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Hautkrebskongress 2017: Neue Erkenntnisse und aktuelle Therapiemöglichkeiten in der Dermato-Onkologie

Quelle: © ADO Kongress

Interview mit Prof. Stephan Grabbe, Tagungspräsident, und  PD Dr. med. Carmen Loquai, Wissenschaftliche Tagungsleiterin 

Beim 27. Deutschen Hautkrebskongress der ADO und der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft, der vom 21. - 23. September 2017 in Mainz stattfindet, werden vielversprechende aktuelle Erkenntnisse und Forschungsergebnisse in Prävention, Diagnostik und Therapie in der Dermato-Onkologie vorgestellt und von internationalen Experten diskutiert. Nicht nur in der Therapie des fortgeschrittenen Melanoms, des Basalzellkarzinoms und in der Behandlung aktinischer Keratosen, auch bei anderen Hautkrebsarten gibt es hoffnungsvolle Fortschritte. Herr Prof. Stephan Grabbe und Frau PD Dr. med. Carmen Loquai geben Einblick in Highlights des Kongresses.

Welche Highlights wird es beim diesjährigen Deutschen Hautkrebskongress geben? Wird das Melanom der Haut mit den erweiterten Therapiemöglichkeiten wieder eine große Rolle spielen? 

PD Dr. med. Carmen Loquai, Univ.-Prof. Dr. med. Stephan Grabbe: „Ja, das Melanom wird auch dieses Jahr wieder eine große Rolle spielen, es gibt neue Meilensteine in der Immuntherapie und zielgerichteten Therapie beim malignen Melanom. Daneben werden aber auch neue Daten zur Therapie fortgeschrittener epithelialer Hauttumoren, voran das Merkelzellkarzinom und Plattenepithelkarzinom, präsentiert werden, die Anlass zur Hoffnung geben.“ 

Auf welche Themen wird diesmal der Fokus gelegt?

PD Dr. med. Carmen Loquai, Univ.-Prof. Dr. med. Stephan Grabbe: „Ein Fokus dieser Tagung liegt in diesem Jahr bei den neuen Entwicklungen zur Immuntherapie, entsprechend dem Mainzer Forschungsschwerpunkt auf diesem Gebiet. Aber auch in der Diskussion und Entwicklung palliativer und psychoonkologischer Versorgungskonzepte werden bei diesem Kongress Akzente gesetzt.“ 

Deutsche Hautkrebszentren sind an verschiedenen aktuellen Studien aktiv beteiligt. Welche vielversprechenden Studien werden beim Kongress diskutiert?

PD Dr. med. Carmen Loquai, Univ.-Prof. Dr. med. Stephan Grabbe: „Zu Beginn des Kongresses werden unter der Leitung von Frau Professor Berking und Herrn PD Dr. Eigentler in einer dreistündigen Sitzung die aktuell in Deutschland laufenden Studien und deren bisherige Ergebnisse vorgestellt. Dies gibt den Kongressteilnehmern eine gute Übersicht zum Stand der klinischen Forschung. In den folgenden Symposien und Sitzungen erwarten wir neben Langzeit- und Kombinationsdaten von Immuntherapeutika und zielgerichteten Therapeutika erste Daten zu personalisierten Impfstudien in der Therapie des malignen Melanoms.“

 

Auf welche neuen Forschungsdaten sind Sie besonders gespannt und welche Vorträge der eingeladenen Wissenschaftler würden Sie besonders hervorheben? 

PD Dr. med. Carmen Loquai, Univ.-Prof. Dr. med. Stephan Grabbe: „Auch dieses Jahr konnten wir wieder hervorragende Plenarredner gewinnen, die uns eine Übersicht zu computerbasierten Screeningverfahren beim Melanom, zur Epigenetik und Krebs und zur Bedeutung von UV-Licht bei der Melanomentstehung geben. Diese Plenarvorträge werden sicherlich zu den Highlights des diesjährigen Kongresses gehören.“

Damit die Erkenntnisse der Forschung möglichst schnell und umfassend den Patienten zugute kommen kann, verfolgt die ADO seit einigen Jahren auch das Ziel, translationale Krebsforschung mit Patientenversorgung zu verbinden. Gibt es dazu neue Impulse? 

PD Dr. med. Carmen Loquai, Univ.-Prof. Dr. med. Stephan Grabbe: „Ja in der Tat. Wir in Mainz arbeiten zum Beispiel an der Entwicklung individualisierter Krebsvakzine, die Ihren Weg vom Labor in erste frühe multizentrische klinische Studien gefunden haben.  Diese konnten wir kürzlich in der Zeitschrift „Nature“ publizieren. In ähnlicher Weise arbeiten viele ADO-Mitglieder an Projekten, in denen einerseits klinische Beobachtungen durch wissenschaftliche Untersuchungen erklärt und andererseits neue wissenschaftliche Erkenntnisse in klinischen Studien geprüft werden.“ 

Es werden immer wieder neue Untersuchungsergebnisse zu verschiedenen Behandlungsmethoden von Melanom und anderen Hauttumoren vorgestellt. Welche Diskussionen gibt es nach der vielversprechenden Entwicklung der letzten Jahre, geht die positive Entwicklung weiter?

PD Dr. med. Carmen Loquai, Univ.-Prof. Dr. med. Stephan Grabbe: „Die zielgerichteten und ImmunCheckpoint-Inhibitoren sind in einer beispiellosen Schnelligkeit als Standardtherapie in unsere Leitlinienempfehlungen aufgenommen worden. Nachdem es uns bei immer mehr Patienten mit schwarzem Hautkrebs gelingt, eine akute lebensbedrohliche Tumorerkrankung in eine chronische Erkrankung zu überführen, stellen wir uns nun die Frage, wie wir ein langfristiges Ansprechen oder gar eine Heilung erreichen können. Kombinationstherapien aus zielgerichteten Therapien und Immuntherapien, aber auch personalisierte Ansätze sind vielversprechend. Wir sind derzeit beim malignen Melanom in der glücklichen Lage, unseren Patienten eine Vielzahl von innovativen Therapiemöglichkeiten anzubieten, die vielversprechend sind, doch dürfen wir nicht vergessen, dass wir trotz allem Enthusiasmus nach wie vor einem ernst zu nehmenden Gegner gegenüberstehen.“ 

Inwieweit führen positiv verlaufende Studienergebnisse zur Zulassung neuer dermaonkologischer Medikamente? 

PD Dr. med. Carmen Loquai, Univ.-Prof. Dr. med. Stephan Grabbe: „Die Zulassung von Medikamenten von deren Entdeckung bis zur Zulassung ist ein langer Weg. Hierbei werden verschiedene Phasen der Entwicklung und dann klinischen Prüfung durchlaufen, die oft Jahre dauern. Wenn sich frühe positive Studienergebnisse in weiterführenden groß angelegten Studien bestätigt haben, ist zumindest der Weg für eine Zulassung geebnet, doch beginnt dann ein hochkomplexes länderspezifisches Verfahren, bis die Medikamente für unsere Patienten zur Verfügung stehen. Selbst wenn die europäische Zulassungsbehörde ein Medikament befürwortet, ist es keine Selbstverständlichkeit, dass dieses dann auch in Deutschland auf dem Markt zur Verfügung stehen wird. Die Zulassung eines Medikamentes ist auch im Falle positiv verlaufender Studienergenissen also kein Selbstläufer. Aktuell befinden sich aus der dermatologischen Onkologie eine ganze Reihe von Therapeutika im Zulassungsverfahren. Hierzu gehören u. a. Immuntherapeutika für die Behandlung des metastasierten Merkelzellkarzinoms und in der adjuvanten Behandlung des Melanoms, sowie zwei neue Therapeutika zur Behandlung von kutanen Lymphomen.“

Welche Rolle spielen Nebenwirkungs-Strategien bei den neuen Thereapeutika? 

PD Dr. med. Carmen Loquai, Univ.-Prof. Dr. med. Stephan Grabbe: „Die Wirkung der neuen Therapeutika ist überzeugend, aber gerade bei den Immuncheckpointinhibitoren müssen wir unsere Patienten bereits vor Beginn der Therapie sehr gut und umfassend über mögliche Nebenwirkungen aufklären. Um die Patienten sicher führen zu können, müssen diese wissen, welche Symptome auftreten können. Mit den neuen Immuncheckpointinhibitoren lösen wir praktisch die Bremse des Immunsystems und geben zusätzlich Gas, was dazu führen soll, dass sich das Immunsystem mit voller Kraft gegen die Tumorzellen wendet und diese bekämpft. Doch kann die rasante Fahrt auch außer Kontrolle geraten und neben den Tumorzellen gesundes Gewebe angreifen. So kann es unter der Therapie z. B. zu einer Darmentzündung kommen, die bei den Patienten Durchfallbeschwerden auslöst. Wir fragen deshalb unsere Patienten bei jeder Vorstellung nach typischen Beschwerden, um diese Nebenwirkungen zu erkennen und mit Hilfe von Medikamenten – in den meisten Fällen Cortison – dann im richtigen Augenblick wieder auf die Bremse treten zu können.“

Der gefürchtete „schwarze Hautkrebs“ kann in vielen Varianten auftreten und immer gilt: Je eher entdeckt, desto besser. Was sind frühe Anzeichen?  

PD Dr. med. Carmen Loquai: „Beim Hautkrebsscreening versuchen wir dem Patienten frühe Anzeichen mit Hilfe der sogenannten ABCD-Regel zu erklären. Wenn sich ein Pigmentmal in der Symmetrie ändert, d. h. nicht mehr rund oder oval ist, eine verstärkt unregelmäßige Begrenzung zeigt, nicht nur aus einer Farbe sondern aus mehreren Farben besteht und größer als 0,5 mm ist, dann können dies Anzeichen für das Vorliegen eines Melanoms sein. Je mehr dieser Punkte auf ein solches Pigmentmal zutreffen, desto verdächtiger ist dieses und sollte durch einen Hautarzt weiter abgeklärt werden.“

Ein Highlight der Tagung wird sicher wieder das beliebte Forum Hautkrebs für Patienten sein. Inwieweit wird neben der Prävention auch die Tumortherapie angesprochen? Wird der interdisziplinäre Ansatz weiter fortgeführt – z. B. mit Psychoonkologie, Komplementärmedizin, Sport und Bewegung, gesunder Ernährung – und werden dazu neue Studien vorgestellt? 

PD Dr. med. Carmen Loquai: „Auch dieses Jahr möchten wir unseren Patienten einen Überblick zu den Highlights des Kongresses geben, Fragen zur Früherkennung von Hautkrebs und wie sich jeder einzelne hiervor schützen kann, aber auch die psychoonkologische Versorgung von Krebspatienten und palliative Versorgungskonzepte werden adressiert. In einer Podiumsdiskussion werden dann im Anschluss an Impulsvorträge von Patienten vorgetragene Fragen gemeinsam diskutiert. Für die Moderation konnten wir dieses Jahr Herrn Dr. Frank Wittig vom SWR Fernsehen gewinnen und freuen uns schon jetzt auf eine rege Beteiligung.“

Dass die bösartigen Erkrankungen der Haut immer noch zunehmen, soll vor allem an der Sonnenbestrahlung liegen. Wie können wir uns am besten schützen? Sind immer höhere Hautschutzfaktoren entscheidend für die Prävention?

PD Dr. med. Carmen Loquai: „Sonnenstrahlung hat sowohl positive wie auch negative Auswirkungen auf die Gesundheit – wie bei vielem im Leben ist das richtige Maß entscheidend. Wichtig ist, dass man zu intensive Sonneneinstrahlung oder gar Sonnenbrände vermeidet und sich am besten mittels geeigneter Kleidung und sonst mit Sonnencremes schützt. Je jünger die Haut ist, desto gefährdeter ist sie für die durch UV-Licht induzierte Entstehung von schwarzem Hautkrebs. Daher sollten besonders Kleinkinder vor zu intensiver Sonneneinstrahlung geschützt werden. Ein anderer Faktor ist der individuelle Hauttyp – hier gilt, je hellhäutiger und lichtempfindlicher jemand ist, desto konsequenter sollte der Sonnenschutz sein.“

Auch wenn es wieder weitere Fortschritte in Prävention und Therapie beim Hautkrebs gibt – weiterhin wichtige Bereiche sind Palliativmedizin und Psychoonkologie. Inwieweit spielt diese auch bei der diesjährigen ADO-Tagung eine Rolle? 

PD Dr. med. Carmen Loquai, Univ.-Prof. Dr. Stephan Grabbe: Nicht jeder Tumorpatient kann geheilt werden, viele Tumore und auch ihre Therapien können Schmerzen und Beschwerden verursachen und nicht jeder Tumorpatient verarbeitet seine Erkrankung in gleicher Weise. Daher ist es mittlerweile in deutschen Hautkrebszentren selbstverständlich, dass neben den Behandlungen, die auf eine Elimination des Tumors zielen, auch solche angeboten werden, die auf die Linderung von Tumor- oder therapiebedingten Beschwerden abzielen und/oder die seelische Verfassung des Patienten in den Mittelpunkt des Behandlungskonzepts stellen. Dies geschieht unter anderem in enger Zusammenarbeit mit der Palliativmedizin, der Psychoonkologie und dem Sozialdienst. Durch die Einbeziehung dieser wichtigen Bereiche in das Behandlungskonzept von Tumorpatienten sind die – oft stark körperlich und seelisch belastenden – Tumorerkrankungen und ihre Therapien besser verträglich und erträglicher geworden.

 

Quelle:

Pressemitteilung der Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Onkologie der Deutschen Krebsgesellschaft (ADO) und der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft vom 08.09.2017

Letzte inhaltliche Aktualisierung am: 11.09.2017

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