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Chronische lymphatische Leukämie (CLL)

Epidemiologie

Krebszelle
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Die CLL ist ein leukämisch verlaufendes, niedrig malignes Non-Hodgkin-Lymphom der B-Zellreihe (B-CLL). Mit einer Inzidenz von 4 pro 100.000 Einwohner ist die CLL die häufigste Leukämieform des Erwachsenen in der westlichen Welt, während in Asien die Inzidenz deutlich niedriger ist. Männer sind häufiger betroffen als Frauen (Verhältnis 1,5-2:1). In Deutschland erkranken jährlich etwa 2.250 Männer und 1.500 Frauen [1]. Die CLL gilt nach wie vor als typische Alterserkrankung. Allerdings stieg der Anteil jüngerer CLL-Patienten (< 55 Jahre) auf 20% [2], was auf die häufigeren Routineblutuntersuchungen zurückgeführt wird. Bei der komplexen Pathogenese der CLL spielen neben angeborenen und erworbenen genetischen Faktoren auch Umweltfaktoren (Infektionen) und das Immunsystem eine wichtige Rolle. Letztlich liegt der CLL eine Akkumulation von klonalen B-Lymphozyten zugrunde, u.a. aufgrund einer Hemmung des programmierten Zelltodes (Apoptose) von B-Zellen, die entweder unmutierte (naive B-Zellen) oder mutierte IGHV-Genen nach Antigenkontakt (B-Gedächtniszellen) aufweisen, was von prognostischer Bedeutung ist. 

Diagnose

Die Diagnose wird aus dem peripheren Blut mittels Blutbild inklusive Blutausstrich und Immunphänotypisierung (Durchflusszytometrie) gestellt. Eine Knochenmarkbiopsie ist zur Diagnose in der Regel nicht erforderlich. Nach den Kriterien des International Workshop on CLL (IWCLL) 2008 [3] gilt eine CLL als gesichert, wenn erstens im Blut mindestens 5000 klonale B-Lymphozyten pro μl vorliegen, zweites die Lymphozyten morphologische Reifezeichen aufweisen und drittens die immunphänotypischen Oberflächenmarker sowie eine Leichtkettenrestriktion (kappa- oder lambda-Typ) zum Monoklonalitätsnachweis gefunden werden. Bei der CLL ist im Gegensatz zum follikulären Lymphom eine Expression von CD5 neben CD19 und CD23 charakteristisch. Als Vorstufe der CLL gilt eine monoklonale B-Zell-Lymphozytose (MBL) [4], die durch eine geringere Zahl klonaler B-Lymphozyten (< 5000/μl) mit klassischem CLL-Phänotyp definiert ist. Der Übergang einer MBL zur behandlungsbedürftigen CLL ist mit etwa 1% pro Jahr selten [5].

Abgesehen von der Lymphknotenvergrößerung sind die Erstsymptome der CLL unspezifisch. Bei der Anamnese sollten speziell Leistungsschwäche, B-Symptomen, Infektneigung sowie eine familiäre Vorbelastung abgeklärt werden. Von Bedeutung sind auch frühere Blutbilder. Die körperliche Untersuchung erfolgt unter besonderer Berücksichtigung der peripheren Lymphknotenstationen, der Leber- und Milzgröße sowie von Zeichen einer Anämie oder erhöhter Blutungsneigung. Vor Therapiebeginn sind in Abhängigkeit von Symptomatik und geplanter Therapie weitere Untersuchungen wie eine genetische Untersuchung der CLL Zellen obligat (Therapierefraktärität und schlechte Prognose bei 17p-Deletion).

Symptome

Die CLL verläuft zu Beginn in der Regel schleichend und bleibt daher über lange Zeit unentdeckt. Meist wird die Lymphozytose bei einem Routineblutbild zufällig entdeckt, in anderen Fällen erfolgt die Diagnose bei der Abklärung einer schmerzlosen Lymphknotenschwellung. Symptomatische Patienten zeigen üblicherweise unspezifische Symptome wie Müdigkeit, Blässe, Appetitlosigkeit, B-Symptome, Belastungsdyspnoe oder Oberbauchbeschwerden als Folge der zunehmenden Tumorzellmasse sowie der folglichen hämatopoetischen und immunologischen Insuffizienz. Typisch ist auch eine erhöhte Infektneigung. Bei der klinischen Untersuchung gelten eine generalisierte Lymphadenopathie und eine Hepatosplenomegalie gemeinsam mit der Leukozytose als Leitsymptome der CLL.

Klinisch variiert der Krankheitsverlauf sehr stark. Während einige Patienten über Jahre asymptomatisch bleiben, zeigen andere eine rasche Progression oder sogar eine hochmaligne Transformation mit Überlebenszeiten von nur wenigen Monaten. Zur besseren Abschätzung des heterogenen Krankheitsverlaufs werden die RAI- und die in Europa gebräuchlichere BINET-Klassifikation herangezogen, die lediglich ein Blutbild (Hämoglobinwert, Thrombozytenzahl) und eine körperliche Untersuchung (Lymphknotenstatus, Milz- und Leberpalpation) erfordern [6,7]. Für das individuelle Risikoprofil und Therapienotwendigkeit werden heute zusätzliche prognostische Parameter herangezogen. Dazu zählen die Lymphozytenverdopplungszeit (LVZ), Serumwerte (Beta2-Mikroglobulin und Thymidinkinase) sowie der Mutationsstatus und genetische Aberrationen. Allerdings werden einige der Parameter zum jetzigen Zeitpunkt nur im Rahmen klinischer Studien zu Identifikation der Risikogruppe angewendet, sie werden aber in naher Zukunft das therapeutische Vorgehen entscheidend beeinflussen. Für die klinische Praxis ist derzeit nur die 17p-Deletion bzw. ein positiver P53-Mutatiosstatus von Bedeutung, da sie eine Resistenz gegenüber Chemotherapeutika und eine verkürzte Überlebenszeit vorhersagen [8].

 

Referenzen:

[1] Pritzkuleit R et al. Hochrechnung des Instituts für Krebsepidemiologie e.V., Lübeck, April 2011.

[2] Mauro FR et al. Clinical characteristics and outcome of young chronic lymphocytic leukemia patients: a single institution study of 204 cases. Blood. 1999 Jul 15;94(2):448-54.

[3] Hallek M et al. Guidelines for the diagnosis and treatment of chronic lymphocytic leukemia: a report from the International Workshop on Chronic Lymphocytic Leukemia updating the National Cancer Institute-Working Group 1996 guidelines. Blood. 2008 Jun 15;111(12):5446-56.

[4]Landgren O et al. B-cell clones as early markers for chronic lymphocytic leukemia. N Engl J Med. 2009 Feb 12;360(7):659-67.

[5] Landgren O et al. B-cell clones as early markers for chronic lymphocytic leukemia. N Engl J Med. 2009 Feb 12;360(7):659-67.

[6] Rawstron AC et al. Monoclonal B-cell lymphocytosis and chronic lymphocytic leukemia. N Engl J Med. 2008 Aug 7;359(6):575-83.

[7] Binet JL et al. A new prognostic classification of chronic lymphocytic leukemia derived from a multivariate survival analysis. Cancer. 1981 Jul 1;48(1):198-206.

[8] Döhner H et al. p53 gene deletion predicts for poor survival and non-response to therapy with purine analogs in chronic B-cell leukemias. Blood. 1995 Mar 15;85(6):1580-9.

Letzte inhaltliche Aktualisierung am: 30.07.2015

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