Pressearchiv 2019
Keimzelltumoren des Hodens: Überversorgung vermeiden, Lebensqualität verbessern
Leitlinienprogramm Onkologie legt erstmals S3-Leitlinie zu Hodentumoren vor.
22.05.2019. Das Leitlinienprogramm Onkologie hat unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Urologie e. V. erstmals eine S3-Leitlinie zu dem Thema Diagnostik, Therapie und Nachsorge der Keimzelltumoren des Hodens erarbeitet. Ziel der Leitlinie ist es, unter anderem die Nebenwirkungen der Therapie zu vermindern, eine Überversorgung mit beispielsweise Chemotherapien zu vermeiden und die Lebensqualität der Patienten zu steigern. Für Betroffene mit einem fortgeschrittenen Tumor soll eine bessere Behandlung und somit eine höhere Überlebenswahrscheinlichkeit erreicht werden.
„Die Überlebensrate für Patienten ist hoch, aber die Prognose hängt unter anderem von den therapiebedingten Nebenwirkungen ab – so kann eine Strahlen- oder Chemotherapie das Risiko erhöhen, später an einem Zweittumor zu erkranken“, sagt Prof. Dr. Sabine Kliesch vom Universitätsklinikum Münster, Koordinatorin der Leitlinie. „Mit den Empfehlungen der Leitlinie wollen wir dazu beitragen, dieses Risiko so gering wie möglich zu halten.“ Da die Erkrankung vor allem junge Männer beträfe und die Therapie die Fruchtbarkeit beeinträchtigen könne, sollten Ärzte bereits vor Behandlungsbeginn Patienten über fruchtbarkeitserhaltende Maßnahmen aufklären und diese gegebenenfalls einleiten.
Bei einem Keimzelltumor kommen verschiedene Behandlungsmöglichkeiten in Betracht: Der Tumor wird zunächst operativ entfernt. Doch trotz unauffälliger Diagnostik treten bei einem Teil der Betroffenen kleinste befallene Lymphknoten im hinteren Bauchraum auf, die zu einem Rückfall führen können, wenn im Anschluss an die Operation keine weitere Therapie durchgeführt wird. Abhängig von Tumortyp und -stadium kommen dafür eine Strahlen-, eine Chemotherapie oder eine aktive Überwachung infrage. „Wir wissen mittlerweile, dass für bestimmte Patienten, besonders solche mit Tumoren im frühen Stadium, die aktive Überwachung eine sichere Option darstellt. Eine adjuvante Therapie stellt für viele dieser Patienten eine Übertherapie dar, deren Vor- und Nachteile im Einzelfall abgewogen werden müssen“, so Kliesch.
Bei Männern zwischen dem 20. und 44. Lebensjahr ist der Keimzelltumor die am häufigsten auftretende Tumorart. In Deutschland erkranken daran jährlich etwas mehr als 4.000 Männer (Quelle: Krebs in Deutschland für 2013/2014. 11. Ausgabe. Robert Koch-Institut (Hrsg) und die Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland e.V. (Hrsg). Berlin, 2017). Auch wenn besonders viele junge Patienten betroffen sind, zählt der Tumor auf die Gesamtbevölkerung bezogen zu den weniger häufig auftretenden Krebserkrankungen. Die wesentlichen Risikofaktoren sind ein Hodenhochstand und eine Vorerkrankung mit einem Keimzelltumor. Auch wenn die Erkrankung in der Familie auftritt, ist das Erkrankungsrisiko erhöht. Die Fünfjahresüberlebenswahrscheinlichkeit liegt bei 96 Prozent.
An der S3-Leitlinie Diagnostik, Therapie und Nachsorge der Keimzelltumoren des Hodens waren 30 Fachgesellschaften und Organisationen beteiligt.
Die S3-Leitlinie Diagnostik, Therapie und Nachsorge von Keimzelltumoren des Hodens ist auf dieser Webseite abrufbar: www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/hodentumoren/
Die Inhalte der Leitlinie sind auch in der kostenfreien Leitlinien-App integriert. Android-Smartphone-Nutzer finden die App hier. iPhone-Nutzer können die Leitlinien-App hier herunterladen.
Das Leitlinienprogramm Onkologie (OL)
Leitlinien sind systematisch entwickelte Entscheidungshilfen für Leistungserbringer und Patienten zur angemessenen Vorgehensweise bei speziellen Gesundheitsproblemen. Sie stellen ein wesentliches Instrument zur Förderung von Qualität und Transparenz medizinischer Versorgung dar. Die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF), die Deutsche Krebsgesellschaft e. V. und die Deutsche Krebshilfe haben sich mit dem im Februar 2008 gestarteten Leitlinienprogramm Onkologie das Ziel gesetzt, gemeinsam die Entwicklung und Fortschreibung sowie den Einsatz wissenschaftlich begründeter und praktikabler Leitlinien in der Onkologie zu fördern und zu unterstützen. Mittlerweile umfasst das Leitlinienprogramm 25 S3- Leitlinien, die zu einem großen Teil auch als laienverständliche Patientenleitlinien vorliegen. Mehr unter www.leitlinienprogramm-onkologie.de
Die Deutsche Gesellschaft für Urologie (DGU)
Mit rund 6.500 Mitgliedern ist die Deutsche Gesellschaft für Urologie e. V. (DGU) die größte Vertretung deutscher Fachärztinnen und Fachärzte für Urologie. Als medizinische Fachgesellschaft fördert die DGU Wissenschaft, Forschung, Innovation, Fort- und Weiterbildung in der Urologie. Damit schafft sie die Voraussetzungen für eine flächendeckende hochqualifizierte Versorgung urologischer Patientinnen und Patienten in Deutschland. Mehr unter www.dgu.de
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