit der Bestrahlung
Außerdem sind ähnlich wie in der Luft- und Raumfahrt zusätzliche spezielle Sicherungsmechanismen eingeführt worden, um einen korrekten Therapieablauf sicherzustellen. Hierzu gehört die computergestützte Erfassung der Patientendaten und der Bestrahlungsdaten wie Feldgröße, Einstrahlrichtung, Einzeldosis sowie Enddosis. Vor Inbetriebnahme des Linearbeschleunigers erfolgen zusätzliche Kontrollmessungen. Somit ist bei den modernen Geräten nahezu ausgeschlossen, dass eine fehlerhafte Strahlenbehandlung durchgeführt wird.
Der Therapieplan wird zu Beginn der Bestrahlung mit Verifikationen überprüft. Die geplanten Therapiefelder werden mit einer Röntgenaufnahme verglichen, die mit dem therapeutischen Bestrahlungsfeld gewonnen wurde. Hiernach kann eine Feinabstimmung der Therapiefelder erfolgen. Heute werden zunehmend elektronische Systeme zur Feldverifikation eingesetzt, „Portal imaging“. Darüber hinaus wird jeder Schritt der Strahlenbehandlung genaustens dokumentiert. Mit dieser Dokumentation können auch nach Jahrzehnten Strahlenbehandlungen bis ins Detail nachvollzogen werden.
Was ist eigentlich ein Linearbeschleuniger (für besonders Interessierte)?
Linearbeschleuniger sind technisch äußerst kompliziert aufgebaute Geräte. Prinzipiell werden in ihnen Elektronen produziert. Diese Teilchen sind negativ geladen und werden in einer speziellen Röhre mit Hochvakuum bis zur Lichtgeschwindigkeit in eine Richtung beschleunigt (=Linearbeschleuniger). Am Ende dieser Beschleunigungsstrecke werden sie mit Magneten in eine ganz bestimmte Richtung ausgelenkt. Es besteht nun die Möglichkeit, diese Elektronen direkt medizinisch zu nutzen oder aber sie dazu einzusetzen, die sonst übliche elektromagnetische Photonenbestrahlung zu erzeugen. Hierbei werden die Elektronen auf ein Ziel gelenkt, das aus einem wassergekühlten Metall besteht. In diesem Target werden die eigentlichen Photonen erzeugt. Je größer die Energie der erzeugten Elektronen, desto höher ist die Energie der dadurch verursachten Photonenstrahlung. Prinzipiell wirken Elektronen vorwiegend an der Oberfläche. Bei den Tumoren des Zentralenervensystems spielen sie eine untergeordnete Rolle. Die Photonen, die dazu in der Lage sind, in tiefe Körperregionen einzudringen, sind für Hirntumoren relevant. Je höher die Energie der Photonen, desto größer ist deren Eindringtiefe.
Behandlungsablauf
Einführungsgespräch
Operative Maßnahmen erfolgen in der entsprechenden Neurochirurgischen Klinik. Anschließend wird häufig in gemeinsamen Besprechungen in der Klinik das Gesamtbehandlungskonzept festgelegt. Hierdurch ergibt sich eine enge Kooperation zwischen neurochirurgischer Klinik, neurologischer oder internistischer Klinik und Klinik für Radioonkologie. Zur Bestimmung des geeignetsten Gesamtbehandlungskonzepts sind zusätzliche diagnostische Maßnahmen notwendig, die im Einzelfall nach den aktuellen Erfordernissen bzw. Erkrankungs- und Tumorsituationen modifiziert werden.
Als Basis dient in den meisten Fällen eine kernspintomographische Diagnostik vor und nach der Operation von der Region des Zentralnervensystems, in der sich der Tumor entwickelt hat. Bei Tumoren, die zu Absiedlungen über die Hirnwasserwege neigen, ist auch eine bildgebende Diagnostik des Rückenmarkkanals notwendig. Bei diesen Tumoren ist zudem eine Gewinnung von Hirnwasser erforderlich, um etwaige versprengte Tumorzellnester zu entdecken (Liquorpunktion). Neben der körperlichen Untersuchung unter Einschluss einer speziellen neurologischen Untersuchung können im Einzelfall auch zusätzliche Untersuchungen wie EEG (Elektroenzephalographie), weitere Röntgendiagnostikverfahren, selten Angiographien eingesetzt werden. In Einzelfällen kann auch die Positronenemissionstomographie (PET) eingesetzt werden.
Bei Keimzelltumoren ist die laborchemische Bestimmung der „Tumormarker“ im Serum und auch im Hirnwasser notwendig (bHCG, AFP). Ist schließlich die Bestrahlung ein Bestandteil des Behandlungskonzepts, müssen dem Radioonkologen sämtliche Behandlungsunterlagen zur Verfügung gestellt werden (Operationsbericht, Pathologiebericht, Bildgebung, Befunde, Arztbriefe usw.). Die Unterlagen bilden die Grundvoraussetzung, eine korrekte Bestrahlung planen und besprechen zu können.
Aufklärungsgespräch
Das Aufklärungsgespräch ist darauf ausgerichtet, mit den Betroffenen und deren Angehörigen die Behandlungsziele, den Ablauf der Behandlung und nähere Einzelheiten zu besprechen, die während und nach der Strahlenbehandlung zu beachten sind. Hierbei stehen die akuten Nebenwirkungen und Therapiefolgen im Vordergrund. Die Gespräche werden individuell ausgerichtet und berücksichtigen die aktuell vorliegenden Erkrankungsbedingungen und vor allem die individuell vorgesehenen Einzelheiten zur Strahlenbehandlung. Hierauf abgestimmt werden zusätzlich allgemeine Verhaltungsweisen während der Strahlentherapie erörtert.
Während dieses Gespräches sollten offene Fragen angesprochen werden und vor allem soll das Gespräch darauf ausgerichtet sein, etwaige Sorgen und Ängste abzubauen. Der Radioonkologe händigt dem Patienten einen Aufklärungsbogen aus, in dem die Einzelheiten stehen, die bei der Radiotherapie beachtet werden müssen und in dem die Nebenwirkungen erläutert werden. Diese können prinzipiell während einer Strahlentherapie auftreten, aber auch erst als Spätkomplikationen Monate bis Jahre nach Ende der Strahlentherapie entstehen. Der Aufklärungsbogen dient auch als Einverständniserklärung und muss vor der Bestrahlung von den betroffenen Patienten unterschrieben werden.
Im Aufklärungsbogen werden auch seltene theoretische Nebenwirkungen beschrieben, ähnlich wie in einem Beipackzettel für Medikamente. Auch sehr seltene, wenn auch gravierende Nebenwirkungen müssen erwähnt werden. Aufgrund der Fülle der Informationen, die innerhalb eines Einführungs- und Aufklärungsgespräches vermittelt werden, hat es sich als hilfreich erwiesen, wenn Familienangehörige bzw. Vertrauenspersonen an diesem Gespräch teilnehmen. Während dieses Gespräches sollten Unklarheiten angesprochen und erläutert werden. Weitere Fragen und Sachverhalte können auch während der Strahlenbehandlung beantwortet bzw. geklärt werden.
Vorbereitungen zur Strahlentherapie
Eine exakte Therapieplanung ist notwendig, um eine möglichst hohe Dosis im Bereich des Tumors und eine möglichst niedrige Dosis im umgebenden gesunden Gewebe zu applizieren. Hierdurch werden bei optimaler Heilungschance die Nebenwirkungen so gering wie möglich gehalten. Je nach Tumorerkrankung und deren biologischem Verhalten können dazu unterschiedliche Vorbereitungen nötig werden.
1. Computergestützte Bestrahlungsplanung
Um eine optimale Bestrahlungstechnik zu ermöglichen, kann es notwendig sein, zuvor eine Computertomographie des Kopfes, gelegentlich auch des Spinalkanales, durchzuführen. Bei dieser Computertomographie wird darauf geachtet, dass sie genau in derjenigen Position durchgeführt wird, wie die anschließende Bestrahlung. Daher werden zu diesem Zeitpunkt auch die notwendigen Hilfsmittel (so gennante Lagerungshilfen wie z.B. Kopfmasken) angefertigt und für jeden einzelnen Patienten angepasst. Die Computertomographie wird üblicherweise ohne intravenöses Kontrastmittel durchgeführt, je nach Fragestellung kann es aber auch notwendig sein, zusätzlich Kontrastmittel zu geben.
Wesentliches Ziel der Computertomographie ist es, einen dreidimensionalen Volumensatz für die computerunterstützte Bestrahlungsplanung zu erreichen. Durch die Computertomographie werden mit Hilfe von Röntgenstrahlen physikalische Dichtewerte gewonnen, mit denen der Physiker die Dosisverteilung innerhalb des Kopfes bzw. Rückenmarkkanales exakt berechnen kann. Ferner liefert die Computertomographie eine exakte Darstellung der anatomischen Gegebenheiten, im Einzelfall auch der Tumorausbreitung. Die Bilder der computergestützten Bestrahlungsplanung und die darin enthaltenen Daten werden üblicherweise direkt in den Bestrahlungsplanungscomputer eingelesen. Der Strahlentherapeut zeichnet anschließend millimetergenau das gewünschte Zielvolumen ein. Arzt und Physiker ermitteln mit Hilfe des Computers die günstigste Feldanordnung. Gleichzeitig wird eine exakte Dosisberechnung erreicht, d.h. die notwendige Bestrahlungszeit, um die definierte Dosis in einer bestimmten Tiefe zu erreichen. Ferner können die einzelnen Therapiefelder individuell so modelliert werden, dass eine exakte Anpassung an das gewählte Zielvolumen erreicht wird. Die Therapiefelder schneiden sich in einem definierten Schnittpunkt, der dem Zentrum der Rotationsachse des Beschleunigers entspricht. Dieser Drehpunkt bzw. Schnittpunkt der Strahlung wird auch Isozentrum genannt. Die physikalische Dosisberechnung, die Feldanordnung und die Dosisverteilung werden nach internationalen Standards festgelegt, dokumentiert und üblicherweise von einem zweiten Physiker überprüft. Hierdurch wird eine Sicherheit der Bestrahlung auf hohem Niveau gewährleistet.
2. Simulation
Der sogenannte Simulator entspricht einem Röntgengerät, das dieselben geometrischen Eigenschaften aufweist wie das Bestrahlungsgerät. Das Gerät ist um 360° drehbar, sodass Therapiefelder aus unterschiedlichsten individuellen Einstrahlrichtungen nachgestellt (simuliert) werden können. Unter Durchleuchtung wird dann die zu bestrahlende Region („Zielvolumen“) so eingestellt, dass diese optimal erfasst und die Umgebung so weit wie möglich geschont wird. Diese Methode wird heute sehr oft durch eine CT-gestützte Bestrahlungsplanung ersetzt.
Umsetzung eines computergestützten Bestrahlungsplanes
Wurde ein computerunterstützter Bestrahlungsplan berechnet, wird dieser mit Hilfe des Durchleuchtungsgerätes auf die Maske übertragen. Üblicherweise wird die Lage des Isozentrums, um das sich die Therapiefelder anordnen, übertragen. Für die exakte Übertragung befindet sich im Simulator ein dreidimensionales Lasersystem, das die Lage dieses Isozentrums auf die Maskenoberfläche abbildet. Dieses dreidimensionale Koordinatensystem erlaubt eine exakte Positionierung und Definition der Lage der Therapiefelder. Dieses Lasersystem befindet sich auch in jedem Bestrahlungsraum. Hierdurch wird eine exakte Positionierung der Felder erreicht. Während der Simulation werden die einzustrahlenden Therapiefelder unter Durchleuchtung eingestellt und ein Röntgenbild erstellt, ein Simulationsfilm. Insgesamt ist für den Patienten und die Mitarbeiter der Strahlentherapie die Simulation der zeitaufwendigste Teil der Behandlung. Hier muss Maßarbeit geleistet werden, die Geduld erfordert. Die Bestrahlungsfelder und die Lage des Isozentrums werden dann zum Abschluss der Simulation mit speziellen Farben auf der Maske markiert.
Die Bestrahlungsunterlagen und auch die Simulationsfilme müssen 30 Jahre aufbewahrt werden, damit die Einzelheiten der Strahlentherapie auch später bei Bedarf jederzeit nachvollzogen werden können.
Bei Bestrahlung der Neuroachse wird üblicherweise eine direkte Einstellung der Therapiefelder durchgeführt. Die Bestrahlung erfolgt in Bauchlage. Die Strahlenbehandlung des Kopfes erfolgt über 2 seitliche Felder und die Behandlung des Rückenmarkskanals über 1 oder 2 Felder direkt von hinten. Unter Durchleuchtung kann die exakte Positionierung der Therapiefelder bestimmt werden. Anschließend erfolgen die Dokumentation auf Simulationsfilmen und die Einzeichnung der Therapiefelder auf der Gipsschale bzw. auf der Haut des Rückens. Die zusätzlichen Lagerungsmarkierungen des Lasers werden ebenfalls angebracht und eingezeichnet. Heute werden zunehmend computergestützte Bestrahlungsplanungen für die Strahlenbehandlung des gesamten Liquorraumes eingesetzt. Hierbei bewährt sich zunehmend die Rückenlage mit einer Fixierung des Kopfes durch die übliche Gesichtsmaske.
Auf eine Einzelheit ist besonders zu achten
Bei computergestützter Bestrahlungsplanung oder Simulation werden üblicherweise spezielle Markierungen an der Haut angebracht. Diese Markierungen sind für die exakte Einstellung der Therapiefelder am Bestrahlungsgerät notwendig und dürfen nicht entfernt werden. In den meisten Fällen werden sie mit Hilfe von Pflastern abgedeckt. Diese Markierungen sollten nicht abgewaschen werden. Bei fehlender Markierung muss ggf. die Therapieplanung wiederholt werden. Manchmal werden auch kleine Punkte in die Haut tätowiert, diese halten etwas länger und können durch Abwaschen nicht entfernt werden. Sie sind aber so klein, dass sie nur ein erfahrenes Auge sehen kann.
Durchführung der Strahlentherapie
Die eigentliche Bestrahlungsdauer pro Sitzung ist üblicherweise sehr kurz. Die rein physikalische Gabe der Dosis pro Bestrahlungsfeld liegt üblicherweise im Sekunden- bzw. Minutenbereich. Die überwiegende Zeit wird für die Lagerung mit Anpassung der Gesichtsmaske oder die Verwendung anderer Lagerungshilfen und die Einstellung der Bestrahlungsfelder benötigt. Die 1. Bestrahlung benötigt häufig die meiste Zeit, da im Einzelfall wichtige Kontrollmaßnahmen von dem Physiker und dem Arzt bzw. der Medizinisch Technischen Assistentin durchgeführt werden. Zur 1. Bestrahlungsplanung werden auch Röntgenbilder mit dem therapeutischen Strahl gewonnen, die Verifikationen, die im Einzelfall vor Gabe der 1. Bestrahlung von einem Arzt oder Physiker überprüft werden. Hierbei wird das aktuell applizierte Therapiefeld mit dem geplanten Therapiefeld verglichen. Ggf. kann eine Feinjustierung der Therapiefelder notwendig werden. Erst nach Abschluss dieses Prozesses wird schließlich die Bestrahlung vom Arzt und Physiker frei gegeben. Die Einzelheiten wird Ihnen das Medizinische Personal erläutern können.
Üblicherweise wird an 5 Tagen pro Woche bestrahlt. Die Bestrahlung erfolgt 1 x täglich. In seltenen Fällen kann es auch zu 2 Bestrahlungen pro Tag kommen („Hyperfraktionierung“). In einigen Fällen können auch weniger Sitzungen pro Woche appliziert werden. Während der Bestrahlungsserie erfolgen in regelmäßigen Abständen Kontrollen der Therapiefelder mit Anfertigung von Verifikationsfilmen.
Lebensweise während der Strahlentherapie und Nebenwirkungen
Lebensführung
Üblicherweise ist das akute Nebenwirkungsrisiko unter der Strahlentherapie so gering, dass eine Einschränkung des täglichen Lebens nur selten notwendig ist. Vor allem während der Frühlings- und Sommermonate sollte jedoch darauf geachtet werden, direkte Sonneneinstrahlung zu vermeiden. Einer Kopfbedeckung sollte der Vorzug gegeben werden. Ebenso sollten auch Schwimmen oder Saunagänge während der Behandlungszeit und ca. 4-6 Wochen danach nicht durchgeführt werden. Weitere Einzelheiten bespricht der betreuende Radioonkologe mit dem Patienten. Die übliche Nebenwirkung der Bestrahlung ist die Hautrötung verbunden mit einer trockenen Schuppung im Bereich der Therapiefelder. Sie hängt von der Dosis und der Therapietechnik ab und kann erheblich variieren. Gleichzeitig tritt häufig ein Haarausfall auf, ausschließlich dort, wo Strahlung die Haarwurzeln erreicht.
Beide Nebenwirkungen bilden sich nach Abschluss der Bestrahlung meist zurück. Selten kommt es zu bleibenden Hautveränderungen, Braunverfärbung, „Besenreißern“ oder einer Verdünnung und Verhärtung des Unterhautgewebes. Bleibender Haarausfall kann dort auftreten, wo eine Operationsnarbe liegt oder wo eine Aufsättigung eines Tumorgebiets erfolgte. Vorübergehend können auch Kopfschmerzen mit Übelkeit und Erbrechen auftreten. Vorübergehende Gaben von Kortison beseitigen diese Probleme rasch. Liegt der Schlund und die Speiseröhre im Bereich der Austrittspforten der Therapiefelder, kann es vorübergehend zu Schluckbeschwerden und Heiserkeit kommen. Die Risiken für Nebenwirkungen müssen je nach individueller Bestrahlungstechnik und Dosierung mit dem Radiotherapeuten besprochen werden. Diese Nebenwirkungen, die unter Bestrahlung bzw. kurz danach auftreten, werden von den Spätfolgen getrennt, die Monate bis Jahre nach Abschluss entstehen können.
Wichtig
Therapienebenwirkungen treten nur dort auf, wo die Strahlung verabreicht wird. Fernwirkungen gibt es nicht.
Hautpflege
Spezielle Hautpflegemaßnahmen sollten mit dem Strahlentherapeuten abgesprochen werden. Die Haut im Bestrahlungsfeld darf ausschließlich mit Substanzen gepflegt werden, die vom Strahlentherapeuten verordnet wurden. Mechanische Reize im Bereich der bestrahlten Haut sollten vermieden werden. Ob und wie intensiv die bestrahlte Haut gewaschen werden darf, sollten Sie bitte mit dem Arzt besprechen.
Nachsorge und Spätfolgen
Bei Abschluss der Bestrahlung erfolgt üblicherweise eine Kontrolluntersuchung. Hierbei werden das therapeutische Ergebnis, die etwaigen Nebenwirkungen unter Therapie und das weitere Vorgehen besprochen. Hierzu gehören auch die weiteren möglicherweise notwendigen Medikamente, die Hautpflege und die Lebensweise. In Einzelfällen kommen zusätzliche Chemotherapien in Frage. Häufig wird ein kurzfristiger Kontrolltermin anberaumt, vor allem dann, wenn bei Abschluss der Radiotherapie Nebenwirkungen festzustellen sind. Die weitere Nachsorge erfolgt interdisziplinär, d.h. in Zusammenarbeit mit den Kollegen der Neurochirurgie und der Neurologie. Es erfolgen regelmäßige Nachsorgeuntersuchungen, die auch teilweise innerhalb spezieller Behandlungsprotokolle nach bestimmten Rhythmen vorgeschrieben sind.
Innerhalb des Nachsorgeprogrammes ist es notwendig, dass der betreuende Radioonkologe den betroffenen Patienten mindestens 1 mal pro Jahr sieht. Langfristige Therapiefolgen können auch noch nach Jahren auftreten und von Kollegen, die keine radioonkologische Fachausbildung erhalten haben, fehlgedeutet werden. Nicht selten können Rückfälle als Therapiefolge fehlverstanden werden. Ausschließlich der Radioonkologe verfügt über die Ausbildung und Erfahrung, etwaige Nebenwirkungen rechtzeitig zu erkennen und notwendige Therapiemaßnahmen einzuleiten.
Spätfolgen
Spätfolgen sind ein komplexes Thema und werden von den akuten Nebenwirkungen getrennt. Mit zunehmenden Heilungsraten tritt das Risiko für Spätfolgen immer weiter in den Vordergrund. Wesentliches Ziel derzeitiger Entwicklungen auf dem Gebiet der Therapiekonzepte ist die Senkung des Risikos für Therapiefolgen. Mögliche Therapiefolgen müssen eingehend mit dem Strahlentherapeuten besprochen werden, da für jeden Patienten ein sehr unterschiedliches Risiko besteht. Das Muster an möglichen Spätfolgen ist häufig ein Mischbild von folgenden Faktoren:
- Tumor
- Hirndruck
- Operation
- Strahlentherapie
- Chemotherapie / Systemtherapie (antikonvulsive Medikation).
Beeinträchtigung des Hormonhaushaltes (Schilddrüse, Nebennieren – Wasserhaushalt und Blutsalzkonzentrationen, Geschlechtsfunktion, Wachstumshormon)
Hierbei wird die zentrale Steuerung der Hormonbildungen gestört, indem die Hirnanhangsdrüse und benachbarte Hirnareale, die ihrerseits die Hirnanhangsdrüse steuern, in ihrer Funktion beeinträchtigt werden. Hormonstörungen sind ein sehr komplexes und kompliziertes Gebiet. Eine regelmäßige Überwachung durch fachkundige Ärzte ist notwendig, um rechtzeitig Ausfälle zu erkennen, die heute durch entsprechende Medikamente ausgeglichen werden können.
Hirnleistung
Dieser Punkt ist ebenso kritisch und wichtig, wie auch in den Erfahrungen widersprüchlich.
Generell gilt: je größer das Therapiefeld im Bereich des Kopfes, je höher die Dosierung, vor allem die Einzeldosis und je mehr zusätzliche Chemotherapien gegeben werden, umso höher ist das Risiko für Beeinträchtigungen der Hirnleistungsfähigkeit. Hinzu kommt die häufig eingesetzte antiepileptische Therapie. Es gibt etliche Untersuchungsserien, die keinen Einfluss der Bestrahlung auf die Hirnleistungsfähigkeit zeigten, aber auch Serien, die einen negativen Effekt nachweisen konnten. Das Risiko für Therapiefolgen dieser Art ist individuell je nach Alter, Krankheits- und Therapiekonstellation sehr unterschiedlich und muss eingehend mit dem Strahlentherapeuten besprochen werden. Vor allem bei Kindern sind etwaige Änderungen bei Hirnleistungen wichtig. Für diese Fragestellung muss in jedem Fall ein Kinderarzt mit einbezogen werden.
Die auslösenden Faktoren sind in der Regel sehr komplex und hängen häufig eng zusammen. Lang bestehender erhöhter Hirndruck und operative Komplikationen können allein bereits einen erheblichen, bleibenden Abfall der Hirnleistungsfähigkeit verursachen. Der Tumor an sich kann ebenfalls zu Störungen führen. Vor allem die Gabe von bestimmten chemotherapeutischen Substanzen (z.B Methotrexat), aber auch die Gabe von Antiepileptika kann eine ausgesprochene Gefahr für Hirnveränderungen bedeuten.
Quellen:
Tonn Jörg-Christian et al: Oncology of CNS Tumors, Springer Verlag 2010
Quelle und Copyright: Neuroonkologische Arbeitsgemeinschaft (NOA)
Link zur NOA: www.neuroonkologie.de
Aktuell | Informativ | Kompetent – wichtige Infos zum Thema Krebs nicht verpassen!
Für medizinisches Fachpublikum sowie für Patient*innen und Interessierte: Bleiben Sie auf dem Laufenden mit dem monatlichen Newsletter des ONKO-Internetportals!
Weitere Basisinformationen zum Hirntumor:
Zuletzt aufgerufen am: 11.10.2024 17:31