Erdafitinib ab sofort als erste zielgerichtete Therapie beim fortgeschrittenen Urothelkarzinom mit FGFR3-Alterationen zugelassen
Basierend auf Daten der Phase-III-Zulassungsstudie THOR von Erdafitinib (Balversa®) hat die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA dem neuen Wirkstoff am 23.08.2024 die Zulassung erteilt. Damit ist Erdafitinib die erste zielgerichtete Therapie beim fortgeschrittenen Urothelkarzinom mit bestimmten Alterationen im Fibroblasten-Wachstumsfaktor-Rezeptor 3 (FGFR3). Die Markteinführung wird für Januar 2025 erwartet.
Das Wichtigste in Kürze
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Für eine große Zahl unterschiedlicher Tumorentitäten wurden in den letzten Jahren zielgerichtete, Biomarker-basierte Therapien zugelassen, die bei geeigneten Patient*innen teils erhebliche Therapieerfolge erzielen konnten [5,6]. Für das fortgeschrittene Urothelkarzinom war eine solche Therapie bislang nicht verfügbar. Die Zulassung von Erdafitinib erweitert somit das Spektrum an Therapieoptionen bei Patient*innen, deren Prognose bislang schlecht war [7].
Zulassungsstudie THOR: signifikante Überlegenheit von Erdafitinib vs. Chemotherapie
In der offenen, multizentrischen Phase-III-Studie THOR, auf der die Zulassung von Erdafitinib basiert, betrug das mediane OS unter Erdafitinib 12,1 Monate und war damit signifikant verlängert gegenüber dem Median von 7,8 Monaten in der Kontrollgruppe, die eine Chemotherapie erhielt (Abb. 1) [3]. Das relative Risiko zu versterben wurde durch Erdafitinib um 36% (Hazard Ratio [HR]=0,64; 95% Konfidenzintervall [KI] 0,47–0,88; p=0,005) verringert. Aufgrund der guten Ergebnisse entschied das unabhängige Datenüberwachungskommittee an diesem Punkt, die Studie zu beenden und ein Crossover zu Erdafitinib zu ermöglichen [3].
In die Studie waren 266 Patient*innen mit einem nicht resezierbaren oder metastasierten Urothelkarzinom eingeschlossen worden [3]. Das Vorliegen einer FGFR2/3-Alteration und der Progress nach einer oder zwei Vortherapien, inklusive einem PD-1- oder PD-L1-Inhibitor, stellten Voraussetzungen für die Teilnahme dar. Die THOR-Studie randomisierte die Teilnehmenden 1:1 in zwei Gruppen, die entweder mit Erdafitinib-Therapie oder einer Chemotherapie nach Wahl des Studienarztes (Docetaxel oder Vinflunin) behandelt wurden [3].
Abb. 1: Signifikant besseres Gesamtüberleben unter Erdafitinib vs. Chemotherapie in der THOR-Studie. Modifiziert nach [3].
Das PFS als sekundärer Endpunkt zeigte ebenfalls einen signifikanten Vorteil für die zielgerichtete Therapie mit Erdafitinib: im Chemotherapie-Arm betrug das mediane PFS 2,7 Monate, unter Erdafitinib war es mit 5,6 Monaten doppelt so lang (HR=0,58; 95% KI 0,44–0,78; p<0,001) [3]. Die Gesamtansprechrate betrug für die Chemotherapie 11,5%, für die zielgerichtete Behandlung mit Erdafitinib lag sie mit 45,6% etwa viermal so hoch (Abb. 2) [3].
Abb. 2: Bessere Ergebnisse hinsichtlich Gesamtansprechen, partiellem Ansprechen (PR) und kompletter Remission (CR) unter Erdafitinib im Vergleich zur Chemotherapie in der THOR-Studie. Modifiziert nach [3].
Handhabbares Nebenwirkungsprofil
Ein weiterer sekundärer Endpunkt der THOR-Studie war die Verträglichkeit der Erdafitinib-Behandlung. Es wurde ein handhabbares Profil an unerwünschten Ereignissen beobachtet, das konsistent mit vorangegangenen Untersuchungen war [3,8]. Schwerwiegende therapiebedingte Nebenwirkungen wurden bei 13,3% der Erdafitinib-behandelten Patient*innen und 24,1% der Chemotherapie-Gruppe beobachtet. Zu Nebenwirkungen von besonderem Interesse gehörten u.a. Nagelveränderungen, zentrale seröse Retinopathie, Hyperphosphatämie und Haut- sowie Augenerkrankungen [4]. Vor- und Kontrolluntersuchungen sowie prophylaktische Maßnahmen und Dosisanpassungen entsprechend den Empfehlungen der aktuellen Fachinformation bieten effektive Möglichkeiten, therapiebedingten Nebenwirkungen vorzubeugen [3,4].
Frühzeitige Testung auf FGFR3-Alterationen ab sofort entscheidend
Aktivierende Veränderungen des FGFR3-Gens umfassen sowohl Mutationen als auch Fusionen. Diese Alterationen können mittels Next-Generation-Sequencing oder Real-Time Polymerasekettenreaktion (RT-PCR)-Kits nachgewiesen werden, welche in Deutschland bereits flächendeckend etabliert sind. Patient*innen mit einem metastasierten Urothelkarzinom sollten spätestens während der Behandlung mit einem Checkpoint-Inhibitor auf FGFR3-Veränderungen getestet werden, um die Möglichkeit einer zielgerichteten Folgetherapie mit Erdafitinib zu evaluieren.
Mit freundlicher Unterstützung der Janssen-Cilag GmbH
CP-479526
Erdafitinib ist indiziert als Monotherapie bei erwachsenen Patientinnen und Patienten mit einem nicht resezierbaren oder metastasierten Urothelkarzinom und bestimmten genetischen Veränderungen des FGFR3, die zuvor mindestens eine Therapielinie mit einem PD-(L)1-Inhibitor im nicht resezierbaren oder metastasierten Stadium erhalten haben.
Literatur
[1] EAU Guidelines on Muscle-invasive and Metastatic Bladder Cancer, 2024
[2] Helsten T, et al. Clin Cancer Res. 2016;22(1):259-67
[3] Loriot Y, et al. N Engl J Med. 2023;389(21):1961-71
[4] Aktuelle Fachinformation Balversa®
[5] Riedl JM, et al. Virchows Archiv. 2024;484(2):169-79
[6] Smith CEP and Prasad V. Am Fam Physician. 2021;103(3):155-63
[7] Niegisch G, et al. Journal of Clinical Oncology. 2023;41(6_suppl):464
[8] Loriot Y, et al. N Engl J Med. 2019;381(4):338-48
(sn)
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