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Aktualisierte Leitlinie Hodgkin-Lymphom – Was sollten Patient*innen wissen?

Häufigkeit und Prognose

Gespräch Patientin und Arzt
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Das Hodgkin-Lymphom, auch Morbus Hodgkin genannt, ist eine Erkrankung des Immunsystems. Betroffen sind die die Lymphozyten, die zu den weißen Blutkörperchen gehören. Lymphozyten befinden sich in den Lymphbahnen, aber vor allem auch in den Lymphknoten, wo sie gezielt Krankheitserreger abwehren. Beim Hodgkin-Lymphom vermehren sich die Lymphozyten unkontrolliert, was dazu führt, dass das Immunsystem geschwächt wird. Weil es sich um eine bösartige Veränderung handelt, gehört das Hodgkin-Lymphom zu den Krebserkrankungen. [1]

Sehr gute Aussichten auf Heilung

Oft erkranken junge Menschen zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr an einem Hodgkin- Lymphom. Aber auch Menschen ab dem 65. Lebensjahr sind häufig betroffen. Insgesamt ist die Erkrankung aber selten: Im Jahr 2016 erkrankten in Deutschland insgesamt 2.490 Erwachsene, davon waren 1.430 Männer und 1.060 Frauen. [2] „Das Hodgkin-Lymphom ist zwar eine bösartige Tumorerkrankung, hat aber unter allen Krebsarten die höchsten Heilungsraten: 80% der Patient*innen werden vollständig wieder gesund. Wenn das Hodgkin-Lymphom in einem frühen Stadium entdeckt wird, können sogar 90% der Patient*innen geheilt werden“, erklärt Prof. Skoetz. Dies wird durch die zwei grundlegenden Behandlungsmöglichkeiten erreicht: Chemotherapie und Strahlentherapie. Für beide ist die Wirksamkeit wissenschaftlich nachgewiesen. Die Verfahren kommen in allen Krankheitsstadien (früh, intermediär, spät) zum Einsatz, werden aber immer auf die konkrete Situation angepasst.

Steckbrief Hodgkin-Lymphom [1,2]

  • Das Hodgkin-Lymphom (auch Morbus Hodgkin) ist eine bösartige Erkrankung des Immunsystems.
  • Die Krankheit wurde nach dem Arzt Thomas Hodgkin benannt, der sie 1832 entdeckt hat.
  • Betroffen sind Menschen zwischen dem 20. und 30. sowie ab dem 65. Lebensjahr.
  • Die Erkrankung ist mit etwa 2.500 Fällen im Jahr sehr selten.
  • Das Hodgkin-Lymphom hat eine sehr gute Prognose. Zwischen 80% und 90% der Erkrankten können geheilt werden.

Leitlinie: Was ist neu?

Warum war eine Aktualisierung der Leitlinie notwendig?

„Glücklicherweise werden zur Therapie des Hodgkin-Lymphoms stetig neue klinische Studien durchgeführt“, erläutert Prof. Dr. Skoetz. „Die Ergebnisse dieser Studien werden regelmäßig von Experten begutachtet und fließen dann in die Leitlinie ein. So wird gesichert, dass sie stets auf dem neuesten Stand der Wissenschaft bleibt“. Für die S3-Leitlinie Hodgkin-Lymphom ist eine jährliche Aktualisierung vorgesehen.

Die Leitlinie zum Hodgkin-Lymphom gibt es in zwei Versionen: Eine richtet sich primär an Ärzt*innen und weitere im Gesundheitswesen Tätige, die Patient*innen mit einem Hodgkin-Lymphom behandeln und betreuen. Sie kommen aus den Bereichen Onkologie, Hämatologie, Pathologie, Strahlentherapie, Radiologie, Nuklearmedizin, Radioonkologie, Psychoonkologie, Innere Medizin und der Pflege. [3] Damit sich auch die Patient*innen selbst und ihre Angehörigen gut informieren können, steht zusätzlich eine besser verständliche Fassung für Nicht-Mediziner zur Verfügung. „Wir sind gerade dabei, die aktuellen Anpassungen in diese Patientenleitlinie einzuarbeiten und hoffen, dass sie noch im ersten Quartal dieses Jahres fertig sein wird“, informiert Angela Aldin. Damit Interessierte schon vorab erfahren, was sich geändert hat, sind die wichtigsten Anpassungen in diesem Beitrag zusammengefasst.

Was ist neu?

Grundsätzlich lassen sich zwei Arten von Änderungen unterscheiden: Einige der bereits bestehenden Empfehlungen wurden angepasst und andere Empfehlungen sind ganz neu hinzugekommen. Zu letzteren gehören die Bereiche Schwangerschaft und Rehabilitation, die es zuvor nicht gab. Jede Empfehlung wird in der Leitlinie ausführlich begründet.

 

Scherenschnitt Familie und Herz
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1. Schwangerschaft: Chemotherapie möglich

Die aktualisierte Fassung enthält nun ein Unterkapitel (Kapitel 8.5 in der Leitlinie für Fachkreise) mit 10 Empfehlungen zur Betreuung von schwangeren Patientinnen. „Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Patientinnen mit einem Hodgkin-Lymphom, die sich im 2. oder 3. Trimester ihrer Schwangerschaft befinden, eine Chemotherapie erhalten können. Komplikationen oder Nebenwirkungen, die sich negativ auf Mutter und Kind auswirken, sind in der Regel nicht zu erwarten“, erklärt Prof. Skoetz. Ein Trimester umfasst drei Monate. Wenn eine Chemotherapie verabreicht wird, sollte diese spätestens zwischen der 35. und 37. Schwangerschaftswoche beziehungsweise zwei Wochen vor Entbindung beendet werden.

Bei Frauen im 1. Trimester sollte eine Chemotherapie vermieden werden. Eine Strahlentherapie sollten Schwangere möglichst grundsätzlich nicht erhalten. „Was ganz wichtig ist: Alle Maßnahmen sollen so ausgerichtet sein, dass es nicht zu einer Frühgeburt kommt, insbesondere nicht vor der 32. Schwangerschaftswoche“, betont Prof. Skoetz.

Frau und Mann tanzen
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2. Rehabilitation: Unterstützung für die Zeit danach

„Auch wenn die Heilungsaussichten gut sind, bedeutet die Krankheit für die meisten Patient*innen einen Einschnitt – mit körperlichen und psychischen Folgen. Daher wird nach überstandener Erkrankung empfohlen, ihnen eine Rehabilitation anzubieten“, so Prof. Skoetz (Empfehlung 10.14). Die Reha beinhaltet medizinische und sozial-medizinische Maßnahmen. Zu den medizinischen Angeboten gehören:

  • Bewegungstherapien: Ausdauertraining, Koordinations- und Mobilitätstraining, Muskelaufbau
  • Ernährungstherapie: unterstützend zum Muskelaufbau
  • Ergotherapie: Wiederherstellung oder Besserung der Beweglichkeit von Gelenken ihrer Stabilität, Wiederherstellung oder Besserung von Muskelkraft, -ausdauer und -belastbarkeit
  • Angebote zur psychischen Stabilisierung: bei Ängsten vor einem Krankheitsrückfall oder Depressivität

 

Sozial-medizinische Angebote sollen den Patient*innen die Rückkehr in den Beruf erleichtern und sie soweit unterstützen, dass sie wieder an gesellschaftlichen Aktivitäten teilnehmen können.

Welche Empfehlungen wurden angepasst?

Bestrahlung eines Patienten
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1. Diagnostik: PET/CT wird von Kassen übernommen

Bei einem Verdacht auf ein Hodgkin-Lymphom werden verschiedene diagnostische Untersuchungen durchgeführt. Dazu gehören das Gespräch zwischen Ärzt*innen und Patient*innen (Anamnese), die körperliche Untersuchung, die Labordiagnostik, bildgebende Verfahren von Hals, Brustkorb, Bauch sowie Röntgen, Ultraschall und PET/CT. Das ist zunächst nicht neu. Jedoch wird insbesondere die Untersuchung mit der PET/CT aufgrund ihrer hohen Genauigkeit jetzt besonders empfohlen. Die PET/CT ist ein bildgebendes Verfahren, das die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) mit der Computertomographie (CT) kombiniert. „Die Methode darf nun zur Diagnostik und zur Feststellung des Erkrankungsstadiums auf Kosten der gesetzlichen Krankenkasse eingesetzt werden. Zuvor konnten die Kosten nur im Einzelfall auf Antrag übernommen werden. Das ist ein wichtiger Fortschritt für die Patient*innen“, betont Prof. Skoetz.

2. Stadiengerechte Therapie: Kontrolle des Therapieerfolgs

Das Hodgkin-Lymphom wird in Abhängigkeit vom Erkrankungsstadium behandelt. Wie die Medizinerin ausführt, spielt bei den angepassten Empfehlungen zu den frühen und intermediären Stadien nun die Durchführung einer Interim-PET/CT eine wichtige Rolle für den weiteren Therapieverlauf. „Interim“ bedeutet, dass die Untersuchung während oder nach Chemotherapie erfolgt.

Im frühen Krankheitsstadium wird standardgemäß eine Chemotherapie mit 2 Zyklen ABVD mit anschließender Strahlentherapie empfohlen. ABVD steht für die in der Chemotherapie enthaltenen Wirkstoffe: Adriamycin, Bleomycin, Vinblastin und Dacarbacin. Eine PET/CT nach zwei Zyklen Chemotherapie wird empfohlen, um insbesondere bei PET-positiven Patient*innen die Therapie zu intensivieren. PET-positiv heißt, dass das Hodgkin-Lymphom immer noch da ist.

Bei Patient*innen im intermediären Stadium wird die Therapie entweder mit 2 Zyklen Chemotherapie nach dem BEACOPP-Schema (Bleomycin, Etoposid, Cyclosphosphamid, Vincristin/Onovicin®, Procarbazin, Prednisolon) gefolgt von 2 Zyklen ABVD oder mit 4 Zyklen ABVD begonnen. Bei Gabe von 4 Zyklen ABVD soll eine anschließende Bestrahlung erfolgen. Bei Gabe von 2 x BEACOPP + 2 x ABVD soll das Ergebnis der Interim-PET/CT (negativ oder positiv) den weiteren Therapieverlauf bestimmen.

In fortgeschrittenen Stadien wird die Interim-PET/CT bereits eingesetzt. Hier beginnt die Therapie mit 2 Zyklen Chemotherapie; danach folgt die PET/CT. Ist das Ergebnis positiv, das heißt, es wurde immer noch ein Hodgkin-Lymphom nachgewiesen, folgen 4 Zyklen BEACOPP, bei negativem Ergebnis nur zwei. Eine weitere PET/CT soll helfen zu bestimmen, ob eine Strahlentherapie durchgeführt werden soll. Dies wäre bei Patient*innen der Fall, die weiter PET-positiv sind.

3. Erhalt der Fruchtbarkeit: Vorsorge treffen

Zum Erhalt der Fruchtbarkeit bei Frauen werden medikamentöse (z. B. GnRH-Analoga kombiniert mit der „Pille“) und reproduktionsmedizinische Verfahren (z. B. Einfrieren von Eizellen oder von Eierstockgewebe) empfohlen. Männer sollen darüber informiert werden, dass sie Spermien einfrieren lassen können.

Kleine Änderung: große Auswirkung

Manchmal hat sich in den Empfehlungen nur ein Wort geändert, zum Beispiel wird aus „sollte“ ein „soll“. Was steckt dahinter? Der Grad einer Empfehlung wird mit den Begriffen „sollte“, „soll“ oder „kann“ ausgedrückt. Sie sagen etwas über die Stärke der jeweiligen Empfehlung aus.

Empfehlungen beruhen soweit wie möglich auf fundierten, wissenschaftlichen Erkenntnissen. Diese stammen meist aus hochwertigen und aussagekräftigen Studien. Die Empfehlungsstärke ergibt sich aus den Studiendaten und der Einschätzung der Expertengruppe. Bei einer „Sollte“-Empfehlung stammen die Erkenntnisse zu Nutzen und Risiken – zum Beispiel einer bestimmten Therapie – aus relativ gut durchgeführten Studien, auf deren Ergebnisse man sich gut verlassen kann. Bei einer „Soll“-Empfehlung sind Risiken und Nutzen wissenschaftlich überzeugend belegt und haben einen großen Einfluss auf die Betreuung der Patient*innen. Sie stammen aus sehr gut durchgeführten klinischen Studien. Das bedeutet, die Studie wurde gut geplant, hat eine Vergleichsgruppe und es haben ausreichend viele Patient*innen teilgenommen. Mit jeder Aktualisierung der Leitlinie kommen neue Studien hinzu, sodass eine Empfehlung basierend auf neuen Erkenntnissen aktualisiert werden kann. Somit kann sich der Empfehlungsgrad einer Empfehlung von einem „sollte“ auf ein „soll“ ändern. Dies zeigt an, dass sie noch verlässlicher geworden ist und möglichst auch befolgt werden soll.

Fachliche Beratung:

Prof. Andreas Engert, Uniklinik Köln
Prof. Nicole Skoetz, Uniklinik Köln
Frau Angela Aldin, Uniklinik Köln

Quellen

[1] Patientenleitlinie Hodgkin-Lymphom; Stand: 2018; https://www.krebshilfe.de/infomaterial/Patientenleitlinien/Hodgkin-Lymphom_Patientenleitlinie_DeutscheKrebshilfe.pdf (Abruf am 22.1.2021),
[2] Krebs in Deutschland 2015/2016, Berlin, 2019
[3] S3-Leitlinie Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Hodgkin-Lymphoms bei erwachsenen Patienten, Langversion3.0, 2020; AWMF Registernummer: 018/029 OL, https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/hodgkin-lymphom/ (abgerufen am: 22.1.2021),

 

Letzte inhaltliche Aktualisierung am: 01.03.2021

Weitere Basisinformationen zu Morbus Hodgkin:

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