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Haarverlust und körperliche Veränderungen bei Krebs

Frau mit Haarverlust, Quelle: © Alena Ozerova - fotolia.com
Quelle: © Alena Ozerova - fotolia.com

Krebserkrankungen und deren Behandlung können ihre Spuren an Haut und Haaren hinterlassen: Chemo-, Strahlentherapie und zielgerichtete Medikamente können zu Haarverlust führen; Operationen hinterlassen Narben; Medikamente können Hautreizungen hervorrufen. Hier erfahren Sie, wie Sie mit diesen Veränderungen leben bzw. mit ihnen umgehen können.

Ursachen von Haarverlust bei Krebstherapien

Am augenfälligsten ist der Haarverlust, der meist durch die Chemotherapie bedingt ist. Die bei der Chemotherapie eingesetzten Medikamente, sog. Zytostatika, wirken besonders auf sich schnell teilende Zellen, dazu gehören neben den Tumor- unter anderem auch die Haarwurzelzellen. Etwa zwei bis vier Wochen nach der Chemotherapie kann der Haarausfall beginnen. Jedoch erst, wenn die Hälfte aller Haare ausgefallen ist, wird der Haarverlust sichtbar. Auch Körperbehaarung, Wimpern, Augenbrauen und Barthaare können davon betroffen sein. Ob ein Haarverlust eintritt und wie stark er ist, hängt von der Art des Zytostatikums und dessen Dosierung sowie von der eigenen Veranlagung ab. [1]


Haarwurzeln können auch durch eine Strahlentherapie des Kopfes geschädigt werden. Durch die Bestrahlung eines Tumors in einer anderen Körperregion werden die Kopfhaare jedoch nicht beeinflusst. Ob, wann und wie stark die Haare ausfallen, hängt von der Strahlendosis ab, die direkt auf die Haarwurzel trifft. Selbst bei hohen Strahlendosen, die auf den Kopf treffen, sind die Haarwurzeln geringer belastet als der zu bestrahlende Tumor, so dass nicht in jedem Fall ein Haarausfall die Folge ist. Falls es zum Haarverlust nach einer Bestrahlung kommt, dauert es länger als bei der Chemotherapie bis die Haare nachwachsen. Bei einer Hirnbestrahlung ist es möglich, dass das Haar dauerhaft schütterer bleibt, ansonsten erholen sich die Haarwurzeln auch nach einer Strahlentherapie wieder. [2]


Mit Zielgerichtete Therapien verbindet sich die Hoffnung, einerseits die Krebszellen wirkungsvoll aufhalten zu können und andererseits weniger Nebenwirkungen in Kauf nehmen zu müssen. Die Wirkstoffe greifen die Strukturen der Zelle an, die eine wichtige Rolle bei der Krebsentstehung und dem Tumorwachstum spielen. Doch auch zielgerichtete Therapien können Nebenwirkungen verursachen und Haut- und Haare können sich durch die Behandlung geschädigt werden. Sofern Haarschädigungen auftreten, sind sie erst zwei bis drei Monate nach der Therapie zu beobachten: Die Haarstruktur und Farbe kann sich verändern, die Haare können dünner oder brüchiger werden und in seltenen Fällen fallen die Harre teilweise aus. Bei Männern kann bei der Behandlung mit zielgerichteten Therapien der Bartwuchs zurückgehen. Die Veränderungen bilden sich in der Regel zurück, nachdem die Medikamente abgesetzt wurden. [1]


Auch eine Antihormontherapie kann Haarausfall bedingen, da sowohl Östrogene als auch Androgene auf die Haarfollikel wirken. [2]

Psychische Folgen von Haarverlust

Die äußeren, für alle sichtbaren Veränderungen der Krebstherapien werden häufig als stigmatisierend erlebt. Das Selbstwertgefühl wird reduziert, die Patient*innen ziehen sich zurück. Viele Patientinnen sind sehr unglücklich darüber und fühlen sich unweiblich, weniger attraktiv, verletzlich und entblößt. Haare sind ein besonders sensibles Gebiet der mit der Erkrankung einhergehenden körperlichen Veränderungen, da es sich um einen sichtbaren Verlust handelt und man allein dadurch immer wieder an die Erkrankung erinnert wird. Diese Gefühle sind normal und verständlich und es kann einige Zeit dauern, bis Sie sich daran gewöhnt haben. Sich schon vorher mit der Möglichkeit des Haarverlustes zu beschäftigen, kann es unter Umständen weniger schwer machen.

Sich wohlzufühlen und sich als attraktiv zu empfinden, steigert das Selbstbewusstsein, hilft Kraft zu schöpfen und fördert letztendlich den Heilungsprozess. Viele Organisationen bieten daher inzwischen Hilfe an, wie Kosmetikseminare, Pflege- und Haarprogramme oder Beratung bei der Wahl von Prothesen und Perücken. Schon einfache Tricks und Tipps können helfen, sich wohler zu fühlen. Sie sollten ebenfalls nicht vergessen: Die haarlose Zeit geht vorbei!

Dem Haarausfall begegnen: Perücken, Tücher, Kurzhaarschnitt

Frau mit Turban
Quelle: © triocean - fotolia,com

Haarausfall als Nebenwirkung von Krebstherapien ist insbesondere für Frauen schwierig. Viele Patientinnen entscheiden sich in dieser Zeit für eine Perücke. Wichtig ist hier, sich möglichst früh an einen versierten Friseur oder ein Perückenstudio zu wenden. So kann die Perücke passend zu Kopfform und Originalhaarfarbe angefertigt und wenn nötig geschnitten werden. Vor einer Therapie, bei der es zu einem Haarverlust kommen kann, sollte man erwägen, einen Kurzhaarschnitt machen zu lassen. Dadurch ist der Haarausfall weniger auffällig.

Viele Patienten entscheiden sich auch für Tücher, Hüte, Turbane, Baseballkappen, Stirnbänder oder Bemalungen des Kopfes, um den Haarverlust zu kaschieren. Aber auch Schmuck oder die Betonung der Augen oder des Mundes durch Kosmetika kann die Aufmerksamkeit von der Frisur weglenken. In Seminaren beraten geschulte Friseure und Kosmetiker Patienten über Wickeltechniken für Tücher, Perückenkauf und –anpassung und geben Schmink- sowie Hautpflegetipps. [2]

Die Art der Kopfbedeckung variiert abhängig von der Jahreszeit: Im Sommer nutzen Krebspatientinnen oft sogenannte Bandana, im Nacken zusammengebundene Tücher, um den Haarausfall zu kaschieren. Tücher, Baseballkappen, Schirmmützen, Fischerhüte sowie Strohhüte eigen sich während der Sommerzeit auch hervorragend als Sonnenschutz. Im Winter können Kopfbedeckungen wie Hüte und Mützen aus Wolle, Kunstpelz, Samt und Strick den Wärmeverlust über die Kopfhaut mindern und vor Wind schützen.

Vielfältige Perückenarten

Heutige Perücken sind sehr leicht, atmungsaktiv und wirken natürlich. Kunst- oder Echthaare unterscheiden sich optisch und vom Tragekomfort nicht voneinander. Echthaare sind deutlich teurer und in der Pflege aufwändiger, können aber problemlos gefärbt und gelockt werden und sind für Patienten mit einer Allergie gegen Kunstfasern zu empfehlen. „Der Nachteil einer Echthaar-Perücke: Sie ist teurer und die Pflege sehr viel aufwändiger", so die Zweithaar-Spezialistin Christin Belzner. "Nach dem Waschen muss sie wieder mit mehr Mühe und Zeitaufwand in Form gebracht werden. Die Kunsthaar-Perücke wird nach dem Waschen geschüttelt und ist im Nu wieder einsatzfähig“, erklärt die Expertin.

Patient*innen sollten verschiedene Perücken vor dem Kauf in einem zertifizierten Spezialgeschäft ausprobieren und sich von einer staatlich anerkannten Fachkraft für Zweithaar (HWK) beraten lassen.

Die Qualität von Perücken unterscheidet sich auch durch die sogenannte Montur, also die Art, wie die Haare an einer Perücke befestigt werden. Beispiele für Perücken-Monturen sind:

  • Tressenperücke: Das Haar, meist Kunsthaar, ist maschinell auf dünne Schnüre, sogenannte Tressen, genäht. Diese Tressen werden wiederum lamellenartig auf feinen Baumwollbändern befestigt, welche die Grundform einer Perücke bilden. Die Tresse passt sich gut der Kopfform an, hat Stand und Volumen am Ansatz, ist leicht zu frisieren und verfügt über eine sehr gute Luftzirkulation.

  • 100% handgeknüpft: Die Haare sind in Handarbeit einzeln auf feinen Tüll geknüpft und lassen sich vom natürlichen Haarwuchs kaum unterscheiden. Diese Perücke ist luftdurchlässig und verleiht einen besonderen Tragekomfort.

  • Filmansatz: Im Bereich der Stirn und des Ponys werden die Haare in feiner Handarbeit einzeln auf einen schmalen, durchsichtigen Montur-Ansatz eingearbeitet. So ist der Rand der Perücke unsichtbar, der Pony wirkt natürlich gewachsen und ist vielfältig frisierbar.

Kopfhaut- und Haarpflege: So sanft wie möglich

Haare und Kopfhaut können durch Krebstherapien besonders sensibel und empfindlich sein, daher sollten sie vorsichtig gewaschen werden: mit lauwarmem Wasser und sehr mildem Shampoo. Dies gilt auch für die Kopfhaut ohne Haare. Diese kann durch fetthaltige Salben oder auch einfachem Olivenöl vor dem Austrocknen geschützt werden. Im Freien sollte ein Sonnenschutzmittel mit hohem Lichtschutzfaktor eingesetzt oder eine Kopfbedeckung getragen werden, denn Haare bieten auch Schutz vor Umwelteinflüssen. Kopfbedeckungen sind auch im Winter sehr wichtig, um die Kopfhaut vor Kälte zu schützen.

Wenn das Haar nachwächst

Im Normalfall wächst das Haar nach dem Ende der Therapie etwa einen Zentimeter im Monat nach, manchmal in einer anderen Haarfarbe oder mit anderer Struktur. Etwa drei Monate nach der letzten Chemotherapie sind die Kopfhaare meist schon wieder so weit nachgewachsen, dass viele Patient*innen ohne Perücke oder Kopfbedeckung auskommen. Körperhaare brauchen etwas länger, um nachzuwachsen. Viele Betroffene berichten, dass das neu nachgewachsene Haar nach einer Krebstherapie verändert aussieht: Meistens ist das Haar etwas gewellt oder gelockt und die Farbe weicht ab. Nur wenige Betroffene berichten von dauerhaften Schäden durch Krebsmedikamente. Lediglich Patient*innen, die eine Hochdosis-Chemotherapie mit anschließender Knochenmarkstransplantation erhalten hatten, berichten von dauerhaftem Haarverlust. [2]

Wer übernimmt die Kosten für den Haarersatz?

Geld und Stetoskop, Quelle: © Wolfgang-S - fotolia.com
Quelle: © Wolfgang-S - fotolia.com

Krankenkassen können die Kosten für die Zweitfrisur übernehmen, die Regelungen sind hier von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich und müssen jeweils erfragt werden.  Wie hoch die Unterstützung ausfällt, erfahren Betroffene von ihrer Krankenkasse. Bei privaten Krankenkassen hängt die Kostenbeteiligung vom abgeschlossenen Tarif ab. [3]

Gesetzlich versicherte Frauen, Kinder und Jugendliche, bei denen infolge einer Krebstherapie Haarausfall droht, erhalten eine Perücke auf Rezept. Auf dem Rezept für die Perücke sollten Unverträglichkeiten oder Hauterkrankungen des*der Patient*in ausdrücklich vom behandelnden Arzt*Ärztin erwähnt werden. Ärztlich verschriebener Haarersatz wird von den Krankenkassen bezuschusst. Nicht alle gesetzlichen Krankenversicherungen finanzieren eine Perücke für männliche Krebspatienten. Die Kassen berufen sich dabei auf Urteile von Sozialgerichten.*

Um eine Perücke von der Krankenkasse (teil-)finanziert zu bekommen, muss zunächst ein*e Arzt'*Ärztin den Haarausfall bestätigen und ein Rezept ausstellen. Danach sollten die Betroffenen einen Termin bei einem niedergelassenen Zweithaar-Spezialisten vereinbaren, wobei man darauf achten sollte, dass der Zweithaar-Spezialist eine Zulassung bei der jeweiligen Krankenkasse hat und ein eingetragenes Mitglied im BVZ, dem Bundesverband für Zweithaar ist, der sich für die Belange von Patient*innen gegenüber den Verbänden der Krankenkassen einsetzt. [4]

Es ist ratsam sich frühzeitig bei von einem zertifizierten Zweithaar-Spezialisten beraten zulassen. In diesem Fall stellt der Zweithaar-Experte einen Kostenvoranschlag und übernimmt die Abrechnung mit der Krankenkasse, so dass nur die Differenz für einen eventuell höherwertigen Haarersatz an die Zweithaar-Spezialistin zu bezahlen ist. [2]

 

*"Anders als bei Frauen wird bei Männern Kahlköpfigkeit in der Gesellschaft nicht als besonders auffälliger Zustand angesehen, weil sie biologisch bedingt häufiger auftritt. Dieser biologische Unterschied rechtfertigt die unterschiedliche Behandlung von Männern und Frauen und führt dazu, dass kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes vorliegt." (Pressemitteilung des Landessozialgericht Rheinland-Pfalz vom 10. Mai 2007, einsehbar über das Pressearchiv auf www.justiz.rlp.de)

(ak)

Fachberatung:

Christin Belzner, Perücken & Turbanatelier, Grußdorfstraße 19, 13507 Berlin, www.trendy-turbane.de

Quellen:

[1] https://www.krebsinformationsdienst.de/leben/belastende-symptome/haarausfall-bei-krebs.php (Zuletzt aufgerufen am 08.09.2022)
[2] Haarausfall durch Krebsbehandlung. Krebsinformationsdienst, Deutsches Krebsforschungszentrum. Stand 15.01.2022. Abrufbar unter: https://www.krebsinformationsdienst.de/wegweiser/iblatt/iblatt-haarausfall.pdf (Zuletzt aufgerufen am 08.09.2022)
[3] Die blauen Ratgeber. Wegweiser zu Sozialleistungen. Herausgeber: Deutsche Krebshilfe e.V., Stand 2/2021 https://www.krebshilfe.de/infomaterial/Blaue_Ratgeber/Wegweiser-zu-Sozialleistungen_BlaueRatgeber_DeutscheKrebshilfe.pdf http://www.krebshilfe.de/wir-informieren/material-fuer-betroffene/blaue-ratgeber.html?L=0
[4] http://www.bvz-info.de/Endverbraucher/Krankenkassen/

Service und Linktipps:

Letzte inhaltliche Aktualisierung am: 30.03.2023

Link-Tipps und Service

Für viele Krebspatientinnen ist es schwer mit äußerlichen Veränderungen wie Haarverlust, Hautflecken oder Wimpernverlust positiv umzugehen. Deshalb bietet DKMS LIFE, zur Unterstützung der Patientinnen, kostenlose "look good feel better" Kosmetikseminare inklusive Tücher- und Kopfschmuckberatung an. Die Seminare sind sowohl für Jugendliche als auch für Erwachsene und finden regelmäßig überall in Deutschland statt. Mehr Informationen und Termine unter
www.dkms-life.de

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Zuletzt aufgerufen am: 28.03.2024 13:07