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Brustkrebs - Chemotherapie
Chemotherapien werden oft mit einer unheilbaren Erkrankung in Verbindung gebracht. Das ist nicht richtig. Chemotherapien werden nicht nur bei fortgeschrittenen Tumoren, sondern auch im Frühstadium (neoadjuvant, d. h. vor der Operation, oder adjuvant, d. h. nach der Operation) eingesetzt, wenn die entsprechende Indikation besteht. Dabei sollen winzigste Tumorabsiedlungen, sogenannte Mikrometastasen, in anderen Organen zerstört werden. Weil deren Existenz auch mit modernen bildgebenden Verfahren nicht nachgewiesen und daher auch nicht sicher ausgeschlossen werden kann, wird eine „vorbeugende“ Chemotherapie Patientinnen mit entsprechender Risikokonstellation empfohlen. Dadurch kann das Rückfall- und Sterberisiko nachweislich gesenkt werden.
Bei wem wird die Chemotherapie eingesetzt?
Nur Patientinnen mit frühem Brustkrebs und sicher nachgewiesen niedrigem Rückfallrisiko kann eine Chemotherapie erspart werden. Dies betrifft vor allem Hormonrezeptor-positive, HER2-negative Patientinnen ohne Lymphknotenbefall, bei denen eine rein endokrine Therapie ausreichend ist. Biomarkerverläufe und Gentests können ggf. helfen, diese Patientinnengruppe sicher zu identifizieren.
Allen anderen Patientinnen mit Brustkrebs im Frühstadium wird heute eine vorbeugende Chemotherapie empfohlen, unabhängig von ihrem Alter:
- Patientinnen mit einem Hormonrezeptor-positiven, HER2-negativen Brustkrebs und hohem Rückfallrisiko (z. B. Lymphknotenbefall mehr als drei Lymphknoten, hoher Entartungsgrad etc.) erhalten erst eine Chemo- und danach eine antihormonelle Therapie. Es wird hier eine sogenannte dosisdichte, also eine intensivierte, Therapie empfohlen.
- Patientinnen mit einem HER2-positiven Brustkrebs erhalten eine Chemotherapie in Kombination mit einer gegen HER2 gerichteten Antikörpertherapie mit Trastuzumab (und ggf. Pertuzumab). Dabei kann die systemische Behandlung auch schon vor der Operation durchgeführt bzw. begonnen werden (neoadjuvant). Besteht bei diesen Patientinnen ein hohes Risiko und erfolgt die Therapie bereits neoadjuvant, so wird ergänzend zu Trastuzumab zusätzlich der weitere HER2-gerichtete Antikörper Pertuzumab gegeben. Patientinnen mit einem Triple-negativen Brustkrebs (Hormonrezeptor- und HER2-negativ) erhalten ebenfalls eine Chemotherapie, die ggf. neoadjuvant erfolgen kann. Es wird hier ebenfalls eine dosisdichte Chemotherapie empfohlen. Die Therapie wird vor und nach der Operation mit dem Checkpointinhibitor Pembrolizumab ergänzt.
Neoadjuvanz: Chemotherapie vor der Operation
Die Therapien vor Operation, also neoadjuvant, gewinnen immer mehr an Bedeutung, denn sie haben viele Vorteile. So können sofort nach Diagnose eventuell vorhandene, aber noch nicht entdeckte winzige Metastasenherde bekämpft werden. Außerdem wirkt die Behandlung auch auf den Tumor in der Brust und in den Lymphknoten. Es kann dadurch zu einer Tumorschrumpfung kommen, die eine brustschonendere Operation möglich macht. Statt einer Mastektomie ist dann möglicherweise eine brusterhaltende Operation möglich. Studien haben gezeigt, dass eine deutliche Rückbildung des Tumors in 80 bis 90 Prozent der Fälle erreicht werden kann und eine vollständige Vernichtung aller Tumorzellen in bis zu 75 Prozent.
Generell wird allen Patientinnen, die bei Diagnose aufgrund der Charakteristika des Tumors aus der Biopsie und der klinischen Parameter bereits eine sichere Indikation zu einer Chemotherapie haben, diese schon vor Operation empfohlen. Insbesondere sind das Brustkrebs-Patientinnen mit besonders großen bzw. schnell wachsenden Tumoren, die zunächst nicht operabel sind, oder auch bei inflammatorischen (entzündlichen) Karzinomen, da in diesem Fall der Tumor im Brustgewebe durch eine alleinige Operation nicht ausreichend kontrolliert werden kann. Aber auch Patientinnen mit Triple-negativem (also Hormonrezeptor-negativem und HER2-negativem) und HER2-positivem Brustkrebs sollten eine neoadjuvante Behandlung erhalten. Ein Vorteil ist auch, dass bei einer neoadjuvanten Therapie rasch beurteilt werden kann, ob die ausgewählten Chemotherapeutika wirken. Bildgebende Verfahren zeigen, wie der Tumor auf die Behandlung anspricht. Wenn der Tumor durch die Therapie komplett verschwindet, ist dies ein besonders positiver Marker für den weiteren Verlauf. Operiert werden muss aber aktuell trotzdem, um das komplette Verschwinden des Tumors nachzuweisen.
Sollte in der neoadjuvanten Therapie der Tumor nicht gut ansprechen, also nicht ausreichend schrumpfen, so kann noch eine sogentannte postneoadjuvante Therapie vor der Operation anschliessen. Z. B. kann Triple-negativer Brustkrebs mit Capecitabin behandelt werden oder HER2-positive Tumoren mit einem sogenannten Antikörper-Wirkstoff-Konjugat Trastuzumab-Emtansin (T-DM1). Beim triple-negativem Mammakarzinom würde man das Capecitabine dann unter guter Kontrolle mit Pembolizumab kombinieren. Bei Nachweis eines erblichen Brustkrebses (BRCA-Mutation) kann sich ggf. eine Behandlung mit dem PAPR-Inhibitor Olaparib anschließen.
Auch bei Patientinnen mit fortgeschrittenem Brustkrebs kommen Chemotherapien zum Einsatz:
- wenn durch den Befall von Organen eine akut lebensgefährliche Situation besteht oder die Erkrankung sehr schnell fortschreitet,
- wenn die Patientin deutliche Symptome in Folge der Metastasen hat und/oder ein Organversagen droht,
- wenn der Tumor Hormonrezeptor-negativ ist und auch sonst keine speziellen Tumoreigenschaften (molekularen Marker) hat,
- wenn antihormonelle Therapien bei einem Hormonrezeptor-positiven Krebs nicht mehr wirken.
Welche Medikamente werden eingesetzt?
Bei einer Chemotherapie werden Wirkstoffe verabreicht, die die Vermehrung der Tumorzellen hemmen und deshalb als Zytostatika („Zellstopper“) bezeichnet werden. In erster Linie handelt es sich um Substanzen, die eine normale Zellteilung verhindern. Ihre Wirksamkeit an den Zellen ist umso höher, je schneller sich diese vermehren. Da Krebszellen in der Regel eine hohe Vermehrungsrate haben, sich also schnell teilen, sind sie gegenüber der Chemotherapie empfindlicher als gesunde, sich langsam oder gar nicht teilende Körperzellen. Gesunde Körpergewebe mit hoher Teilungsrate, wie die Schleimhaut des Magen-Darm-Traktes oder die Haarwurzelzellen, werden allerdings oft vorübergehend in Mitleidenschaft gezogen – es kommt zu den typischen Chemotherapie-Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen und Haarausfall.
Es gibt verschiedene Gruppen von Zytostatika, die in unterschiedliche Phasen des Zellzyklus eingreifen. Bei Brustkrebs kommen folgende Wirkstoffklassen zum Einsatz:
- Anthrazykline, z. B. Doxorubicin, Epirubicin,
- Alkylantien, z. B. Cyclophosphamid,
- Antimetabolite, z. B. Fluorouracil/5-FU, Capecitabin , Methotrexat, Gemcitabin,
- Platinderivate, z. B. Carboplatin, Cisplatin,
- Mitosehemmer,
- Taxane, z. B. Paclitaxel, Docetaxel, Nab-Paclitaxel,
- Vinca-Alkaloide, z. B. Vinorelbin,
- Halichondrin-B-Analoga, z. B. Eribulin
Bewährt hat sich in der adjuvanten Therapie bei frühem Brustkrebs eine Kombination der verschiedenen Wirkstoffe und Wirkmechanismen, die sogenannte Polychemotherapie. Dadurch erhöht sich die Chance, dass viele Tumorzellen zerstört werden. Die Kombinationsmöglichkeiten tragen Namenskürzel wie EC–P (Epirubicin + Cyclophosphamid gefolgt von Paclitaxel). Es existiert eine große Vielfalt dieser „Regimen“ und ständig werden neue Kombinationen, Dosierungen und Zeitpläne untersucht, so dass heute jede Patientin eine speziell für sie passende Chemotherapie erhalten kann, die individuell auf ihr Rückfallrisiko und mögliche Begleiterkrankungen zugeschnitten ist.
Hat ein Tumor die entsprechenden biologischen Eigenschaften, wird die Chemotherapie mit zielgerichteten Ansätzen kombiniert.
Für welchen Wirkstoff oder für welche Kombination man sich entscheidet, muss für jede Patientin mit fortgeschrittenem Brustkrebs individuell abgewogen werden. Die Vorteile sollten in jedem Fall die Nachteile (Nebenwirkungen) überwiegen. Nicht zuletzt spielen dabei auch persönliche Wünsche und Prioriäten eine wichtige Rolle.
In der fortgeschrittenen oder metastasierten Situation werden Polychemotherapien nur bei schnellem Tumorwachstum oder starken Beschwerden angewendet, da sie mit vermehrten Nebenwirkungen im Zusammenhang stehen. In der metastasierten Situation steht die Verlängerung des Überlebens bei guter Lebensqualität im Vordergrund. In der Regel kommen daher bei Hormonrezeptor-negativen Tumoren verträglichere Monochemotherapien mit einzelnen Wirkstoffen zum Einsatz. Die Kombinationen einer Chemotherapie mit zielgerichteten Substanzen haben in der Regel gute Wirksamkeiten und Lebensverlängerungen bei guter Lebensqualität gezeigt. Wichtig ist hier die Besprechung in einer Tumorkonferenz, möglicherweise eine erneute Untersuchung der Tumorklassifikation und vor allem der Patientenwunsch.
Wie läuft eine Chemotherapie ab?
Zytostatika werden meist als Infusion über eine Vene verabreicht. Sie verteilen sich über das Blut im ganzen Körper und können so etwaige gestreute Krebszellen in allen Organen „aufspüren“ und zerstören. Eine Chemotherapie wird in der Regel in mehreren Zyklen durchgeführt. Innerhalb eines Zyklus werden die Medikamente an einem oder mehreren Tagen hintereinander verabreicht. Anschließend erfolgt eine Behandlungspause, die unterschiedlich lange (Tage oder Wochen) andauern kann. Bei einer dosisintensivierten oder dosisdichten Therapie wird diese Behandlungspause verkürzt, z. B. von drei Wochen auf nur zwei Wochen. In der Pause sollen sich die gesunden Zellen von den Auswirkungen der Therapie erholen, wozu sie im Allgemeinen besser in der Lage sind als Krebszellen. Die Durchführung der Chemotherapie in Zyklen ermöglicht es außerdem, Tumorzellen in unterschiedlichen Phasen zu erfassen. So können beispielsweise Tumorzellen, die sich während des ersten Behandlungszyklus in einer Ruhephase befinden, oft in einem späteren Zyklus durch die Medikamente beeinflusst werden, wenn sie wieder teilungsaktiv sind.
Werden Zytostatika als Infusion verabreicht, ist ein Zugang über eine Vene nötig. Da die wiederholten Einstiche in die Armvenen oft als sehr unangenehm empfunden werden und die Zytostatika außerdem zu Reizungen der engen Armvenen führen können, ist das Anlegen eines sogenannten Port-Systems möglich. Hierbei wird unterhalb des Schlüsselbeins ein mit einer unter der Haut platzierten kleinen "Kammer“ Zugang zum Gefäßsystem geschaffen. Ein Schlauchsystem führt über die Venen direkt in die großen Blutgefäße vor dem Herzen, wo die Medikamente aufgrund der größeren Blutmengen weniger Schaden anrichten können. Das Port-System schränkt die Patientinnen in ihrer Beweglichkeit nicht ein. Zudem können Venen auch „platzen“ und die Chemotherapie kann in das umliegende Gewebe gelangen und schädigen („Paravasat“). Dieses kann beim Port-System in der Regel nicht passieren – es ist somit deutlich sicherer.
Für Patientinnen mit metastasiertem Brustkrebs stehen auch orale Chemotherapien und zielgerichtete Therapien, also die Behandlung mit Tabletten zur Verfügung. Das hat verschiedene Vorteile: Eine orale Chemotherapie erspart den Patientinnen ggf. die häufigen Wege zur Klinik und mögliche Beschwerden durch die Infusionen.
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Welche Nebenwirkungen hat eine Chemotherapie?
Obwohl sich eine Chemotherapie in erster Linie gegen Krebszellen richtet, werden immer auch gesunde Körperzellen in Mitleidenschaft gezogen. Insbesondere Zellen, die sich sehr schnell vermehren, sind gefährdet. Dazu gehören die blutbildenden Zellen des Knochenmarks, die Schleimhautzellen des Magen-Darmtraktes und die Haarwurzelzellen.
Häufige Nebenwirkungen der Chemotherapie sind:
- anhaltende Erschöpfung und Müdigkeit (Fatigue),
- Übelkeit und Erbrechen,
- Durchfall, Appetitlosigkeit, Entzündungen der Mundschleimhaut, Schmerzen beim Schlucken,
- Haarausfall,
- Hautausschlag, Veränderungen der Finger- und Zehennägel
- Störungen der Blutbildung mit Blutarmut (Anämie),
- erhöhte Infektanfälligkeit (Immunschwäche durch eine Neutropenie – Abnahme der weißen Blutkörperchen),
- erhöhte Blutungsneigung (durch Reduktion der Blutplättchen, die sogenannte Thrombozytopenie),
- Gefühlsstörungen an Händen und Füßen (Neuropathie)
- vorübergehende Störungen geistiger Funktionen, z. B. Konzentrationsschwäche und Beeinträchtigung der Merkfähigkeit,
- Herzmuskelschwäche (Herzinsuffizienz),
- erhöhte Anfälligkeit für spätere Tumoren des blutbildenden Systems (Leukämien)
- Schädigung der Eierstöcke und Entwicklung einer Eierstocksinsuffizienz (Verlust der Periode, Wechseljahresbeschwerden, Unfruchtbarkeit)
Nebenwirkungen können unmittelbar nach Beginn der Chemotherapie einsetzen, aber auch mit einer zeitlichen Verzögerung von Tagen, Wochen oder sogar Monaten. Die meisten sind vorübergehend und klingen nach dem Ende der Chemotherapie ab. Welche Nebenwirkungen auftreten und in welchem Umfang, hängt in erster Linie von der Art und Dosis der eingesetzten Wirkstoffe, der Behandlungsdauer sowie der körperlichen Verfassung der Patientinnen ab. Für die individuelle Entscheidung zu einer passenden Therapie ist es wichtig, dass die Ärztin oder der Arzt alle Vorerkrankungen und Krankheitsrisiken kennt und sich ein umfassendes Bild vom Gesundheitszustand der Patientin machen kann. Bestimmte Wirkstoffklassen müssen dann möglicherweise aufgrund ihres Nebenwirkungsspektrums ausgeschlossen werden. Berichten Sie auch während der Therapie Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt genau über die beobachteten Veränderungen an Ihrem Körper.
Nebenwirkungen der Chemotherapie bekämpfen
Die meisten Nebenwirkungen einer Chemotherapie können heute durch begleitende therapeutische Maßnahmen (Supportivtherapie) wirksam verhindert oder gemildert werden. So werden Medikamente gegen Übelkeit und Erbrechen oder zur Minderung von Gefühlsstörungen manchmal auch schon prophylaktisch verabreicht.
Die Behandlung mit Taxanen führt in manchen Fällen zu Nervenschädigungen, sogenannten Chemotherapie-induzierten Neuropathien (CIPS). Diese führen oft zu unangenehmen bis schmerzhaften Gefühlsstörungen, vorzugsweise in Händen und Füßen. Diese können sehr belastend sein, auch weil sie oft auch nach Abschluss der Behandlung noch andauern. Als Vorbeugung können gegebenenfalls enge Latexhandschuhe oder Kompressionsstrümpfe getragen werden oder eine gezielte Nervenstimulation durch Training durchgeführt werden. Diskutieren Sie das am besten mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt. Behandelt wird CIPS meist systemisch mit Schmerzmitteln oder Antidepressiva behandelt.
Anthrazykline hingegen haben vermehrt Herzerkrankungen zur Folge. Patientinnen mit Risikofaktoren für Herzprobleme (höheres Alter, höheres Körpergewicht, Bluthochdruck, hohe Blutfettwerte, Herz-Vorerkrankungen, hoher Blutzucker) sollten daher gut überwacht werden und möglicherweise liposomal verpacktes Doxorubicin (der Wirkstoff ist hier in einer Lipidschicht eingeschlossen) erhalten, das weniger Herz-Nebenwirkungen hat.
Eine drohende Immunschwäche aufgrund des Abfalls der weißen Blutkörperchen (Neutropenie) mit erhöhter Infektanfälligkeit kann durch regelmäßige Blutkontrollen frühzeitig erkannt werden. In einem solchen Fall ist es möglich, entsprechende Vorsichtsmaßnahmen gegen Infektionen zu treffen und Medikamente einzusetzen, die das Knochenmark stimulieren, sogenannte Granulozyten-Kolonie stimulierende Faktoren (G-CSF). Je nach Chemotherapie und Risikofaktoren (ältere Patientin, Begleiterkrankungen) werden diese auch häufig bereits prophylaktisch eingesetzt.
Die Neubildung roter Blutkörperchen kann durch die Gabe von Erythropoese-stimulierenden Faktoren (ESF), wie z. B. Erythropoietin („Epo“) angeregt werden. Dadurch lässt sich Blutarmut (Anämie) beheben, die als eine der Ursachen für die bei Chemotherapie oft auftretenden Erschöpfungszustände (Fatigue) gilt. Es können sich allerdings dadurch auch vermehrt Blutgerinnsel (Thrombosen) bilden. Während die ESF-Behandlung in der adjuvanten Situation mittlerweile als sicher gilt, kann derzeit im metastasierten Stadium nicht ausgeschlossen werden, dass sich eine Epo-Gabe ungünstig auf die Krebserkrankung auswirkt. Wenn, dann sollte der Einsatz nur bei einer symptomatischen Blutarmut erwogen werden. Neben ESF sind auch Bluttransfusionen oder Eisen-Einnahme hilfreich gegen Anämie.
Übermäßige Müdigkeit (Fatigue) lässt sich auch behandeln durch regelmäßige Bewegung. Dabei kann bereits ein täglicher Spaziergang in flottem Tempo hilfreich sein. Auch psychologische Unterstützung und gegebenenfalls eine Behandlung gegen Depression kann eine Fatigue bessern. Grundsätzlich sollten aber zunächst organische Ursachen ausgeschlossen werden.
Bei Haarausfall oder Nebenwirkungen an Haut oder Fingernägeln kann Kühlung helfen. Der Erfolg davon ist abhängig von der jeweiligen Chemotherapie und genauere Daten hierzu werden noch erhoben. Um erfolgten Haarausfall zu kaschieren, erhalten die Patientinnen ein Rezept für eine Perücke. Dieser ist allerdings nur vorübergehend nötig, da die Haare in der Regel etwa sechs Wochen nach der letzten Chemotherapie wieder zu wachsen beginnen.
Es gibt zudem eine ganze Reihe von komplementären Möglichkeiten und Tipps, die die Nebenwirkungen einer Chemotherapie lindern helfen können. Aber es ist wichtig, dass keine Wirkstoffe zum Einsatz kommen, die die Effektivität der Therapie mindern könnten (z. B. Johanniskraut). Bevor Medikamente oder Nahrungsergänzungsmittel eingenommen werden, sollte dies mit der behandelnden Ärztin bzw. dem behandelnden Arzt abgesprochen werden.
Nehmen die Nebenwirkungen überhand und gefährden eine Fortführung der Therapie, kann die Gabe einer Infusion verschoben oder eine Therapiepause eingelegt werden. Auch eine Verringerung der Dosis ist prinzipiell möglich. Allerdings sind diese Maßnahmen nur im Notfall sinnvoll und müssen gegen einen eventuellen Wirksamkeitsverlust der Chemotherapie abgewogen werden. Hier ist man in der nicht-heilbaren Situation großzügiger als in der heilbaren (adjuvanten) – denn bei letzterer ist die Heilung das Ziel und Nebenwirkungen werden eher in Kauf genommen.
Natürliche Hilfe gegen Nebenwirkungen
- Durchfall: geriebener Apfel, Leinsamen
- Appetitlosigkeit: Tee aus Schafgarbe oder Enzianwurzel
- Mundschleimhautentzündung: Spülungen mit Kamille oder Salbei, gefrorene Ananas
- Leberbeschwerden: Tee aus Mariendistel
- Übelkeit und Erbrechen: Tee aus Ingwerstücken, Pfefferminztee-Eiswürfel
Quellen:
AGO Empfehlungen „Diagnosis and Treatment of Patients with Primary and Metastatic Breast Cancer”, Stand: März 2021:
https://www.ago-online.de/leitlinien-empfehlungen/leitlinien-empfehlungen/kommission-mamma
Patientenratgeber zu den Empfehlungen der AGO Kommission Mamma, Stand: 2019: https://www.ago-online.de/fileadmin/ago-online/downloads/AGO_Brustkrebs_2019.pdf
Interdisziplinäre S3-Leitlinie für die Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms, Langversion 4.4, Stand: Juni 2021: https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/mammakarzinom/
Fachliche Beratung
Prof. Dr. med. Diana Lüftner ist ärztliche Leitung und Chefärztin der Immanuel Klinik Märkische Schweiz mit Schwerpunkt Hämatologie, Onkologie und Tumorimmunologie. Ihr Schwerpunkt liegt auf dem Gebiet der soliden Tumore, insbesondere des Mammakarzinoms in allen Erkrankungsstadien, der gastrointestinalen Tumore sowie der Supportivtherapie.
Immanuel Klinik Märkische Schweiz
Fachliche Beratung
Prof. Dr. med. Volkmar Müller ist Stellvertretender Klinikdirektor mit Leitung der konservativen gynäkologischen Onkologie und der onkologischen Tagesklinik im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE). Er ist Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtenhilfe mit Schwerpunkt Palliativmedizin und Medikamentöse Tumortherapie.
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE)
Fachliche Beratung
Prof. Dr. med. Anton Scharl ist Direktor der Frauenklinik der Kliniken Nordoberpfalz AG. Er leitet zudem das zertifizierte Brustzentrum und das Perinatalzentrum.
Kliniken Nordoberpfalz AG
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Zuletzt aufgerufen am: 03.10.2024 10:51