Pressearchiv 2022

 

Aktualisierung der S3-Leitlinie zum Hepatozellulären Karzinom und zu biliären Karzinomen

Berlin, 08.09.2022. Das Leitlinienprogramm Onkologie hat seine S3-Leitlinie zum Hepatozellulären Karzinom (HCC) und zu biliären Karzinomen aktualisiert. Die überarbeitete Fassung enthält unter anderem neue Empfehlungen zur Zweitlinientherapie bei biliären Karzinomen und zu seltenen Erkrankungen als Risikofaktoren für HCC. Die S3-Leitlinie entstand unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und unter Mitwirkung von 36 Fachgesellschaften und Organisationen. Ziel ist es, evidenzbasierte Behandlungsmöglichkeiten aufzuzeigen und die Therapie von Patient*innen mit hepatobiliären Tumoren zu verbessern.

Den FGFR-Signalweg blockieren: Neu zugelassene Zweitlinientherapie für biliäre Karzinome

Zu den biliären Karzinomen (auch Cholangiokarzinome, CCA) zählen Malignome der Gallenblase und der Gallenwege. Mit einer Inzidenz in Deutschland von etwa 7.000 Neuerkrankungen pro Jahr zählen auch sie zu den seltenen Tumoren. Die Prognose ist meist ungünstig: die relative 5-Jahres-Überlebensrate liegt bei fünf bis 15 Prozent. Aktuell bietet die komplette chirurgische Resektion den einzigen kurativen Therapieansatz.
Für Patient*innen, bei denen die Erstlinientherapie versagt und deren Tumoren eine Fibroblasten-Wachstumsfaktor-Rezeptor-2 (FGFR2) Fusion oder ein FGFR2-Rearrangement aufweisen, steht nun eine neu zugelassene Therapie mit Pemigatinib zur Verfügung: „Die Therapie mit dem FGFR-Inhibitor zeigt vielversprechende Ergebnisse. In der Zulassungsstudie zeigten 36 Prozent der Patient*innen ein Ansprechen auf die Behandlung, die meisten mit partieller, einige sogar mit kompletter Remission. Weitere Studien stützen die Bedeutung des FGFR2-Signalwegs für bestimmte Tumorentitäten der Cholangiokarzinomen. Daher empfehlen wir die Anwendung dieser Therapieform nun in der S3-Leitlinie“, so Prof. Nisar Malek, Medizinische Klinik Universitätsklinikum Tübingen.
Zusammen mit Prof. Peter Galle, Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, sowie Prof. Michael Bitzer, ebenfalls vom Uniklinikum Tübingen, ist er Koordinator der S3-Leitlinie.

Nicht nur Leberzirrhose: weitere Risikofaktoren für HCC

Das primäre Leberzellkarzinom (HCC) gehört ebenfalls zu den seltenen Krebserkrankungen, allerdings ist die Inzidenz in den letzten Jahrzehnten deutlich gestiegen.
Die wichtigsten Risikofaktoren für die Entwicklung eines HCC sind die Leberzirrhose und eine chronische Infektion mit dem Hepatitis-B-Virus. Bei diesen Erkrankungen wird eine Früherkennung empfohlen. Allerdings kann auch bei selteneren Erkrankungen ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines HCC vorliegen. „Studiendaten haben gezeigt, dass akute intermittierende Porphyrie, die Glykogenspeicherkrankheit, Morbus Gaucher und Tyrosinanämie Typ I Risikofaktoren für das Auftreten von HCC sind. Deshalb regen wir in der Leitlinie an, dass für Patient*innen mit diesen Erkrankungen eine regelmäßige Früherkennung in Betracht gezogen wird“, so Prof. Nisar Malek.

In der Leitlinie wurden darüber hinaus die Empfehlungen zur Erstlinientherapie des HCC modifiziert: Patient*innen, denen keine zugelassene Therapieoption mehr zur Verfügung steht und die bisher keine Immuntherapie erhalten haben, wird nun eine Immuntherapie empfohlen. Für das biliäre Karzinom wurden die chemotherapeutischen Optionen durch die Aufnahmen einer Empfehlung zu einer Irinotecan-haltigen Therapie erweitert.

Die S3-Leitlinie zum Hepatozellulären Karzinom (HCC) und zu biliären Karzinomen ist auf dieser Webseite abrufbar: https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/hcc-und-biliaere-karzinome/

Zudem sind die Inhalte in der kostenfreien Leitlinien-App integriert. Android-Smartphone- und iPhone-Nutzer können die Leitlinien-App hier herunterladen: www.leitlinienprogramm-onkologie.de/app/

 

Das Leitlinienprogramm Onkologie (OL)
Leitlinien sind systematisch entwickelte Entscheidungshilfen für Leistungserbringer und Patient*innen zur angemessenen Vorgehensweise bei speziellen Gesundheitsproblemen. Sie stellen ein wesentliches Instrument zur Förderung von Qualität und Transparenz medizinischer Versorgung dar. Die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF), die Deutsche Krebsgesellschaft e. V. und die Deutsche Krebshilfe haben sich mit dem im Februar 2008 gestarteten Leitlinienprogramm Onkologie das Ziel gesetzt, gemeinsam die Entwicklung und Fortschreibung sowie den Einsatz wissenschaftlich begründeter und praktikabler Leitlinien in der Onkologie zu fördern und zu unterstützen. Mittlerweile umfasst das Leitlinienprogramm 31 S3-Leitlinien, die zu einem großen Teil auch als laienverständliche Patientenleitlinien vorliegen. Mehr unter: www.leitlinienprogramm-onkologie.de

Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) e.V.
Die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten wurde 1913 als wissenschaftliche Fachgesellschaft zur Erforschung der Verdauungsorgane gegründet. Heute vereint sie mehr als 6500 in Klinik und Forschung tätige Ärztinnen und Ärzte unter einem Dach. Die DGVS fördert sehr erfolgreich wissenschaftliche Projekte und Studien, veranstaltet Kongresse und Fortbildungen und unterstützt aktiv den wissenschaftlichen Nachwuchs. Ein besonderes Anliegen ist der DGVS die Entwicklung von Standards und Behandlungsleitlinien für die Diagnostik und Therapie von Erkrankungen der Verdauungsorgane – zum Wohle der Patientinnen und Patienten. www.dgvs.de

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