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Eierstockkrebs, Ovarialkarzinom - Therapie

Patientengespräch, Quelle: © Syda Productions - fotolia.com
Quelle: © Syda Productions - fotolia.com

Wenn alle Untersuchungsergebnisse vorliegen und klar ist, wie ausgedehnt der Befund ist, kann die Therapie besprochen werden.
Die Untersuchungen geben keine hundertprozentige Sicherheit, sondern untermauern lediglich eine Verdachtsdiagnose.
Sicherheit über die Diagnose gibt erst die Operation mit der histologischen Untersuchung.

Operation

Bei der Operation wird ein Längsbauchschnitt vorgenommen. Um die Diagnose zu sichern, wird zunächst der befallene Eierstock entnommen und zur Untersuchung in die Pathologie gegeben. Der Pathologe untersucht das Gewebe noch während der Operation feingeweblich und teilt mit, ob es sich tatsächlich um Eierstockkrebs handelt. Nur bei gesicherter Diagnose, das heißt, wenn es sich nachweislich um Eierstockkrebs handelt, wird entsprechend der Leitlinien weiter operiert.

Ziel der Operation ist es, den Tumor vollständig zu entfernen. Dazu werden in der Regel beide Eierstöcke und Eileiter, die Gebärmutter, das große Bauchnetz und Teile des Bauchfells entfernt. Das weitere Ausmaß der Operation richtet sich nach der Ausdehnung des Tumors und dem Tumortyp. So müssen beispielsweise mitunter auch Teile des Darms oder der Blinddarm entfernt werden, um den Tumor vollständig zu beseitigen. Wenn nur ein Eierstock befallen und der Tumor sehr begrenzt und wenig aggressiv ist (Stadium pT1a, G1), kommt bei dringendem Kinderwunsch eine fruchtbarkeitserhaltende Operation in Frage. Dabei werden die Gebärmutter und der andere Eierstock belassen, um ihre Fruchtbarkeit zu erhalten. Alle anderen Operationsschritte müssen allerdings durchgeführt werden.

Da es sich um eine sehr ausgedehnte Operation handelt, die deutliche Nachwirkungen haben kann, sollte sie in einem spezialisierten Zentrum durchgeführt werden. Mit zunehmender Erfahrung der beteiligten Ärzt*innen steigt zudem die Chancen, dass alle Herde im fortgeschrittenen Stadium komplett entfernt werden können – neben dem Tumorstadium ist dies der wichtigste Faktor im Hinblick auf die Prognose und das Überleben.

Medikamentöse Krebstherapie

Liegt nach der Operation der feingewebliche Befund vor, wird mit der Patientin die unterstützende (adjuvante) Chemotherapie besprochen. Auf diese kann nur in seltenen Fällen verzichtet werden. Lediglich bei Tumoren in einem sehr frühen Stadium (Stadium IA Grad 1) ist keine zusätzliche Chemotherapie notwendig.

Die Chemotherapie zielt darauf ab, eventuell noch im Körper vorhandene Krebszellen durch zellwachstumshemmende Medikamente (Zytostatika) abzutöten. Zytostatika wirken gut gegen rasch wachsende Zellen, eine Eigenschaft, die in besonderem Maße auf Krebszellen zutrifft. Welche Chemotherapie in Frage kommt, hängt von der körperlichen Verfassung und von eventuellen Begleiterkrankungen ab. Die Standardtherapie bei Eierstockkrebs besteht aus einer Kombinationstherapie mit zwei Medikamenten (Carboplatin und Paclitaxel), die sechsmal in einem Abstand von drei Wochen gegeben werden.

Erhaltungstherapie

Im fortgeschrittenen Stadium (ab Stadium IIIB alte FIGO Klassifikation) sollte entsprechend den aktuellen Leitlinien zusätzlich zu Carboplatin und Paclitaxel eine Erhaltungstherapie durchgeführt werden. Hierfür kann der Antikörper Bevacizumab bereits parallel zur Chemotherapie verabreicht werden. Anschließend wird der Antikörper als alleinige Therapie gegeben. Die Dauer einer Bevacizumab-Behandlung beträgt insgesamt bis zu 15 Monate.

Bei Bevacizumab handelt es sich um einen zielgerichteten monoklonalen Antikörper und Angiogenesehemmer, der die Blutgefäßneubildung im Tumorgewebe hemmt. Dadurch erhält der Tumor weniger Sauerstoff und Nährstoffe, die er zum Wachsen braucht. Es hat sich gezeigt, dass die Gabe von Bevacizumab die Zeit bis zu einem Rückfall verlängert.

Bei 20 % der Patientinnen mit einem fortgeschrittenen gering differenzierten serösen Eierstockkrebs wird eine BRCA-Mutation gefunden. Bei fast der Hälfte der Patientinnen wird im Tumor ein Defizienz in der homologen Rekombination (abgekürzt HRD), das ist ebenfalls ein Defekt in der Genreparatur nachgewiesen.

Bei Patientinnen mit einer BRCA-Mutation oder dem Nachweis von HRD im Tumor sollte eine Erhaltungstherapie mit einem PARP (Poly(ADP-ribose)-Polymerasen) Inhibitor im Anschluss an die Chemotherapie für zwei Jahre durchgeführt werden. Um die Option der Behandlung mit einem PARP Inhibitor abzuklären, wird jeder Patientin die humangenetische Beratung und BRCA Testung angeboten und empfohlen ebenso wie die Untersuchung des Tumors auf HRD.

PARP Inhibitoren blockieren im Tumor die Reparatur von DNA-Schäden und führen damit selektiv zum Absterben von Tumorzellen. Für die Therapie mit PARP Inhibitoren konnte eine signifikante Verlängerung des Überlebens ohne Rückfall der Erkrankung nachgewiesen werden. Das Risiko für einen Rückfall reduzierte sich um 32 bis 40 Prozent, bei BRCA Mutationsträgerinnen sogar um 70 Prozent.

Aktuell ist eine Erhaltungstherapie mit Bevacizumab und dem PARP Inhibitor Olaparib bei Patientinnen mit BRCA-Mutation oder mit einem Defekt der homologen Rekombination zugelassen.

Der PARP Inhibitor Niraparib ist unabhängig von einer Mutation bei Patientinnen mit fortgeschrittenem Ovarialkarzinom zur Erhaltungstherapie zugelassen, in diesem Fall ohne zusätzliche Erhaltungstherapie mit Bevacizumab.

Wie wird ein Rückfall (Rezidiv) behandelt?

Trotz Operation, Chemotherapie und Erhaltungstherapie kann es zu einem Rückfall der Erkrankung (Rezidiv) kommen. Dann besteht eine palliative Situation. Die Krankheit kann in den meisten Fällen nicht mehr geheilt werden. Deshalb richtet sich die weitere Therapie darauf aus, den Tumor so lange wie möglich zu stoppen, Beschwerden zu lindern und die Lebenszeit zu verlängern. Je nachdem, wann und in welcher Form der Rückfall auftritt, kann erneut operiert und anschließend eine platinhaltige Kombinationschemotherapie durchgeführt werden. Eine Operation wird empfohlen, wenn gute Aussichten bestehen, den Tumor wiederum vollständig entfernen zu können, und die Patientin in einer guten Allgemeinverfassung ist. Die Patientin profitiert von einer solch erneuten Operation nur dann, wenn alles auffällige Gewebe entfernt werden kann.

Tritt der Rückfall früher als ein halbes Jahr nach der Operation und dem Abschluss der ersten Chemotherapie auf, scheint der Tumor nicht ausreichend auf die platinhaltige Chemotherapie angesprochen zu haben. Deshalb wird in diesem Fall das Medikament gewechselt. In dieser Situation kommen Chemotherapien mit pegyliertem liposomalem Doxorubicin, Topotecan, Gemcitabin oder Paclitaxel zum Einsatz. Wenn bei der Ersttherapie kein Bevacizumab verabreicht wurde, können entsprechend der Zulassung die oben angeführten Chemotherapien mit dem Antikörper Bevacizumab kombiniert werden.

Wenn hingegen einige Zeit nach dem Abschluss der Chemotherapie vergeht, bevor ein Rückfall auftritt, darf davon ausgegangen werden, dass die erste Therapie wirksam war. Dann wird eine erneute Therapie mit Carboplatin in Kombination mit pegyliertem liposomalem Doxorubicin, Gemcitabin oder erneut Paclitaxel empfohlen. Je länger das platinfreie Therapieintervall ist, bis ein Rückfall nachweisbar wird, umso höher sind die Ansprechraten auf eine erneute platinhaltige Therapie.

Bei der platinhaltigen Kombinationschemotherapie kann zusätzlich Bevacizumab verabreicht werden, wenn dieses nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt gegeben wurde, wodurch sich unter Umständen das Zeitfenster bis zum Auftreten eines Rückfalls vergrößern lässt.
Ist Bevacizumab keine Option, kann der Einsatz eines PARP Inhibitors als Erhaltungstherapie eingesetzt werden. Bei Ansprechen auf die platinhaltige Therapie führt eine zusätzliche Erhaltungstherapie mit einem PARP Inhibitor zu einer signifikanten Verlängerung des Überlebens ohne Rückfall der Erkrankung. Deshalb sollte jeder Patientin mit Ansprechen auf die Chemotherapie ein PARP Inhibitor angeboten werden. Hierfür stehen aktuell drei Substanzen zur Verfügung: Olaparib, Niraparib, Rucaparib.

Wurde der PARP Inhibitor bereits in der Erstbehandlung als Erhaltungstherapie gegeben, gibt es Daten aus einer Phase III Studie, die gezeigt haben, dass der erneute Einsatz eines PARP Inhibitors bei einem Teil der Patientinnen erneut wirksam war. Voraussetzung war, dass die Patientinnen mit BRCA-Mutation im Rahmen der vorhergehenden Behandlung mindestens 18 Monate und Patientinnen ohne BRCA-Mutation mindestens 12 Monate unter der PARP Inhibitor Therapie keinen Rückfall der Erkrankung hatten.

Bei Patientinnen mit BRCA-Mutation und einem Rückfall der Erkrankung, für die eine Platintherapie keine Option ist, kann der PARP Inhibitor Rucaparib als alleinige Therapie gegeben werden.

Wichtig ist stets nach der Teilnahme an klinische Studien zu fragen, da die Studienteilnahme ein Qualitätsmerkmal und auch prognostische Bedeutung für die Patientin hat, zumal nur unter Studienbedingungen die Verbesserung der Überlebenschancen zu erreichen ist.

 

(kvk)

Literatur:
[1] S3-Leitlinie Diagnostik, Therapie und Nachsorge maligner Ovarialtumoren - Version 5.0 Leitlinienprogramm Onkologie. 2021. Abrufbar unter: https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/ovarialkarzinom/ Letzter Zugriff: 09.12.2021
[2] Krebs der Eierstöcke. Blauer Ratgeber. 2021. DKH und DKG. https://www.krebshilfe.de/infomaterial/Blaue_Ratgeber/Krebs-der-Eierstoecke_BlaueRatgeber_DeutscheKrebshilfe.pdf Letzter Zugriff: 09.12.2021
[3] Deutsche Krebsgesellschaft, dkg-web.gmbh (Herausgeber), Patientenratgeber gynäkologische Onkologie, 2. Auflage, 2016

 

Prof. Schmalfeldt Fachberatung Eierstockkrebs Basisinformationen
Quelle: © UKE Hamburg

Fachliche Beratung

Prof. Dr. med. Barbara Schmalfeldt ist Klinikdirektorin und stellvertretende Zentrumsleitung, Leiterin des gynäkologischen Krebszentrums sowie  Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtenhilfe im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE). Ihr Schwerpunkt ist die spezielle operative Gynäkologie, die Gynäkologische Onkologie und spezielle Geburtshilfe und Perinatalmedizin.
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE)

Letzte inhaltliche Aktualisierung am: 24.02.2022

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