Pressearchiv 2013

 

Deutsche Krebsgesellschaft sieht dringenden Anpassungsbedarf bei der frühen Nutzenbewertung von Arzneimitteln

Nachbesserungen besonders bei Orphan Drugs und der Auswahl geeigneter Vergleichstherapien erforderlich.

Berlin, 19.11.2013. Die Deutsche Krebsgesellschaft äußert sich besorgt über die derzeitige Praxis der frühen Nutzenbewertung, die die Grundlage für die Preisverhandlung über den Erstattungsbetrag neu zugelassener Medikamente darstellt. „Der Bewertungsprozess darf nicht dazu führen, dass innovative, bereits zugelassene Krebsmedikamente wieder vom Markt genommen oder gar nicht erst eingeführt werden“, so DKG-Generalsekretär Johannes Bruns. „Besonders, wenn es um Orphan Drugs, also um Medikamente für seltene Erkrankungen, geht, ist das fatal für die betroffenen Patienten.“ Anlass zur erneuten Diskussion über die frühe Nutzenbewertung bot die Nachricht, dass erstmals in Deutschland ein Arzneimittelhersteller ein Krebsmedikament mit belegtem Zusatznutzen nach dem Scheitern der Preisverhandlungen vom Markt nimmt. Es handelt sich um ein Medikament zur Behandlung einer seltenen Krebserkrankung bei Patienten, bei denen andere Medikamente nicht mehr anschlagen oder nicht geeignet sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss hatte dem Medikament zuvor einen ‚nicht quantifizierbaren‘ Zusatznutzen bescheinigt.

Orphan Drugs haben im Rahmen der Nutzenbewertung von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen einen Sonderstatus: Nach den gesetzlichen Vorga- ben gilt für diese Medikamente der medizinische Zusatznutzen bereits durch die Zulassung als belegt. Nachweise zum medizinischen Nutzen und zum medizinischen Zusatznutzen im Verhältnis zur zweckmäßigen Vergleichs- therapie müssen nicht vorgelegt werden, vielmehr ist lediglich das Ausmaß des Zusatznutzens nachzuweisen. „Das ist sinnvoll, weil es bei diesen sel- tenen Erkrankungen eben oft keine adäquaten Behandlungsmöglichkeiten für die zahlenmäßig meist recht kleinen Patientengruppen gibt, die davon betroffen sind“, erklärt Bruns. „Umso wichtiger ist es, zu verhindern, dass Orphan Drugs trotz Zulassung nicht bei den Patienten ankommen oder eine laufende Behandlung mit diesen Medikamenten abgebrochen werden muss, weil sie nicht erstattungsfähig sind. Ausgewählte Vergleichstherapien dürfen die Sonderregelung für Orphan Drugs nicht konterkarieren und müssen den aktuellen Behandlungsstandards entsprechen.“ Ohnehin ist die Wahl der geeigneten Vergleichstherapie auch bei der Nutzenbewertung von Medikamenten ohne Orphan-Drug-Status nicht unumstritten. Nicht selten wird bei der frühen Nutzenbewertung eine andere Vergleichstherapie als im Zulassungsdossier herangezogen. Dabei entspricht ein beträchtlicher Teil dieser nachträglich gewählten Vergleichstherapien nicht den aktuellen Therapieleitlinien. Die Deutsche Krebsgesellschaft plädiert deshalb für eine dringende Überprüfung des Bewertungsverfahrens: „Mit einem etablierten Prozess, der auf eine frühzeitige, verbindliche Einigung zwischen Zulassungsbehörde und dem G-BA auf die notwendigen Nachweise zum medizinischen Zusatznutzen und dessen Ausmaß abzielt, wäre schon viel gewonnen“, so Bruns. Im Vorfeld der Bewertung sollten darüber hinaus längere Anhörungsfristen für die medizinischen Fachgesellschaften gelten, um die Bewertung auf eine solide wissenschaftliche Grundlage zu stellen, die auch von den behandelnden Ärzten mitgetragen werden kann.

Mehr Informationen zum AMNOG und zur frühen Nutzenbewertung von Arzneimitteln

Die Diskussionsreihe Brennpunkt Onkologie, veranstaltet von der Deutschen Krebsgesellschaft, reflektiert im Dialog mit namhaften Experten aus Medizin, Wissenschaft und Politik aktuelle gesundheitspolitische Fragestellungen und deren direkten Einfluss auf Patientenwohl und klinischen Alltag. Wir laden Sie herzlich zu unserer nächsten Brennpunkt-Veranstaltung ein:

Wann: Mi, 27. November 2013, 15:00 – 18:00 Uhr
Thema: „Danke, AMNOG!“
Ort: Kalkscheune, Johannisstr. 2, 10117 Berlin

Die Deutsche Krebsgesellschaft

Die Deutsche Krebsgesellschaft e. V. (DKG) ist das größte onkologische Netzwerk von Experten im deutschsprachigen Raum, in dem über 7.000 Krebsexperten fachübergreifend zusammenarbeiten. In 23 verschiedenen Arbeitsgemeinschaften erforschen Mediziner und Naturwissenschaftler die grundlegenden Mechanismen der Krebsentstehung, entwickeln neue Diagnosemethoden und Therapieformen und verbessern die Prävention und Nachsorge von Tumorerkrankungen.