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Gesund essen, gesund bleiben?

Mit Vitaminen Krebs vorbeugen?

Quelle: © Tomo Jesenicnik - Fotolia.com

Mit antioxidativ wirkenden Vitaminen und Substanzen Krebserkrankungen vorbeugen? Expert*innen warnen derzeit eher noch vor einer unkritischen Einnahme von Vitamin- oder anderen Nahrungsergänzungspräparaten. Längst nicht alle Wirkungsmechanismen und Effekte von Antioxidantien auf den Körper sind bekannt. 

Vitamine sind organische Verbindungen, die – mit wenigen Ausnahmen - dem Körper über die Ernährung zugeführt werden müssen. Einige Vitamine wirken antioxidativ. Sie können freie Radikale abfangen, die bei Stoffwechselprozessen entstehen und u.a. auch Krankheiten auslösen können. Beispiele für Antioxidantien sind die Vitamine C und E, Beta-Karotin (Vorstufe von Vitamin A) oder auch das Spurenelement Selen und die sekundären Pflanzenstoffe Flavonoide. Aus der antioxidativen Wirkung wurde lange Zeit die Hoffnung abgeleitet, dass durch eine verstärkte Einnahme der entsprechenden Vitamine und Substanzen Krebserkrankungen vorgebeugt werden könne.

Schutzwirkungen nur teilweise belegt

Bislang konnte eine solche Schutzwirkung beim Menschen allerdings nur teilweise nachgewiesen werden:

Vitamin B
In einer 2019 veröffentlichten Studie zeigte sich ein eher erhöhtes Risiko für Lungenkrebs durch zu hohe Vitamin B12-Dosen. Dabei ist es wichtig zu verstehen, dass nicht Vitamin B12 an sich Krebs verursacht, sondern bei der Gabe von sehr hohen Dosen dieses Vitamins das Wachstum von bereits vorhandenen Krebszellen verstärkt werden könnte. Die Bestimmung des Serum-Vitamin-B12-spiegels und ärztliche Absprache ist daher unbedingt vor einer möglichen Einnahme zu empfehlen

Vitamin K
In zahlreichen Zellkultur- und Tierstudien konnte eine krebshemmende Wirkung von Vitamin K festgestellt werden. Auch beim Menschen scheint dieser Effekt zu existieren. So stellten Wissenschaftler*innen aus Heidelberg in einer Studie mit fast 25.000 Teilnehmende im Alter zwischen 35 und 64 Jahren fest, dass durch eine hohe Aufnahme von Vitamin K2, den sogenannten Menachinonen, das Krebs- und das Sterberisiko sinken. Bei Männern war der Effekt stärker als bei Frauen. Vitamin K2 kommt vor allem in Käse vor. Vitamin K1, das sogenannte Phyllochinon, das in größeren Mengen in Gemüse enthalten ist, hatte dagegen in dieser Studie keinen Einfluss auf das Krebsrisiko.

Flavonoide und Darmkrebs
Eine zusammenfassende Studie bestätigte eine vor Darmkrebs schützende Wirkung von Flavonoiden in Tierexperimenten sowie in Versuchen mit Zellkulturen und Zellbestandteilen. In epidemiologischen Untersuchungen hingegen ergab sich der Studie zufolge kein einheitliches Bild. Damit bleibt unklar, ob Flavonoide auch beim Menschen vor Darmkrebs schützen können. Zumindest für die Vorstufen von Darmkrebs, die sogenannten Schleimhautpolypen oder Adenome, scheint es möglicherweise der Fall zu sein. Favonoide kommen hauptsächlich in Obst und Gemüse, Schokolade oder Tee vor. Darüber hinaus könnte die tägliche Aufnahme von Flavonoiden in Form von flavonoidreichen Lebensmitteln oder Flavonoidpräparaten günstige Veränderungen in der Darmmikrobiota bewirken, die das Krebsrisiko senken und die Vitalfunktionen auf zellulärer Ebene normalisieren könnten.

Vitamine als Schutz während der Krebstherapie umstritten

Obst und Gemüse
Quelle: © Tomo Jesenicnik - Fotolia.com

Doch auch der Einsatz von antioxidativ wirkenden Vitaminen während einer Chemo- oder Strahlentherapie ist bislang noch umstritten. So lassen sich zwar bestimmte Nebenwirkungen der Krebstherapie reduzieren, gleichzeitig besteht jedoch die Gefahr, dass deren Wirksamkeit abgeschwächt wird. Vor einer unkontrollierten Zufuhr von Vitaminen während einer Chemo- oder Strahlentherapie wird daher abgeraten. Patient*innen sollten diesbezüglich immer Rücksprache mit ihrem Arzt bzw. ihrer Ärztin halten.

Kürzlich widerlegt – kein präventiver Nutzen

Selen
Krebserkrankungen durch Selen vorzubeugen, scheint nicht möglich zu sein bzw. wenn, gegebenenfalls nur bei ausgewählten Tumorarten. Zu diesem Ergebnis kam u.a. ein Update der Cochrane Collaboration, welches die aktuelle Datenlage aus zehn randomisierten Studien mit über 27.000 Teilnehmenden zusammenfasst.  Betrachtet wurde bei diesen qualitativ hochwertigen Studien sowohl das Gesamtkrebsrisiko als auch das Risiko für bestimmte Krebsarten. Insgesamt gibt es keine Evidenz, dass eine erhöhte Selen-Aufnahme das Krebsrisiko verringert.
Im Gegenteil müsse, so eine Übersichtsstudie, vor der unkritischen Einnahme selenhaltiger Nahrungsergänzungsmittel sogar gewarnt werden. So seien bei übermäßiger Einnahme von Selen Gesundheitsschäden zu befürchten. Die empfohlenen Serumwerte für Selen liegen zwischen 100 und 130 µg/l.

Müssen Vitamine künstlich zugeführt werden?

Eine abwechslungs- und ballaststoffreiche Kost mit Obst und Gemüse enthält normalerweise genügend Vitamine, um den täglichen Bedarf zu decken. Eine zusätzliche Einnahme von vitaminhaltigen Tropfen, Kapseln oder ähnlichen Nahrungsergänzungsmitteln ist deshalb nur dann sinnvoll, wenn besondere Umstände vorliegen, z.B. eine Schwangerschaft oder eine Erkrankung, bei der die Aufnahme von Stoffen im Magen-Darmtrakt gestört ist. In Deutschland trifft das auf nur wenige Vitamine und Mineralstoffe (z.B. eventuell Vitamin D, Calcium, Folsäure oder Jod) zu. Wie auch bei anderen Nahrungsergänzungsmitteln sollte beachtet werden, dass es neben einem Mangel auch eine Überversorgung geben kann. Diese kann schädlich sein und sogar das Krebsrisiko steigern. Das Bundesinstitut für Risikobewertung  veröffentlicht daher seit 2004 Empfehlungen für Höchstmengen für Vitamine und Mineralstoffe in Nahrungsergänzungsmitteln und angereicherten Lebensmitteln.

(kvk/akm)

 

Quellen:

https://www.bfr.bund.de/cm/343/aktualisierte-hoechstmengenvorschlaege-fuer-vitamine-und-mineralstoffe-in-nahrungsergaenzungsmitteln-und-angereicherten-lebensmitteln.pdf; letzter Aufruf 25.03.2022

https://www.krebsinformationsdienst.de/vorbeugung/krebs-vorbeugen/ernaehrung-praevention/index.php; letzter Aufruf 25.03.2022

https://www.krebsinformationsdienst.de/vorbeugung/krebs-vorbeugen/ernaehrung-praevention/vitamine-und-spurenelemente.php; letzter Aufruf 25.03.2022

Stiftung Perspektiven Faktenblatt: Selen. Oktober 2021; https://www.stiftung-perspektiven.de/Wissensportal/Informationen-ueber-Komplementaere-Medizin-und-ueber-Alternative-Medizin/; letzter Aufruf 25.03.2022

Fanidi, A. et al (2019), Is high vitamin B12 status a cause of lung cancer?. Int. J. Cancer, 145: 1499-1503. https://doi.org/10.1002/ijc.32033

Popa DS. Et al. The Role of Vitamin K in Humans: Implication in Aging and Age-Associated Diseases. Antioxidants (Basel). 2021 Apr 6;10(4):566. doi:10.3390/antiox10040566.

Kopustinskiene, D. M. et al (2020). Flavonoids as Anticancer Agents. Nutrients, 12(2), 457. https://doi.org/10.3390/nu12020457

Hoensch, H. et al.: Flavonoide zur Krebsprävention im Darm. In: Medizinische Klinik 105(8), (2010), S. 554-559

Vitamine und Mineralstoffe - wie viel ist zu viel? DKFZ. Stand: 17.05.2018 https://www.krebsinformationsdienst.de/aktuelles/2018/news003-vitamine-mineralstoffe-wie-viel-ist-zu-viel.php; letzter Aufruf 25.03.2022

Linktipps zum Thema Ernährung

www.dge.de
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. befasst sich mit allen auf dem Gebiet der Ernährung auftretenden Fragen. Sie unterstützt die ernährungswissenschaftliche Forschung, informiert über neue Erkenntnisse und Entwicklungen und macht diese durch Publikationen und Veranstaltungen verfügbar.

www.was-wir-essen.de
In diesem Portal, herausgegeben von aid infodienst, finden Sie Wissenswertes rund um Landwirtschaft, Ernährung und Verbraucherschutz. Jede Rubrik informiert über Lebensmittel und über allgemeine Themen wie "Ökolandbau", "Gentechnik" oder "Ernährungsempfehlungen".

Letzte inhaltliche Aktualisierung am: 24.03.2023

Mehr zum Thema Ernährung und Krebs:

Ketogene und kohlenhydratarme Diät: Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft PRiO

Seit einiger Zeit wird Tumorpatienten eine Ernährung angeboten, die in unterschiedlichem Ausmaß arm an Kohlenhydraten (KH) ist. Als Begründung für diese Ernährungsumstellung wird angeführt, dass der Stoffwechsel von Tumorzellen von Kohlenhydraten abhängig sei. Je nach Interpretation der Daten versprechen Anhänger der Diät entweder einen direkten Einfluss auf das Tumorwachstum und die Metastasierung, eine Verbesserung der Wirksamkeit von Chemo- und/oder Strahlentherapie bzw. eine bessere Verträglichkeit insbesondere der Chemotherapie. Experten der Arbeitsgemeinschaft PRiO nehmen dazu Stellung.

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Zuletzt aufgerufen am: 02.12.2024 17:43