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Brustkrebs - Strahlentherapie
Wie wirkt die Strahlentherapie bei Brustkrebs?
Neben Operation und medikamentöser Behandlung ist die Strahlen- bzw. Radiotherapie die am häufigsten angewendete Therapieform bei Frauen mit Brustkrebs.
Durch hoch dosierte ionisierende Strahlung (z. B. Röntgenstrahlen) wird das Erbmaterial der bestrahlten Zellen geschädigt – das von gesunden genauso wie das von verbliebenen Krebszellen. Krebszellen verfügen jedoch nicht über ein so gut funktionierendes Reparatursystem wie normale Zellen. Darum können bei ihnen die durch die Strahlung entstandenen Schäden nicht behoben werden – die Zelle stirbt ab.
Bei wem wird die Strahlentherapie eingesetzt?
Die Strahlentherapie wird nach der Operation, d. h. adjuvant, eingesetzt, um gegebenenfalls nicht entfernte Tumorzellen zu zerstören und so einen Rückfall zu verhindern.
Nach einer brusterhaltenden Operation ist die Bestrahlung der kompletten verbliebenen Brust derzeit Standard, weil dadurch die Wahrscheinlichkeit eines Wiederauftretens des Krebses (Rezidiv) in der Brust deutlich gesenkt werden kann. In risikoarmen Einzelfällen - wenn die Patientin über 70 Jahre alt ist, einen kleinen Tumor hat, der HR-positiv und HER2-negativ ist, ohne Lymphknotenbefall und sie zusätzlich eine endokrine Therapie erhält – kann auf eine Bestrahlung verzichtet werden.
Nach einer Mastektomie muss häufig nicht bestrahlt werden. Eine Bestrahlung erfolgt hier nur bei sehr großen Tumoren, wenn der Tumor trotz dieser Operation nicht komplett entfernt werden konnte, wenn ein erhöhtes Rezidivrisiko besteht oder wenn mehr als drei Lymphknoten befallen sind. Wenn ein bis drei Achsellymphknoten befallen sind, der Tumor aber ein niedriges Risiko aufweist, kann auf die Radiotherapie der Brustwand verzichtet werden.
In seltenen Fällen – bei niedrigem Rezidivrisiko - reicht ein Teilbrustbestrahlung aus, bei der nur der tumortragende Teil der Brust bestrahlt wird. Dies kann während der Operation erfolgen, oder auch in den Tagen danach.
Eine primäre oder alleinige Strahlentherapie (ohne Operation) wird nur eingesetzt, wenn nicht operiert werden kann (z. B. bei inoperablem Tumor oder aufgrund schwerer Begleiterkrankungen) oder wenn die Patientin eine Operation ablehnt.
Wurden in den Lymphknoten der Achselhöhle Metastasen gefunden, die Lymphknoten jedoch nicht ausgeräumt oder bei verbliebenen Tumorreste in der Achselhöhle werden die Lympknotenstationen ebenfalls bestrahlt – je nach Befund in der Achselhöhle, am Schlüsselbein oder sehr selten in der Region um das Brustbein. Die Lymphabflusswege werden bei nachgewiesenem Befall der Lymphknotenstationen mit bestrahlt. Ist die Achselhöhle betroffen, wird die Notwendigkeit dazu individuell geprüft.
Bei fortgeschrittener Erkrankung wird die Strahlentherapie auch zur Behandlung von Metastasen eingesetzt. Hier wird die Bestrahlung dann im Gegensatz zu der adjuvanten Radiotherapie nicht mehr zur Heilung angewandt, sondern zur Linderung von Symptomen wie Schmerzen.
Wie läuft die Strahlentherapie ab?
Die Bestrahlung sollte möglichst schnell nach der Operation beginnen – sobald die Wunde verheilt ist, also frühestens nach drei Wochen, spätestens nach acht Wochen. Bei zusätzlicher Chemotherapie beginnt die Bestrahlung wegen der Gefahr verstärkter Nebenwirkungen zeitlich verzögert nach dem Ende der Behandlung mit den Zytostatika. Antihormon- und Antikörpertherapien wie auch die Therapie mit Immuntherapeutika, CDK4/6-Inhibitoren oder Capecitabin können dagegen gleichzeitig mit der Strahlentherapie durchgeführt werden. Vorsicht ist allerdings geboten bei der Gabe der Antikörper Trastuzumab/Pertuzumab gleichzeitig zur Bestrahlung der Lymphabflusswege neben dem Brustbein, da hier auch das Herz teilweise mit bestrahlt wird. Bei diesen beiden Wirkstoffen treten Herzerkrankungen gehäuft auf.
Wie lange und mit welcher Dosis bestrahlt wird, richtet sich nach der individuellen Situation der Patientin. Üblicherweise dauert die Behandlung drei bis sechs Wochen. Während dieser Zeit kommt die Patientin an mehreren Tagen pro Woche zur Bestrahlung in die Klinik oder die Strahlentherapiepraxis. Wenn noch eine Zusatzbestrahlung („Boost“) gemacht wird, verlängert sich die Behandlung um zwei Wochen.
Eine solche Zusatzbestrahlung hat sich in Studien als vorteilhaft zur Rezidivreduktion in allen Altersgruppen erwiesen - für jüngere Patientinnen mehr als für ältere. Fachgesellschaften empfehlen daher den Boost dringend für alle Patientinnen im Alter von 50 Jahren oder jünger und für Patientinnen über 50 Jahre, wenn ein erhöhtes Rückfallrisiko oder histologische Risikofaktoren bestehen. Jeder Fall wird dabei aber individuell besprochen. Die einzelne Bestrahlung dauert nicht lange, und es wird jeweils nur ein kleiner Teil der gesamten Dosis verabreicht. So wird dem gesunden Gewebe (v. a. der Haut) immer wieder Zeit gegeben, sich zu erholen.
Externe Bestrahlung
Meist wird von außen durch die Haut („perkutan“) bestrahlt. Modernste Technologie erlaubt heute eine sehr präzise Bestrahlung, so dass im gewünschten Bereich – dem Tumor – eine hohe Strahlenkonzentration erreicht wird, ohne dem umliegenden gesunden Gewebe zu schaden. Erreicht wird dies mit Geräten, die aus verschiedenen Richtungen Strahlen senden, die aber nur dort, wo die Strahlen sich überschneiden, ihre zellschädigende Wirkung entfalten. Bestrahlt wird immer die gesamte Brust. Insbesondere junge Frauen und Patientinnen mit erhöhtem Rückfallrisiko profitieren von einer zusätzlichen Boost-Bestrahlung, bei der das ehemalige Tumorareal mit einer erhöhten Dosis („Boost“) behandelt wird.
Brachytherapie
Alternativ zum externen Boost kann auch eine Brachytherapie (brachy = griech. „kurz, nah“) erfolgen. Bei diesem auch „interne Strahlentherapie“ genannten Verfahren wird in kurzer Narkose über kleine Plastikkatheter eine radioaktive Substanz direkt an das Gebiet des ehemaligen Tumors gebracht. Diese Katheter können auch schon während der Brustoperation gelegt werden und verbleiben dann für die Dauer der Bestrahlung. Typischerweise erfolgt eine solche Strahlentherapie über fünf Tage mit zweimal täglicher Bestrahlung.
Intraoperative Bestrahlung (IORT)
Die intraoperative Bestrahlung ist eine Ergänzung zur externen postoperativen Bestrahlung und verkürzt deren Zeit, ersetzt diese aber nicht. Bei dieser Art der Bestrahlung, die direkt nach der Entfernung des Tumors und vor dem Verschließen der Wunde erfolgen kann, wird die Strahlenquelle direkt in das verbliebene Tumorbett gebracht. Dann erfolgt die Bestrahlung mit einer sehr hohen Dosis („Boost“). Nach der Wundheilung schließt sich die Bestrahlung der gesamten Brust an.
Welche Nebenwirkungen hat eine Strahlentherapie?
Die Strahlentherapie ist heute dank verschiedener technischer Verbesserungen präziser und verträglicher als früher. Der Tumor in der Brust wird gezielt bekämpft, während benachbarte Organe wie Lunge oder Herz weitgehend geschont werden. Dennoch ist eine externe Strahlentherapie vor allem für die Haut im bestrahlten Bezirk sehr belastend. Die Bestrahlung kann ähnliche Folgen haben wie ein schwerer Sonnenbrand: Schmerzhafte Rötungen bis hin zu Blasenbildung und auch Haarausfall kommen vor, auch im längeren Verlauf nach Abschluss der Bestrahlung.
Um die bestrahlten Hautpartien zu schonen, sollten die Patientinnen während der Dauer der Behandlung keine enge Kleidung tragen und auf die Anwendung reizender Pflegemittel verzichten. Außerdem sollte die Haut keiner starken Wärmeeinwirkung (z. B. Sonnenbaden, Sauna) ausgesetzt werden. Rückfettende und kühlende Pflegelotions lindern die Beschwerden beim Auftreten von Juckreiz oder Rötungen.
Belastend bei der Strahlentherapie können auch die möglichen Nebenwirkungen Übelkeit und Erbrechen sein. Häufigkeit und Stärke dieser unerwünschten Begleiterscheinungen sind abhängig von der Dosis, dem Ort und der Art der Bestrahlung. Generell tritt Übelkeit bei der Strahlentherapie aber weniger häufig auf als bei einer Chemotherapie. Es gibt wirksame Medikamente, sogenannte Anti-Emetika, mit denen Übelkeit bekämpft werden kann. Auch eine angepasste Ernährungsweise kann hilfreich sein.
Werden Lymphknoten bestrahlt, erhöht sich das Risiko für einen Lymphstau (Lymphödem) in der Brust oder im Arm.
Quellen:
AGO Empfehlungen „Diagnosis and Treatment of Patients with Primary and Metastatic Breast Cancer”, Stand: März 2021:
https://www.ago-online.de/leitlinien-empfehlungen/leitlinien-empfehlungen/kommission-mamma
Patientenratgeber zu den Empfehlungen der AGO Kommission Mamma, Stand: 2019: https://www.ago-online.de/fileadmin/ago-online/downloads/AGO_Brustkrebs_2019.pdf
Interdisziplinäre S3-Leitlinie für die Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms, Langversion 4.4, Stand: Juni 2021: https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/mammakarzinom/
Fachliche Beratung
Prof. Dr. med. Diana Lüftner ist ärztliche Leitung und Chefärztin der Immanuel Klinik Märkische Schweiz mit Schwerpunkt Hämatologie, Onkologie und Tumorimmunologie. Ihr Schwerpunkt liegt auf dem Gebiet der soliden Tumore, insbesondere des Mammakarzinoms in allen Erkrankungsstadien, der gastrointestinalen Tumore sowie der Supportivtherapie.
Immanuel Klinik Märkische Schweiz
Fachliche Beratung
Prof. Dr. med. Volkmar Müller ist Stellvertretender Klinikdirektor mit Leitung der konservativen gynäkologischen Onkologie und der onkologischen Tagesklinik im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE). Er ist Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtenhilfe mit Schwerpunkt Palliativmedizin und Medikamentöse Tumortherapie.
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE)
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Prof. Dr. med. Anton Scharl ist Direktor der Frauenklinik der Kliniken Nordoberpfalz AG. Er leitet zudem das zertifizierte Brustzentrum und das Perinatalzentrum.
Kliniken Nordoberpfalz AG
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Zuletzt aufgerufen am: 07.10.2024 15:25