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Bewegungstherapie bei Krebs

Körperliche Aktivität kann helfen das Risiko, an Krebs zu erkranken, zu minimieren. Ein regelmäßiges Bewegungstraining trägt aber auch dazu bei, die Begleiterscheinungen einer Krebserkrankung sowie der Therapie besser zu überstehen. Neue Studien zeigen wie bedeutsam Bewegung für das körperliche und seelische Wohlbefinden, nicht nur von Krebspatienten, ist. Wissenschaftler gehen davon aus, dass in Europa 14 Prozent aller Krebsfälle bei Männern und 16 Prozent bei Frauen durch ausreichende körperliche Aktivitäten vermieden werden könnten [1]. Was passiert jedoch in unserem Körper wenn wir aktiv sind und warum ist Bewegung, auch bei einer Krebserkrankung, so wichtig?

Seit Jahrtausenden ist der menschliche Organismus auf Bewegung programmiert. Körperliche Aktivität bringt das Immunsystem auf Touren, verbessert die Sauerstoffversorgung, unterstützt Reparaturprozesse und beflügelt den Geist. So kann die Lebenserwartung um drei Jahre gesteigert werden, wenn man sich täglich fünfzehn Minuten sportlich betätigt [1]. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt in ihrem Gesundheitsreport des Jahres 2015 mindestens 150 Minuten moderate oder 75 Minuten intensive körperliche Aktivität pro Woche [1]. Diese positiven Effekte von Bewegung werden zunehmend auch in der Krebstherapie eingesetzt. Denn das noch vor wenigen Jahren geltende Motto „Absolute Schonung für Krebspatienten“ ist von den neuesten Forschungsergebnissen widerlegt worden.

Körperliche Aktivität ist ein Wundermittel

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Bewegung ist ein elementarer Bestandteil um gesund zu bleiben und um sich wohlzufühlen. Deren Effekte erstrecken sich bis auf die physische, psychische und soziale Ebene. Die Aufrechterhaltung der unterschiedlichsten körperlichen Funktionen ist ohne Bewegung nicht möglich. Bewegung unterstützt den Körper dabei, dass Organe und Muskeln besser mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt werden, das Fettgewebe abgebaut, der Blutzuckerspiegel reguliert, der Bewegungsapparat gefestigt und die Gehirnleistung gefördert wird. Zudem wirkt sich Bewegung positiv auf das Seelenleben aus. Körpereigene, stimmungssteigernde Botenstoffe, wie Endorphine und Adrenalin werden, während wir uns bewegen, verstärkt ausgeschüttet. Und das Immunsystem profitiert ebenfalls: Natürliche Killerzellen werden angeregt, schädliche Zellveränderungen zu vernichten bevor diese entarten können oder sich unkontrolliert vermehren [2].

Sogar auf molekularer Ebene lässt sich die Wirkung von körperlicher Aktivität nachweisen. Forscher einer schwedischen Studie konnten aufzeigen, dass bei Probanden nach einem Fahrradfahrtraining die genetischer Struktur der DNA umprogrammiert worden ist. So wurden Blockade-Moleküle von jenen Genen entfernt, von denen bekannt ist, dass diese eine Rolle bei der Steigerung der Leistungsfähigkeit spielen [3].

Bewegungstraining steigert das Wohlbefinden

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Menschen mit einer Krebserkrankung leiden aufgrund der Erkrankung oder den Nebenwirkungen der Therapie an einer Vielzahl von belastenden Begleiterscheinungen. Diese können sich u.a. äußern in: Blutarmut (Anämie), Muskelveränderungen, Schmerzen, Veränderungen an den Nervenbahnen in Händen und Füßen, einer verringerten Lungenfunktion und einem Erschöpfungssyndrom. Die Fähigkeit am Alltag teilzunehmen ist für diese Menschen stark eingeschränkt. Auch sind die psychischen Belastungen groß. Ein Trainingsprogramm kann während und unmittelbar nach der Behandlung die Intensität und Häufigkeit der Nebenwirkungen deutlich verringern [4].

So zeigt eine aktuelle Studie unter der Leitung von Prof. Karen Steindorf am Universitätsklinikum Heidelberg, dass Brustkrebspatientinnen, die eine Strahlentherapie erhalten haben und ein Krafttraining absolvierten, signifikant weniger unter einem Erschöpfungssyndrom litten als Patientinnen, die nur Entspannungsübungen machten, zudem verbesserten sich wichtige Aspekte der Lebensqualität. "Krafttraining ist offenbar eine wirksame Methode, um den belastenden Fatigue-Symptomen bei Brustkrebspatientinnen vorzubeugen oder sie zu lindern. Zudem profitieren die Patientinnen auch in ihrem Alltagsleben von einer besseren körperlichen Leistungsfähigkeit“, so Karen Steindorf [5].

Lässt sich Krebs durch Sport verhindern?

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Die Wahrscheinlichkeit an Dickdarmkrebs zu erkranken, lässt sich durch regelmäßige Bewegung um zwanzig bis dreißig Prozent reduzieren. Denn die Menge an Fettgewebshormonen, die im Verdacht stehen das Tumorwachstum zu begünstigen, sinkt. Außerdem regt ein bewegungsreicher Lebensstil die Motorik des Darms an, d.h. die Passage des Darminhaltes wird beschleunigt und die Kontaktzeit zwischen schädlichen Substanzen und der Darmschleimhaut verkürzt sich [1].

Das Risiko einen bösartigen Brusttumor zu entwickeln, lässt sich ebenfalls durch viel Bewegung mindern. Denn Bewegungsarmut und Gewichtszunahme können einen steigenden Östrogenspiegel zur Folge haben und ein erhöhter Östrogenspiegel vergrößert das Risiko einer postmenopausalen Brustkrebs- und Gebärmutterschleimhautkrebserkrankung. Studien zeigen, dass bei körperlich aktiven Frauen das Brustkrebsrisiko nach den Wechseljahren um zwanzig bis dreißig Prozent sinkt [1].

Um das Risiko einer Bauchspeicheldrüsenkrebserkrankung zu minimieren, wirkt sich eine, durch physische Aktivitäten bedingte, Reduktion des Blutzucker- und Insulinspiegel positiv aus. Das Erkrankungsrisiko kann, gemäß epidemiologischer Studien, durch körperliche Aktivität um 20 bis 30 Prozent sinken [1].

Bei Lungenkrebs zeigen Studien, dass bei einem intensiven Bewegungstraining das Erkrankungsrisiko um bis zu dreißig Prozent reduziert werden kann. Forscher vermuten als Ursache dafür, die verkürzte Kontaktzeit von krebserregenden Substanzen im Lungengewebe, da ein Bewegungstraining mit einer verbesserten Lungenfunktion einhergeht [1].

Welche Art von Bewegung ist die richtige?

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Quelle: © Robert Kneschke - fotolia.com

Nicht jede Art von körperlicher Aktivität ist für jeden Krebspatienten angemessen. An der Deutschen Sporthochschule Köln wurde daher unter der Leitung von PD Dr. Freerk Baumann die „Onkologische Trainingstherapie“ ins Leben gerufen, ein deutschlandweit einzigartiges wissenschaftliches Projekt, das die Interaktionen zwischen einer Krebstherapie und körperlicher Aktivität wissenschaftlich untersucht. Sportwissenschaftler, Mediziner und Psychologen arbeiten in dem Projekt zusammen und stimmen sich zu den körperlichen Möglichkeiten und den Trainigszielen ihrer Patienten regelmäßig ab. Schließlich muss eine Bewegungstherapie auf den einzelnen Patienten und seine physische bzw. psychische Verfassung individuell abgestimmt sein, so dass die Art und Intensität der Bewegung mit der individuellen Krankheits- und Therapiesituation variiert. 

Eine pauschale Aussage, welche Bewegungsformen empfehlenswert sind, lässt sich nicht treffen. Qualifiziertes bewegungstherapeutisches Personal mit onkologischen Kenntnissen kann Ihnen bei der Auswahl behilflich sein. Entscheidend ist aber, dass Ihnen die Art der körperlichen Bewegung Spaß macht, denn Bewegungsprogramme können einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung des Behandlungsergebnisses und der Lebensqualität leisten.

(dw)

Fachberatung: PD Dr. Freerk Baumann von der Sporthochschule Köln

Interview zum Thema PD Dr. Freerk Baumann, Sporthochschule Köln

Quelle: © dkg-web.gmbh

 

 

Quellen:

[1] Blauer Ratgeber: Schritt für Schritt, Mehr Bewegung weniger Krebs, Deutsche Krebshilfe, Deutsche Krebsgesellschaft

[2] Chi Pang Wen et al. Minimum amount of physical activity for reduced mortality and extended life expectancy: a prospective cohort study. The Lancet. Volume 378, No 9798, p1244–1253, 1 October 2011)

[3] Barrés R. et al. Acute exercise remodels promoter methylation in human skeletal muscle. Cell Metab. 2012 Mar 7;15(3):405-11. doi: 10.1016/j.cmet.2012.01.001. und http://www.wissenschaft.de/home/-/journal_content/56/12054/929991/

[4] Dimeo F.C. Körperliche Aktivität und Krebs: Eine Übersicht, Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin, Jahrgang 52, Nr 9 (2001)

[5] https://www.dkfz.de/de/presse/pressemitteilungen/2014/download/dkfz_pm_14_40.pdf, letzter Abruf 18.05.2016  

Service und Linktipps

 

Letzte inhaltliche Aktualisierung am: 24.05.2016

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