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Acrylamid – ein krebsauslösender Stoff?
Diese Frage kann noch nicht abschließend beantwortet werden. Studien an Tieren weisen diesem Stoff eine genverändernde und krebsauslösende Wirkung nach. Studien am Menschen kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen, die Datenlage ist sehr uneinheitlich. Da die Aufnahme von Acrylamid aus der Nahrung möglicherweise ein Gesundheitsrisiko darstellt, ist zum Schutz der Verbraucher seit April 2018 eine neue EU-Verordnung in Kraft, die zu einer Senkung des Acrylamidgehalts in Lebensmitteln führen soll. Doch was genau ist eigentlich Acrylamid, warum ist es möglicherweise gesundheitsschädlich und wie lässt sich eine erhöhte Acrylamidaufnahme vermeiden?
Was ist Acrylamid und wie entsteht es?
Acrylamid ist ein Stoff, der als unerwünschtes Nebenprodukt bei der Erhitzung von kohlenhydratreichen Lebensmitteln entsteht. Insbesondere Lebensmittel, die einen hohen Gehalt der Aminosäure Asparagin sowie bestimmte Zuckerarten wie Glukose oder Fruktose und wenig Wasser enthalten, neigen bei einer Erhitzung über 120°C zur Acrylamidbildung. Zu diesen Produkten gehören z.B. Kartoffeln, Getreideprodukte und Kaffee.
Die Temperatur und die Dauer des Erhitzens haben einen Einfluss auf die Acrylamidentstehung. Ab Temperaturen von 120°C wird Acrylamid gebildet. Mit steigenden Temperaturen nimmt die Entstehung des Stoffes weiter zu. Typischerweise kommt es zur Acrylamidbildung bei der sogenannten Bräunungsreaktion, die bei Röst-, Back-, Brat- und Frittiervorgängen stattfindet. Je länger und je heißer Pommes Frites zubereitet, z.B. frittiert oder im Ofen gebacken, werden, desto höher ist wahrscheinlich auch ihr Acrylamid-Gehalt.
Gesundheitsgefahr durch Acrylamid?
Eine hohe Dosierung von Acrylamid im Futter von Versuchstieren zeigte eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung von Erbgutveränderungen und Tumoren. Diese Effekte sind wahrscheinlich hauptsächlich auf die Umwandlung von Acrylamid in den Stoff Glycidamid während der Verstoffwechselung im Magen-Darm-Trakt der Versuchstiere zurückzuführen. Dieser Stoff wird als erbgutschädigend und krebserregend eingestuft. Hinweise aus Humanstudien über eine möglicherweise krebsverursachende Wirkung durch Acrylamid aus Lebensmitteln sind bisher begrenzt und uneinheitlich. Darüber informierte die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) in ihrer Risikobewertung zu Acrylamid in Lebensmitteln aus dem Jahr 2015. Dazu wertete sie die bis dato verfügbaren Humanstudien aus, deren zusammengetragene Ergebnisse jedoch keinen eindeutigen Hinweis für ein erhöhtes Krebsrisiko geben konnten: In einigen Studien wurde ein erhöhtes Krebsrisiko festgestellt, in anderen Studien war dies nicht der Fall. Die Gutachter kamen zu dem Schluss, dass auf Grund der uneinheitlichen Datenlage ein Zusammenhang zwischen der Acrylamidaufnahme und einer Krebserkrankung beim Menschen weder angenommen noch ausgeschlossen werden kann.
Ein Grenzwert, bis zu dem eine Acrylamidaufnahme unbedenklich ist, lässt sich nicht festlegen. Aufgrund der möglicherweise erbgutverändernden und krebserregenden Eigenschaften von Acrylamid muss davon ausgegangen werden, dass theoretisch jede Dosis eine gesundheitsschädigende Wirkung haben kann.
Da Acrylamid in einer Vielzahl alltäglicher Lebensmittel zu finden ist, sind alle Verbraucher von den möglicherweise gesundheitsgefährdenden Eigenschaften dieser Substanz betroffen. Für Kinder ist das Risiko jedoch besonders hoch: Auf ihr Körpergewicht gerechnet verzehren sie zwei- bis dreimal so viel Acrylamid pro Kilogramm im Vergleich zu Erwachsenen.
Hauptquellen der Acrylamidaufnahme
Die EFSA hat, ausgehend von einer normalen bzw. abwechslungsreichen Ernährung, die größten Acrylamidquellen zusammengetragen, durch die Verbraucher unterschiedlicher Altersklassen die Substanz zu sich nehmen. Demnach konsumieren Erwachsene fast 50% des aufgenommen Acrylamids durch den Verzehr von gebratenen bzw. frittierten Kartoffelerzeugnissen, gefolgt von Kaffee und Toastbrot. In der Ernährung von Kindern stellen frittierte Kartoffelerzeugnisse ebenfalls die größte Acrylamidquelle dar (51%). Toastbrot, Frühstückszerealien, Kekse und sonstige Erzeugnisse auf Basis von Getreide oder Kartoffeln sind Quelle für ca. ein Viertel des aufgenommenen Acrylamids. Bei Säuglingen stellen Babynahrungsmittel die größte Acrylamidquelle dar, wobei die meisten Beikost-Produkte fast kein Acrylamid enthalten. Nur Produkte auf Getreidebasis (z. B. Zwieback oder Babykekse) könnten unter Umständen höhere Mengen Acrylamid enthalten.
Obwohl einige Lebensmittelkategorien, wie „Kartoffelchips und Snacks“ oder „Kaffee-Ersatzmittel“ relativ hohe Mengen an Acrylamid enthalten, ist ihr prozentualer Anteil an der Acrylamidaufnahme eher gering.
Wie lässt sich Acrylamid vermeiden?
Die Wahl des Nahrungsmittels und die Zubereitungsart können einen wesentlichen Einfluss auf die Acrylamidbildung haben. Natürlich gibt es zahlreiche Tipps, wie Sie den eigenen Acrylamidverzehr reduzieren können. Generell gilt:
- Wer sich abwechslungsreich ernährt, verhindert größere Belastungen. Einseitige Ernährung und eine z.B. stark von Pommes frites, Kartoffelchips und Kaffee dominierte Ernährung sollte tunlichst vermieden werden.
- Hochbelastetet Produkte, z.B. Chips oder Pommes frites, vermeiden oder möglichst selten verzehren.
- Zubereitungsmethoden wie kochen, dünsten oder garen im Dampfkochtopf lassen kein oder nur sehr geringe Mengen Acrylamid entstehen und sollten daher bevorzugt verwendet werden.
- Bei der Zubereitung von Fleisch und Fisch entsteht unabhängig von der Zubereitungsart kein Acrylamid.
Weitere Acrylamidquellen
Lebensmittel stellen nicht die einzige Acrylamidquelle dar. Besonders stark vertreten ist Acrylamid auch in Tabakrauch. Somit nehmen Raucher und Nichtraucher (durch das Passivrauchen) Acrylamid auch außerhalb der Nahrungszufuhr auf. Für Raucher stellt der Tabakrauch sogar eine noch größere Aufnahmequelle für Acrylamid dar als der Verzehr von Acrylamid-haltigen Speisen.
Neben Tabakrauch und Lebensmitteln wird die Substanz Acrylamid bei vielen industriellen Prozessen abseits der Lebensmittelindustrie eingesetzt (z. B. als Ausgangsstoff für die Kunststoffherstellung). Aus diesem Grund nehmen einige Menschen Acrylamid auch an ihrem Arbeitsplatz auf, etwa durchs Einatmen oder über die Haut.
Ob Acrylamid beim Menschen wirklich Krebs auslöst, ist noch ungeklärt. Einige andere Substanzen sind jedoch offiziell als krebserregend eingestuft. Welche dies sind und worin sie vorkommen, erfahren Sie hier:
Quellen:
Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit – Häufig gestellte Fragen zu Acrylamid: https://www.lgl.bayern.de/lebensmittel/chemie/toxische_reaktionsprodukte/acrylamid/faqs_acrylamid.htm (abgerufen am 06.03.2019)
Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit – Acrylamid: https://www.bvl.bund.de/DE/01_Lebensmittel/02_UnerwuenschteStoffeOrganismen/04_Acrylamid/lm_acrylamid_node.html (abgerufen am 06.03.2019)
Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit – Acrylamid in Lebensmitteln: https://www.efsa.europa.eu/sites/default/files/corporate_publications/files/acrylamide150604de.pdf (abgerufen am 06.03.2019)
Verbraucherzentrale – Acrylamid: Problematischer Stoff in Lebensmitteln: https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/lebensmittel/lebensmittelproduktion/acrylamid-problematischer-stoff-in-lebensmitteln-13879 (abgerufen am 06.03.2019)
Bundesinstitut für Risikobewertung – Auch Babynahrung kann Acrylamid enthalten: https://www.bfr.bund.de/de/presseinformation/2002/03/auch_babynahrung_kann_acrylamid_enthalten-1861.html (abgerufen am 14.03.2019)
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Zuletzt aufgerufen am: 13.12.2024 23:02